Bezirkskliniken: Ringen um Tarifrückkehr

Von Peter Rauscher
Hier in Bayreuth investieren und bauen die Bezirkskliniken Oberfranken. Gesamtpersonalratsvorsitzender Heiko Ködel fragt, wann das Unternehmen seine Mitarbeiter wieder nach Tarif bezahlt. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Unter den mehr als 2000 Beschäftigten der Bezirkskliniken Oberfranken macht sich offenbar Unmut breit. Allein am Standort in Bayreuth werden rund 80 Millionen Euro in neue Gebäude investiert, doch viele Mitarbeiter müssen sich nach wie vor mit einer Bezahlung unter Tarif begnügen. Die Klinikleitung macht Hoffnung, dass sich das ändern könnte. Aber wann?

 
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Heiko Ködel ist Vorsitzender des Gesamtpersonalrates der Gesundheitseinrichtungen des Bezirks Oberfranken (Gebo). In dieses Kommunalunternehmen waren die Kliniken des Bezirks 2005 ausgegliedert worden, als es ihnen finanziell schlecht ging. „Viele Mitarbeiter beschweren sich: Auf einmal sind Millionen da, wir werden aber immer noch unter dem Tarif des öffentlichen Dienstes (TVöD) bezahlt“, sagt Ködel. Damals, bei der Ausgründung der verschuldeten Kliniken, habe die Mitarbeitervertretung Richtlinien zugestimmt, die eine untertarifliche Bezahlung für neu eingestellte Mitarbeiter vorsah, um „Schlimmeres zu verhindern“. Seitdem kämpfe der Personalrat für die schrittweise Wiederangleichung an den Tarif.

Zurück zur 38,5-Stunden-Woche

Ein großer Schritt ist vor kurzem gelungen. Dass Gebo-Vorstand Katja Bittner 2017 nach ihrem Amtsantritt von der 40- zur 38,5-Stunden-Woche zurückkehrte, sei ihr „hoch anzurechnen“, sagt Ködel. Bei den Ärzten sei auch die Absenkung der Monatsentgelte zurückgenommen worden, bei unteren Einkommensgruppen sei sie abgemildert worden. Dennoch erhalte ein Krankenpfleger alles in allem im Schnitt immer noch 100 bis 150 Euro weniger brutto im Monat, als ihm nach Tarif zustehen würde.

Entscheidend ist die wirtschaftliche Lage

Die Geschäftsführung habe argumentiert, die wirtschaftliche Situation lasse eine bessere Bezahlung nicht zu, doch das jetzige Investitionspaket spreche eine andere Sprache, sagt Ködel. Wobei er diese Investitionen ausdrücklich begrüßt: „Das ist zukunftsweisend, wir haben mit unseren vielen Altbauten deutlichen Nachholbedarf.“ Aber er sagt auch: Die Belegschaft habe mit Lohnverzicht ihren Teil dazu beigetragen, dass die wirtschaftliche Lage wieder besser geworden sei. Im Wettbewerb mit lokalen Konkurrenten um gutes Fachpersonal stelle sich die Gebo mit untertariflichen Bezahlungen schlechter. „Dabei haben wir schon jetzt immer weniger und viele schlechter qualifizierte Bewerber um Ausbildungen.“

Schlechte Stimmung

Dass die Stimmung unter den Mitarbeitern schlechter geworden sei, liege auch an den Arbeitsbedingungen im Berufsalltag, sagt Ködel. Er zählt auf: Arbeitsverdichtung, überbordende Bürokratie zu Lasten der Zeit für die Patienten und oft zu wenig Personal in der Schicht. Immer mehr ältere Kollegen hätten resigniert und liebäugelten mit einer möglichst frühen Rente.

In der Psychiatrie wird besser bezahlt

Gebo-Vorstand Katja Bittner zeichnet ein anderes Bild. Innerhalb der Gebo gebe es eine extrem lange Betriebszugehörigkeit und niedrige Fluktuation, Auszubildende blieben auch nach Abschluss ihrer Ausbildung gerne im Unternehmen, teilte sie auf Anfrage mit. Zum Thema Tarifangleichung hießt es in einer schriftlichen Antwort auf die Kurier-Anfrage: „In den meisten Positionen haben wir mittlerweile die Anpassung an den TVöD vornehmen können.“ Wie groß der nächste sein könne, hänge von der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens ab.

Verzicht auf Service-Gesellschaft

Pflege in der Psychiatrie werde grundsätzlich besser vergütet als Pflege in der Somatik. Bittner erinnerte daran, dass im Gegenzug zur Tarifabsenkung auf die Gründung einer Service-Gesellschaft verzichtet worden sei und dass Mitarbeiter auch in patientenfernen Bereichen weiterhin im Unternehmen beschäftigt geblieben seien. „Viele andere Kliniken sind hier anders vorgegangen, um am Markt bestehen zu können.“ Außerdem würden die 80 Millionen Euro Investitionen nicht von der Gebo allein gestemmt. Für die Baumaßnahmen gebe es Zuschüsse, ein Teil finanziere sich aus Mieteinnahmen und Pflegesätzen.

Zusage von Denzler?

Heiko Ködel und Gerda Küfner, Personalratsvorsitzende am Bayreuther Bezirkskrankenhaus bis August 2016, berufen sich aber auf eine Zusage, die Bezirkstagspräsident Günther Denzler gemacht habe. Demnach soll der letzte Schritt zur Rückkehr in den Tarif noch bis zu seinem Ausscheiden aus dem Amt im Herbst erfolgen. Oberfranken sei der einzige Bezirk in Bayern, der seine Mitarbeiter nach untertariflichen Richtlinien bezahle, sagen sie. Denzler bekräftigt allerdings in seiner Antwort an den Kurier den Finanzierungsvorbehalt von Bittner: „Wir sind uns alle einig, dass wir so schnell wie möglich ganz zum TVöD zurückkehren wollen. Jedoch hängt der Zeitpunkt für weitere Maßnahmen von der wirtschaftlichen Entwicklung unserer Kliniken ab.“

Das wichtigste Ziel

SPD-Bezirksrätin Beate Kuhn kann sich an eine solche Zusage von Denzler nicht erinnern. Sie hoffe aber, dass dieser Zeitpunkt noch im laufenden Jahr sein wird, sagt sie. Die Rückkehr der Beschäftigten in den Tarif sei ihr wichtigstes Ziel bei ihrer Wahl in das Gremium im Jahr 2013 gewesen. „Das ist der erklärte Wille aller SPD-Bezirksräte.“ Im dritten Quartal solle es Gespräche darüber mit der Gebo-Leitung geben. Kuhn: „Ich bin zuversichtlich, dass das wird.“

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