Beglückendes Open Air

Von Gordian Beck

Wetter, Publikum, die Vorstellung der Bamberger Symphoniker, ein befeuerter Dirigent und brillanter Solist: Eigentlich war alles toll beim Klassik-Open-Air. Eigentlich, wie gesagt, denn eines gab es dann doch, was unseren Rezensenten störte.

 
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Kein Frage: das Klassik Open Air, das die Sparda-Bank am Wochenende in Zusammenarbeit mit der Stadt Bayreuth auf das Stadtparkett brachten, stand unter einem guten Stern. Speziell der Samstagabend. Es passiert schließlich nicht alle Tage, dass man unter freiem Himmel, im Wohnzimmer der Stadt sitzend, eines der herausragenden deutschen Orchester live zu Gesicht und Ohr bekommt. Zumal auch das Programm, das sich die Bamberger unter dem Dirigat Leo Hussains auferlegt hatten, bestens mit Ort und Wetter harmonierte.

So war es allein die traurige Qualität der antiquiert anmutenden Tonanlage, die den Hörgenuss und damit das Konzerterlebnis trübte. Denn das, was die seitlich der Bühne platzierten Boxen über den Marktplatz schickten, klang einfach zu sehr nach alter Blechkonserve. Das geht, mit Verlaub, heutzutage wesentlich besser.

Schlecht eingestellte Anlage

Als Zuhörer war man daher gefordert. Es galt, das Scheppern, die grotesk überzogenen Bässe, die Unstimmigkeiten in der Dynamik aus dem eigenen Hören herauszufiltern und sich stattdessen auf die Linie, die Konzeption des Vortrags zu konzentrieren. Ein lohnendes Unterfangen, denn Hussain und die Bamberger wandelten auf wenig ausgetretenen Pfaden.

Wobei sich das Streben nach Atmosphäre, nach verdichtendem Spiel wie ein roter Faden durch das gesamte Konzert zog. Allerdings nicht forciert, sondern seitens Hussains durchwegs mit Bedacht eingesetzt.

Wolfgang Amadeus Mozarts berühmte Jupiter-Symphonie, beispielsweise, – sie erklang nach der Pause –, ging Hussain im ersten Satz geradezu konventionell an: Mozart, wie er im Buche steht. Entsprechend das Spiel der Bamberger: schnörkellos, leicht und elegant.

Dann jedoch im zweiten Satz ein deutlich romantisierender Unterton – die mit Dämpfer spielenden Streicher taten das Ihrige dazu – und schon bekam dieses Andante Cantabile eine speziell in der Moll-Passage geradezu beängstigend fahle Klangfarbe.

Umso schärfer dann wieder der Kontrast zum dritten Satz, den Hussain aller Erdenschwere enthob und betont luftig in Szene setzte. Der vierte Satz fiel atmosphärisch dagegen etwas ab; vielleicht auch deshalb, weil sich Hussain damit „begnügte“, die Strukturen des überaus komplexen polyphonen Geflechts dieses Meisterwerks aufzudecken.

Ein Unterfangen, das angesichts der mangelhaften Tonanlage jedoch mehr oder weniger zum Scheitern verurteilt war.

Es heulte der Sturm, es rollten die Wellen

Weitaus besser funktionierte da die das Konzert eröffnende Hebriden-Ouvertüre Felix Mendelssohn Bartholdys, eine Art musikalische Landschaftsmalerei. Die Atmosphäre, die Hussain und die Bamberger Symphoniker hier mittels einem extrem dichtem Spiel vermittelten, war geradezu plastisch, mit Händen zu greifen. Da rollten die Wellen, da heulte der Sturm.

Leidenschaft und Dramatik

Ähnlich auch Camille Saint-Saens Introduktion und Rondo Capriccioso Op. 28, einem ausgewiesenen Bravourstück für Violine und Orchester. Der moldawische Geiger Ilian Garnetz präsentierte sich hierbei als echter Glücksfall; unprätentiös sein Spiel und dabei von einer wie selbstverständlich wirkenden Leichtigkeit, die angesichts der stupenden Schwierigkeiten, die dem Solisten in diesem Werk abverlangt werden, nur mehr verblüffte.

Im Gegensatz zu der sich anschließenden „Carmen-Fantasie“ Franz Waxmans - Pablo de Sarasate stand hier offenkundig Pate – beschränkte sich die Begleitung der Bamberger hier nicht nur auf das Generieren eines soliden orchestralen Fundaments, über dem dann der alles überstrahlende Solist steht. So war es eben nicht nur Garnetz, der die befeuernden Akzente setzte, sondern auch das Orchester, das dieses Werk befeuerte und mit Leidenschaft und Dramatik unterlegte.

Eine Konzeption, die, lässt man die schlechte Tonqualität der Übertragung einmal außen vor, rundweg beglückte.

So gesehen, bleibt als Fazit dieses in seiner Atmosphäre zutiefst beeindruckenden Abends nur der Wunsch nach Wiederholung. Gerne an Ort und Stelle, mitten auf dem Stadtparkett, gerne auch wieder mit den Bamberger Symphonikern. Aber dann bitte auch mit einer Tonanlage, die eines klassischen Konzerts würdig ist.