Bewährungsstrafe für Raser

Von Wolfgang Jung,
ARCHIV - Beschädigte Fahrzeuge stehen am 28.01.2017 in Mannheim. Ein sogenannter Autoposer hat bei einem Unfall in der Innenstadt seinen Sportwagen und weitere Autos beschädigt. Foto: R.Priebe/Pr-Video/dpa Foto: red

Ein sogenannter Autoposer ohne Führerschein prallt mit seinem Sportwagen gegen Autos und ein Haus. Im Prozess gibt sich der junge Mann geläutert. Ist das Urteil eine Warnung für andere?

 
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Ein Händedruck als Symbol, dass er ein besserer Mensch geworden ist: So wünscht es sich der Angeklagte im Mannheimer Amtsgericht. Gerade hat ein Zeuge eindrucksvoll geschildert, wie der 23-Jährige bei einer nächtlichen Kamikaze-Fahrt vor einem Jahr fünf Autos gerammt hat. Ein Mann wurde verletzt - an der Halswirbelsäule.

Mit seinem 400 PS starken Sportwagen raste der polizeibekannte Angeklagte damals durch Mannheim - ohne Führerschein, den die Behörden bereits eingezogen hatten. Rücksichtslos und eigensüchtig sei das gewesen, sagt die Staatsanwaltschaft, eine „Wahnsinnsfahrt“. „Es ist reine Glücksache, dass niemand zu Tode kam“, betont das Amtsgericht.

Bombe geplatzt

„Wenn mich einer aufregte, ist die Bombe geplatzt“, schilderte der Angeklagte. Aber er habe sich geändert, beteuert er. Dann bittet er den Zeugen um Entschuldigung. Es ist ein kurzer Handschlag zwischen den beiden Männern. „Es gibt eine positive Sozialprognose. Ich hoffe auf einen Reifeprozess“, meint der Vorsitzende Richter. Dann verkündet er das Urteil: ein Jahr Haft auf Bewährung und zwei Jahre Fahrsperre (27 Ds 504 Js 3134/17).

Der folgenschwere Unfall sorgte Ende Januar 2017 für Schlagzeilen weit über Mannheim hinaus - auch, weil er ein Schlaglicht auf die „Poser“-Szene im Südwesten wirft. Damit bezeichnen die Behörden Autobesitzer, die mit aufheulenden Motoren an belebten Plätzen vorbeifahren, um mit ihren meist getunten Wagen zu posieren.

Ein Riesenknall

Mit mindestens 86 Stundenkilometern fährt der heute 23-Jährige durch eine Tempo-30-Zone und rammt zunächst nur ein Auto. „Es gab einen Riesenknall, dann kamen mir Teile entgegengeflogen“, schildert ein Zeuge. Im März 2017 wird der Beschuldigte dann erneut ohne Führerschein erwischt. Im Gericht räumt er zunächst nur die Unfallfahrt ein - nach intensiver Befragung dann auch die zweite Fahrt ohne Führerschein.

„Ich hatte private Probleme und die falschen Freunde“, sagt er. Heute sei er in psychologischer Behandlung und habe sich geändert. „Ich entschuldige mich bei den Betroffenen und meiner Familie.“

Die Staatsanwaltschaft fordert wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Führerschein in zwei Fällen sowie vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs und gefährlicher Körperverletzung ein Jahr Haft auf Bewährung. Seit das Berliner Landgericht im Februar 2017 - nicht rechtskräftig - zwei Raser wegen Mordes verurteilt habe, habe sich der Blick auf solche Taten verändert (Az.: 4 StR 399/17). „Der Angeklagte spricht selbst von seiner „Arschlochphase“ - hoffen wir also auf Läuterung“, sagt der Staatsanwalt.

Komplexe mit dem Auto kompensiert

Die Verteidigung schließt sich dem Antrag weitgehend an. „Mein Mandant war einer von vielen, die ihre Komplexe mit dem Auto kompensieren. Er hat sich nach dem Unfall von der Szene feiern lassen. Doch die Phase als Raser und Poser hat er hinter sich. Auch ihn haben die Unfallbilder schockiert“, meint der Anwalt.

Im Besucherbereich des Gerichts verfolgen mehrere Verkehrspolizisten die Verhandlung. Sie zeigen sich mit dem Urteil weitgehend zufrieden. „Wichtig sind uns die zwei Jahre Fahrverbot. Was die Behauptung angeht, der junge Mann habe sich geändert - schauen wir mal“, sagt ein Beamter, der namentlich nicht genannt werden will.

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