Bewährung für Haschisch im Geldbeutel

Von Stephan Herbert Fuchs
 Foto: red

Er war der Chef der „Kulmbacher Bahnhofsbande“, die Anfang 2014 zwischen Bahnhof und ZOH für Furore sorgte. Am Freitag wurde der mittlerweile 21-Jährige vom Amtsgericht zu einer viermonatigen Bewährungsstrafe verurteilt, weil er mehrere kleinere Mengen Haschisch zum Eigenverbrauch erworben hatte. Außerdem muss er 80 Sozialstunden ableisten.

 
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Weil der Mann bereits zehn Vorstrafen hat und zuletzt zu einer Jugendstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt worden ist, von der ein Teil noch als Bewährung offen ist, wollte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft den Angeklagten am liebsten wieder im Gefängnis sehen. „Eine günstige Sozialprognose sehe ich nicht“, sagte die Staatsanwältin.

Ende September 2016 aus dem Gefängnis gekommen, war der Mann im Dezember schon wieder straffällig geworden. Auch in den Entzugskliniken, in denen er sich seitdem aufhielt, soll er sich nicht immer an die Regeln gehalten haben. Die Anklagevertreterin forderte deshalb eine Freiheitsstrafe von vier Monaten ohne Bewährung.

Verteidiger plädiert auf Freispruch

Eine ganz andere Verteidigungsstrategie fuhr Anwalt Alexander Wiese. Er wollte einen Paragrafen des Betäubungsmittelgesetzes (§29, Abs. 5) geltend machen, in dem der Erwerb von „weichen Drogen“ in geringer Menge zum Eigenverbrauch unter bestimmten Umständen straffrei gewertet werden kann. Sein Mandant habe sein Unrecht erkannt, sei aus der Szene raus und gehe inzwischen den harten Weg der Therapie, begründete der Verteidiger seinen Antrag, von einer Bestrafung seines Mandanten komplett abzusehen.

Richterin Sieglinde Tettmann ließ sich darauf nicht ein. Sie vertrat die „bayerische Linie“, soll heißen: „Wehret den Anfängen“, damit niemand auf die Idee komme, ein einziger Joint sei ein Kavaliersdelikt. Für den Angeklagten sei eine kurze Freiheitsstrafe absolut notwendig, weil er noch nicht stabil genug sei. Dazu bedürfe es noch eines langen und holprigen Weges.

Polizisten finden ein Gramm Haschisch

Konkret wurde der Angeklagte wegen fünf Fällen des Erwerbs von je einem Gramm Haschisch zum Preis von jeweils zehn Euro bestraft. Im April wurde der Mann im Bereich des ZOH kontrolliert, weil er ein 13-jähriges Mädchen angesprochen hatte, ob sie mal von seinem Joint ziehen möchte. Im Einkaufszentrum Fritz habe man den Angeklagten dann mit dem restlichen Joint und einem knappen Gramm Haschisch im Geldbeutel angetroffen, berichtete ein Beamter der Kulmbacher Polizeiinspektion. Der Angeklagte habe damals seinen Verkäufer genannt.

Mittlerweile sei er in einer Suchtklinik in Leipzig untergebracht, berichtete der Angeklagte. Nach seinem Gefängnisaufenthalt sei er nicht mehr klargekommen, deshalb habe er sich schon während der Haft um einen Therapieplatz bemüht. Für die Zeit danach kümmere er sich bereits jetzt umeine Wohnung, einen Job und eventuell auch um einen Ausbildungsplatz, beteuerte der Mann. Seit Anfang Mai lebe er völlig abstinent von Drogen und Alkohol.

Strafe auf Bewährung ausgesetzt

Richterin Sieglinde Tettmann entschied sich in ihrem Urteil für den klassischen Mittelweg. Sie blieb bei vier Monaten, setzte die Freiheitsstrafe allerdings auf Bewährung aus. Der Angeklagte habe schon im Ermittlungsverfahren gestanden, habe offene Worte zu seinem Drogenproblem gefunden und eine Therapie in Angriff genommen. „Das alles war die einzige Chance auf Bewährung.“

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