Jeder will so schnell wie möglich drankommen
Nicht jeder, der ein neues Organ benötigt, kommt überhaupt auf eine Warteliste. Wenn das Risiko zu hoch ist und wenig Aussicht auf Erfolg besteht, kommt ein Eingriff nicht infrage. Entschieden wird dies von Medizinern, die ihre Gründe nach dem Transplantationsgesetz dokumentieren müssen. Zuletzt hatte ein Skandal um angeblich manipulierte Wartelisten das Uniklinikum in Hamburg-Eppendorf in Verruf gebracht. Die TransDia-Sport Vorsitzende Gudrun Manuwald-Seemüller, die ebenfalls mit radelt, bedauert die negativen Schlagzeilen. "Die Intensivmediziner kämpfen um das Leben jedes einzelnen." Die Verteilungsgerechtigkeit sei ein brisantes Thema. In Spanien spendeten viel mehr Menschen Organe. "Bei uns sind leider zu viele Hände im Spiel."
"Wie ein Sechser im Lotto"
Hans-Jürgen Kohler aus dem Schwarzwald erhielt vor 25 Jahren das erste Mal eine neue Niere. 1992 war eine zweite Transplantation notwendig. "Das war für mich wie ein Sechser im Lotto", sagt der 74-Jährige, der zugleich der älteste Radler im weiß-gelb-roten Trikot ist. "Was nützt es dir alles Geld, wenn dein Leben auf dem Spiel steht." Da er zeit seines Lebens sportlich war, fiel es im nicht schwer, auch nach der Operation wieder Sport zu treiben. Denn Bewegung helfe, den Körper zu entgiften. Die Abwehrkräfte sind verringert, die Muskulatur geschwächt. Hans-Jürgen Kohler ist dankbar für die neue Lebensqualität. Er reist viel in Begleitung seiner 72 Jahre alten Ehefrau Veronika, die ebenfalls mit E-Bike bei der Tour mitmacht. "Hätte meine Transplantation nicht geklappt, meine Frau wäre längst Witwe."
Zwei bis sechs Entnahmen im Jahr
Die Organspende sei eine gesellschaftliche Herausforderung, die in Deutschland noch nicht optimal gelöst sei. Am Klinikum Bayreuth werden zwei bis sechs Organe im Jahr entnommen. Prof. Harald Rupprecht, stellvertretender Ärztlicher Direktor der Klinikum Bayreuth GmbH und Chefarzt der Klinik für Nephrologie, radelt einen Teil der Strecke bis nach Kulmbach mit. Er hält den Einsatz der Menschen mit Spenderorgan und der Dialysepatienten für bemerkenswert. "Sie kämpfen für andere mit, obwohl sie selbst Torturen hinter sich haben."
Hintergrund:
Seit der Änderung des Transplantationsgesetzes gilt in Deutschland die sogenannte Entscheidungslösung. Jeder über 16 Jahren soll sich gegenüber der Krankenkasse erklären, ob er nach seinem Tod Organe spenden will. Eine Pflicht, sich zu entscheiden, gibt es nicht. Der Chefarzt der Klinik für Nephrologie in Bayreuth, Harald Rupprecht, plädiert aber dafür, die Organspende verpflichtend zu machen. Ein Vermerk im Personalausweis oder in der Gesundheitskarte der Krankenkasse würden genügen, so Rupprecht. Momentan müssten Ärzte und Angehörige in Stresssituationen die Entscheidung treffen. Deshalb sollte seiner Ansicht nach jeder zu Lebzeiten eine Wahl treffen und dies nicht den Angehörigen überlassen. Ist ein Organspendeausweis vorhanden, gilt dieser als Wille des Verstorbenen. Allerdings gibt es Fälle, in denen die Angehörigen in letzter Konsequenz ihre Zustimmung verweigern.