Bürger sollen am 13. März nicht nur über zwei Bürgerbegehren sondern auch über Ratsbegehren abstimmen Bayreuths schwierigste Fragen

Von Frank Schmälzle
Wollen ein Ratsbegehren zum Thema Graserschule: Die Fraktionsvorsitzenden (von links) Thomas Hacker (FDP/DU), Thomas Bauske (SPD), Iris Jahn (JB) und Stefan Specht (CSU). ⋌Foto: Andreas Harbach Foto: red

Da kommen ziemlich viele Fragen auf die Bayreuther zu: Voraussichtlich am 13. März 2016 sollen sie über die beiden Bürgerbegehren zur Zukunft der  Rotmainhalle und der Graserschule abstimmen. Den Bürgern werden in beiden Fällen auch Ratsgebehren des Stadtrates zur Abstimmung vorgelegt, die das genaue Gegenteil der Bürgerbegehren zum Ziel haben. Und damit die Sache am Ende wirklich klar ist: Sowohl bei der Rotmainhalle als auch bei der Graserschule haben sie eine Stichfrage zu beantworten.

 
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In der nächsten Stadtratssitzung am 16. Dezember stehen beide Ratsbegehren auf der Tagesordnung: Die Stadträte wollen den Bayreuthern Alternativen zu dem vorschlagen, was ihnen im März nächsten Jahres als Fragen der Bürgerbegehren vorgelegt wird. Das Bürgerbegehren zur Rotmainhalle wendet sich gegen einen Umbau der Markthalle zur vorübergehenden Ersatzspielstätte für die Stadthalle. Einen solchen Umbau wollen die Stadträte. Und auch die Marktkaufleute unterstützen das Projekt inzwischen. Die Stadt hat ihnen mit dem La-Spezia-Platz und der Schlossgalerie einen Ausweichort angeboten.

Ratsbegehren vorgestellt

Am Donnerstag stellten die Fraktionsvorsitzenden der CSU, der SPD, der FDP/DU und des Jungen Bayreuth im Rathaus ihren Vorschlag für ein Ratsbegehren zur Graserschule vor. Den Neubau einer Graserschule auf einem Gelände an der Cottenbacher Straße, den diese vier Fraktionen eingebracht hatten, sieht nicht nur die Mehrheit im Stadtrat im Vergleich zur Sanierung der jetzigen Graserschule als bessere Alternative, sagt Stefan Specht (CSU). Auch die Mehrheit der Eltern und der Lehrer seien für einen Neubau. Specht nennt es "absurd: Alle reden von besserer Bildung. Dann beschließt der Stadtrat einen Schulneubau und in der Folge regt sich Widerstand." Bemerkenswert sei, wer da Widerstand leiste.

Unterschriften dürften reichen

Nach ersten Erkenntnissen wird die Anzahl der Unterschriften, die die Initiative Rettet die Graserschule für die Sanierung der jetzigen Graserschule gesammelt hat, für einen Bürgerentscheid ausreichen. Diese Initiative bezeichnet Specht als "stark parteipolitisch geprägt". Viele derjenigen, die Unterschriften gesammelt hatten, gehörten der BG an. Die BG und Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe sind gegen einen Schulneubau. "Wenn eine Gruppierung im Stadtrat die Mehrheitentscheidung auf einem solchen Weg einkassieren will, ist das schon fragwürdig", sagt Specht.

Argumenten sprechen für einen Neubau, sagen die Fraktionsvorsitzenden

Die Argumente sprechen nach Meinung der Fraktionsvorsitzenden Stefan Specht, Thomas Bauske (SPD), Iris Jahn (Junges Bayreuth) und Thomas Hacker (FDP/DU) für einen Neubau:

1. Mit dem Neubau rücke die Schule in die Mitte des Sprengels. Für 90 Prozent der Kinder werde der Schulweg kürzer.

2. Der Neubau liege im Vergleich zum jetzigen Standort am Innenstadtring in einer grünen Oase. Die Verkehrsbelastung sei um 40 Prozent geringer.

3. Das Gelände ist groß genug. Mit dem Neubau ergebe sich die Perspektive auf eine Erweiterung. Sportanlagen, Mensa, ein grüner Pausenhof können hier entstehen. Am jetzigen Standort nicht. An der Cottenbacher Straße könnten auch Kindergärten oder weitere Schulgebäude entstehen.

4. Ein Neubau bietet Kindern bessere Lernbedingungen. Und er ist bezahlbar. Bei einer 40-prozentigen Förderung durch den Freistaat würden die Kosten bei etwa fünf Millionen Euro liegen. Übrigens: Der Freistaat fördere auch bei einer Sanierung der Graserschule nur das, was im Raumprogramm für Grundschulen vorgesehen ist. Damit würden die Kosten, die die Stadt für eine Sanierung bezahlen müsste und die derzeit auf etwa sieben Millionen Euro kalkuliert sind, steigen.

5. Eine Sanierung der Graserschule würde bedeuten, dass eine ganze Generation von Grundschülern die Schule nur als Baustelle erlebt. Denn die Graserschule zu sanieren, werde bis zu fünf Jahre dauern.

6. Dass die Graserschule in Zukunft nicht mehr auf zwei Standorte verteilt sein wird, steht fest. Die Kinder, die jetzt die Pavillons an der Bürgerreuth besuchen, müssen umziehen. Wenn sie im bisherigen Gebäude unterrichtet werden, müssen auch Klassenzimmer genutzt werden, die in Richtung Innenstadtring liegen. Fenster öffnen geht dort nicht. Wegen des Lärms und der Abgase.

Keine zusätzlichen Kosten

Die Ratsbegehren, sagt SPD-Fraktionsvorsitzender Bauske, werden keine zusätzlichen Kosten verursachen. "Denn die Bürgerentscheide gibt es ja ohnehin." Zwischen 60.000 und 80.000 Euro werden diese kosten. An der Formulierung der Fragen der Ratsbegehren arbeiten die Stadträte derzeit noch. Sie müssen juristisch wasserdicht sein. Und sollen eine deutliche Alternative darstellen, sagt Specht. Die Befürworter einer Sanierung der Graserschule werden laut Specht fragen: "Sind Sie dafür, dass die Graserschule am jetzigen Standort erhalten und saniert wird?" Die Frage des Ratsbegehrens könnte heißen: "Sind Sie dafür, dass die Graserschule erhalten wird und ein Neubau nach modernsten pädagogischen Gesichtspunkten errichtet wird?" Weil man auch beide Fragen mit Ja beantworten kann, muss eine Stichfrage her, die den tatsächlichen Willen des Bürgers klarstellt.

Ein Bürgerentscheid ändert die Entscheidungen im Stadtrat nur dann ab, wenn sich mindestens 9000 Bayreuther der Meinung der Initiatoren anschließen. Für die Zeit zwischen der Zulassung des Bürgerentscheids und der Abstimmung müssen alle Planungen ruhen.

Bürgervotum auch zur Stadthalle?

Zwei Bürgerbegehren und zwei Ratsbegehren. Kommt  da noch etwas dazu? In der Stadtratssitzung am vergangenen Mittwoch hatte SPD-Fraktionschef Thomas Bauske vorgeschlagen: Die Bayreuther sollten darüber abstimmen, ob ihnen die Sanierung und der Umbau der Stadthalle 55 Millionen Euro wert sind. Nein, sagt Stefan Specht (CSU). Der Stadtrat hat einen Entscheidungsauftrag. Dem müsse er gerecht werden. Und wenn die Bürger nicht einverstanden seien, könnten sie ein Bürgerbegehren starten. Doch, sagt Bauske. Wenn man die Bürger bei der Graserschule um ihr Votum bitte, dann doch allemal bei dem viel größeren Projekt Stadthalle.  "Dann würde es auch in Zukunft keine Debatten im Stadtrat um die Marschrichtung bei der Stadthalle geben." fs

Das sagt die Bürgerinitiative

Andreas Enders, Sprecher der Bürgerinitiative „Rettet die Graserschule“, sieht einem Ratsbegehren mit Gelassenheit entgegen. „Das war abzusehen, ich bin entspannt.“  Er rechnet sogar damit, dass ein paralleles Ratsbegehren noch mehr Bürger zum Gang in die Wahllokale motiviert- und dass das zugunsten der Initiative ausfällt. Den Vorwurf, dass sich nun Neubau-Gegner, die sich im Stadtrat nicht durchsetzen konnten, den Bürgerentscheid nutzen, um das Ruder herumzureißen, verstehe er nicht. „Natürlich wollen wir das Ruder herumreißen. Aber uns unterstützen nicht nur die BG und die Grünen.“ An vorderster Front kämpften Leute, die sich nicht in der Kommunalpolitik engagieren. „Jetzt lasst doch einfach die Bayreuther darüber abstimmen.“ woj

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