Besser essen: Solidarische Landwirtschaft

Von Norbert Heimbeck
Johannes Schott arbeitet künftig als Gärtner für den Verein Solidarische Landwirtschaft Bayreuth. Foto: Harald Pilar von Pilchau Foto: red

Die Welt wollen sie verbessern. Ein schwieriges Unterfangen, aber vielleicht geht ja in Bayreuth was. "Wir fangen vor unserer Haustüre damit an," sagt Gerlinde Wagner. "Wir" - das ist die Solidarische Landwirtschaft Bayreuth (Solawi). 40 Bayreuther gehören zu der Initiative. Sie beziehen ihr Gemüse direkt vom Biobauern, ohne Zwischenhandel. Zum Ende des ersten Anbaujahres haben sie einen eigenen Gärtner angestellt.

 
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Die meisten Arbeitnehmer haben nur einen Chef. Johannes Schott hat gleich 40. "Damit muss man umgehen können", sagt Gerlinde Wagner, die sich um die Öffentlichkeitsarbeit der Solawi kümmert.  Schott ist 29 Jahre alt und gelernter Gärtner. Er ist der erste Angestellte eines ganz besonderen Unternehmens: Die Mitglieder der solidarischen Landwirtschaft bilden zusammen mit dem Öko-Landwirt Philipp Minier aus Untersteinach eine Verbraucher-Erzeuger-Gemeinschaft. Minier baut im Auftrag des Vereins Bio-Gemüse an und erhält dafür jeden Monat einen festen Geldbetrag. 40 Menschen teilen sich die Ernte.

Vom Politikstudenten zum Gärtner

Zu wissen, wer die Lebensmittel erzeugt, die man täglich auf dem Teller hat - das ist eines der Motive, die die Solawi-Mitglieder antreiben. Regionale Wirtschaftskreisläufe in Gang zu setzen statt globalen Handel zu unterstützen, ein weiteres. Nachhaltigkeit und ökologische Erzeugung der Lebensmittel gehören ebenfalls dazu, schließlich soll eine enkeltaugliche Landwirtschaft propagiert werden. All diese Ideen mag auch Johannes Schott. Er stammt aus Sparneck im Landkreis Hof. In Würzburg hat er studiert, Lehramt und Politikwissenschaften: "Aber ich habe schnell gemerkt, dass ich etwas Handfestes machen will", begründet er seine Entscheidung für eine Gärtnerlehre. Den Pflanzen gehört sein Herz, schon als Student zog er Tomaten und Kräuter im Topf. Außerdem sammelt und verwertet er essbare Wildkräuter. Nach der Ausbildung arbeitete er als Gartenbaulehrer an der Waldorfschule in Hof. Und jetzt ist er Solawi-Gärtner.

Die Ernte wird geteilt

Solidarische Landwirtschaft ist ein Experiment, an dem aktuell bundesweit mehr als 120 Betriebe teilnehmen. In Bayreuth gehören 15 Menschen dem Verein an, der für die Abwicklung der Geschäfte zuständig ist. Daneben gibt es 40 Ernteteiler - diejenigen, die mit ihrem monatlichen Geldbetrag dafür sorgen, dass der Landwirt einen fairen Preis für seine Arbeit bekommt. Die Ernteteiler dürfen unter anderem beim Anbau mitreden, also aussuchen, welches Gemüse gepflanzt wird. Außerdem dürfen sie auf dem Feld mitarbeiten. Gerlinde Wagner sagt dazu: "Mancher möchte gerne einen eigenen Garten, hat aber aus beruflichen Gründen keine Zeit dafür. Oder ihm fehlt das nötige Wissen, um eigenes Gemüse zu ziehen. Bei der Solawi ist es möglich, stundenweise mitzuarbeiten. Und wir lernen natürlich von unserem Bauern."

Ein Plan für die Aussaat

Das erste Anbaujahr hat dem Verein gezeigt: Exakte Planung ist nötig, wenn man nicht plötzlich vor einem Salatberg stehen will. Wagner schmunzelt ein wenig: "Beim Salat hatten wir uns tatsächlich verschätzt. Wir hatten einen unerwarteten Überschuss." Obwohl einige Ernteteiler in diesem Punkt enttäuscht waren, ist die Mehrzahl dem Verein treu geblieben und geht nun mit Johannes Schott ins zweite Anbaujahr. Der Gärtner hat bereits einen detaillierten Plan erstellt, welche Saaten in welchem Monat ausgebracht werden müssen: "Wer im Winter Rosenkohl essen will, muss ihn im Sommer pflanzen."

Mehr Geschmack

Gerlinde Wagner hat nach dem ersten Jahr auch ein persönliches Fazit: "Unser eigenes Gemüse schmeckt deutlich besser als die Supermarktware. Unschlagbar ist auch die Frische - am Donnerstag haben wir geerntet, am Freitag ist die Ware verteilt worden. Das ist ein wirklich kurzer Weg vom Feld auf den Teller." Wegen dieser Vorteile gehe der Vereinsvorstand optimistisch ins neue Jahr. Aktuell wirbt der Verein für seine Idee und möchte noch mehr Bayreuther für die solidarische Landwirtschaft begeistern. Wagner: "Wir sind nicht dabei, weil das Thema gerade hip ist. Wir suchen die Verantwortung. Deshalb möchten wir auch so schnell wie möglich Johannes eine Vollzeitstelle anbieten können." Der nächste Termin für Freunde der Solawi ist der 31. Dezember - bis dahin können Anteile gezeichnet werden (einzelne Nachmeldungen sind auch später noch möglich). Ein Vollanteil (damit können zwei Erwachsene und ein Kind versorgt werden) wird vermutlich 70 Euro kosten. Auch die Zeichnung halber Anteile ist möglich. Am 20 . Januar ist im Seminarhaus am neuen Schloss die sogenannte Bieterrunde: An diesem Termin entscheidet sich die endgültige Höhe der monatlichen Kosten, je nachdem, wie viele Ernteteiler mitmachen. Wer es sich leisten kann, zahlt einen höheren Beitrag und unterstützt damit weniger Begüterte. Solidarität auch in diesem Punkt.

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