Bienen: Völkersterben im Frost

Von Renate Allwicher
Bienen warten nicht auf eine lange Schönwetterperiode - bei gutem Wetter starten sie sofort. Je näher der Stock den Obstbäumen steht, desto höher stehen die Chancen auf eine Bestäubung. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Der Winter war streng – ein Grund dafür, dass im Frühjahr weniger Bienen ausflogen. Der Vorsitzende des Imkervereins Bayreuth, Andreas von Heßberg, schätzt, dass zwischen 50 und 70 Prozent der Bienenvölker den Winter nicht überstanden haben. Normalerweise betrifft dies  seiner Einschätzung nach nur zwischen 20 und 30 Prozent der Völker. Bei nasskaltem Frühlingswetter bleiben die Überlebenden oft in ihren Stöcken – viele Blüten werden nicht ausreichend bestäubt.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

 „Bei einem Verlust von 50 Prozent der Bienenvölker über den Winter muss man mit 25 Prozent Ausfall bei der Obsternte rechnen“, sagt von Heßberg. Wenn nun, wie dieses Jahr, noch schlechtes Wetter im Frühjahr folge, könnten noch einmal 25 Prozent dazukommen. Denn schlechtes Wetter im Frühjahr führe einerseits dazu, dass Pollenpakete nicht aufgehen oder verkleben. Andererseits, dass die überlebenden Bienen wenig fliegen.“ Sowohl Obstbauern als auch Imker müssen seiner Einschätzung nach dieses Jahr mit einem Einbruch bei der Ernte rechnen.

„Äpfel, Birne, Kirschen, Mirabellen, Pflaumen und Erdbeeren – sie alle brauchen mehrere Besuche eines Bestäubers“, sagt von Heßberg. Die Imker haben allerdings die Möglichkeit, die Verluste des Winters schnell wieder auszugleichen: „Es dauert etwa zwei Monate, um das aufzuholen“, sagt von Heßberg. Aus einem sogenannten Ableger eines Wirtschaftsvolkes wachse in höchstens drei Woche ein neues Volk – schließlich lege die Königin 1000 Eier pro Tag. Nur zwei oder drei Monate lang könne man von diesen neuen Völkern keinen Honig ernten.

Sinnvoll: Kooperation von Obstbauern und Imkern

Für Obstbauern sei die Kooperation mit einem lokalen Imker in jedem Fall sinnvoll, sagt von Heßberg. „Die Bienen warten ja nicht, sie starten sofort, auch bei nur einer Stunde gutem Wetter“, erklärt Christine Dewinter, Imkerin aus Mistelbach. Sie fliegen indes nicht weiter, als sie müssen: „Wenn in 200 Meter Entfernung ein Rapsfeld blüht, fliegen die Bienen nicht zur 800 Meter entfernten Obstbaumplantage. Je näher ich ein Bienenvolk habe, desto effektiver ist die Bestäubung“, sagt von Heßberg.

Wenn gute Pläne zunächst nach hinten losgehen

Eine andere, eigentlich begrüßenswerte, Kooperation zwischen Landwirten und Imkern habe dieses Jahr allerdings die Situation sogar verschärft, berichtet Heßberg. Im vergangenen Jahr habe es für Landwirte zum ersten Mal die Auflage gegeben, Brachflächen mit Grünblühmischungen einzusäen, um Erosion zu vermeiden. Imker und Bauern einigten sich darauf, Blumenmischungen zu nutzen – für ein gutes Nahrungsangebot für alle bestäubenden Insekten auch noch im Herbst.

Was nach einem Gewinn für alle Seiten klingt, bedeutet für die Imker aber auch eine neue Herausforderung. „Auf einmal haben die Septemberbienen noch Honig eingetragen“, sagt von Heßberg. Diese Herbstbienen seien normalerweise die einzigen, die eine längere Lebenszeit bis ins späte Frühjahr haben. Die Arbeiterinnen, die im Frühling und Sommer Honig eintragen, sterben in der Regel bereits nach etwa 45 Tagen. Nun hätten sich im vergangenen Jahr viele der Herbstbienen im Oktober zu Tode gearbeitet und gleichzeitig hatte die Königin im Stock voller Honig keinen Platz zum Eierlegen.

Die Folge: „Viele Völker gingen zu klein in den Winter und haben ihn nicht überlebt“, erklärt Heßberg. Für das kommende Jahr sind die Imker nun gewappnet – sie können unter Umständen im Herbst noch einmal Honig ernten, oder müssen auch im Herbst noch mehr Platz in den Bienenstöcken anbieten.

Es gibt nicht genug Bienen im Land

Für eine ausreichende Bestäubung aller blühenden Pflanzen und damit den Erhalt unserer Kulturlandschaft gebe es zurzeit nicht genug Bienen im Land, sagt von Heßberg. Ende der 60er Jahre habe es noch doppelt so viele Bienenvölker gegeben. Inzwischen arbeite im Landkreis Bayreuth nur noch einen einziger Berufsimker, alle anderen betreiben die Imkerei als Hobby. „Dann sind 20 Völker schon richtig viel.“ Angst vor dem Aussterben der Imkerei müsse aber niemand haben.

Imkern – ein neuer Trend

„Seit einigen Jahren wird die Imkerei femininer und urbaner“, sagt von Heßberg. Immer mehr Bienenstöcke gebe es auf Balkonen, Flachdächern und Schrebergärten im Stadtgebiet. „Als ich Vorsitzender des Bayreuther Imkervereins wurde, betrug das Durchschnittsalter der Mitglieder 79. Inzwischen liegt es bei unter 60“. Tendenz fallend. „Im Moment ist das Imkern ein echter Trend“, bestätigt auch die Mistelbacherin Christine Dewenter, seit über 30 Jahren Imkerin, die für den Imkerverein Mistelbach zahlreiche Jungimker ausgebildet hat.

„Es ist allerdings so, dass die, die jetzt anfangen, darunter auch viele Studenten, nicht so eine Vielzahl an Völkern wollen“, sagt auch Dewenter. Die gute Ausbildung sei extrem wichtig, vor allem was die Behandlung der Varoa –Milbe angeht. Denn ein vernachlässigter Bienenstock könne dazu führen, dass sie bei den Nachbarn wieder eingeschleppt wird.

Patenschaften für Jung-Imker

Aus diesem Grund bekommen Neu-Imker Patenschaften. „Eine gute Sache“, findet der Forkendorfer Ben Gilfedder, der vor vier Jahren die Ausbildung bei Dewenter gemacht hat. „Da kann man einfach mal anrufen, wenn eine Frage auftaucht, oder bekommt Hilfe.“ Vor allem als einmal eine seiner Königinnen gestorben ist und die meisten Bienen des Volkes mit ihr, war er über Rat und Hilfe sehr froh. Gilfedder hat inzwischen drei Bienenstöcke. Zwei im eigenen Garten, einen an seinem Arbeitsplatz, dem Institut für Geoökologie der Universität Bayreuth.

Weitere Infos

Die Bienen fliegen bald nicht mehr

Todesfalle Glascontainer

 

Bilder