Das Naturereignis ist Lina Beckmann
Auf diesem düsteren Spielfeld nimmt die selbstbewusste Frau den Kampf mit dem Patriarchat auf: mit dem Vater, dem schwächlichen Verlobten, dem brutalen Macho Streckmann, dem Kollektiv: Männer, deren Halleluja in der Kirche wie ein Fluch wirkt, geschminkt auch sie, deswegen – eine gesichtslose Masse, grotesk und bedrohlich. Gegen sie in ihrer Gesamtheit wird Rose Bernd irgendwann verlieren – um den Preis ihrer Existenz.
Das Ensemble ist durch die Bank großartig, ohne große Gesten, unbedingt glaubwürdig. Die Beiläufigkeit von hemdsärmeliger Brutalität zum Beispiel, mit der Georg Bloéb den Streckmann ausstattet, ist allein schon den Besuch dieser Inszenierung wert. Das Naturereignis aber ist Lina Beckmann: Man ist fassungslos, hinterher. Und durchs Mitleiden vermutlich fast ebenso mitgenommen wie die Hauptdarstellerin selber. Chapeau, mit dieser Rose Bernd hat sich Lina Beckmann in die erste Reihe gespielt.
INFO: Wer Karin Henkels Inszenierung von Gerhart Hauptmanns „Rose Bernd“ bei den Salzburger Festspielen in Hallein verpasst hat, kann sie ab Herbst am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg nachholen. Der Besuch der Perner-Insel – ab 17. August steht dort mit großartiger Besetzung Frank Wedekinds „Lulu“ in der Inszenierung von Athina Rachel Tsangari an – sei Bayreuthern empfohlen: Dort kann man, Stichwort Rotmainhalle, sehen, welch hervorragende Spielorte ehemalige Markt- oder Industriehallen abgeben können.