Der Raum erzählt von früher: Spannende Entdeckungen bei der Sanierung Bayreuther Synagoge: Schichtweise Geschichte

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Momentan wird die Synagoge in Bayreuth entkernt und saniert. Schicht für Schicht wird langsam abgenommen. Und Schicht für Schicht erzählt das 301 Jahre alte Haus seine Geschichte. Zum Vorschein kamen jetzt alte Fundamente für Säulen und Reste eines beschädigten Terrazzobodens.

 
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Jetzt ist die Größe des Raums zum ersten Mal fühl- und sichtbar. Die Synagoge, 1714 als Markgräfliche Comödie gebaut und 1759 vom Markgrafen an die jüdische Gemeinde als Synagoge verkauft, ist leer. Keine Einbauten. Keine Empore. Kein Versammlungsort mehr. Ein Minibagger steht in etwa dort, wo Felix Gothart, der Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde, vor zwei Wochen noch sein Büro hatte. Willi Zitzmann, der Polier der Baufirma Pöhner, gibt dem Baggerfahrer knappe Anweisungen, wo er seinen Specht ansetzen soll. „Da! Da rein, aber vorsichtig.“ Kurzes Tackern. Der Bagger bricht die Bodenplatte auf. Lächeln auf Willi Zitzmanns Gesicht. „Wusst ich’s doch. Es musste da sein.“ Zitzmann hebt ein kleines Stück Bodenplatte weg und zeigt Felix Gothart den Fund: ein weiteres Fundament einer Säule. „Wir haben schon einige Fundamente gefunden. Mit der Zeit bekommt man ein Gefühl dafür, wo das nächste sein müsste“, sagt Zitzmann.

Die Sandsteinquadrate müssen, das haben Denkmal-Sachverständige inzwischen bestätigt, die Basis für schmale Sandsteinsäulen gewesen ein, die einst eine Empore getragen haben. Als die Synagoge noch die Comödie der Markgrafen war – und damit Vorläuferbau des heutigen Weltkulturerbes Markgräfliches Opernhaus. Auch später gab es die Empore noch, „die wohl aus Holz war, weil die Säulen so schmal waren“, wie Gothart vermutet.

In einer Ecke der Synagoge hatte man Reste eines beschädigten Terrazzoboden gefunden, der – „das haben wir aus den Unterlagen herauslesen können“, sagt Gothart – um 1880 eingebaut worden war. Unter dem Boden, nur knapp einen halben Meter tief, lag das fein behauene Sandstein-Podest, auf dem der Toraschrein seinen Platz gehabt haben muss. Zwei der vier Säulen, die bei der Zerstörung

Nachdem die Einbauten aus den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts entfernt waren, fand man vor wenigen Tagen auch einen Rundbogen über dem ehemaligen Haupteingang, der auf der Westseite zur Terrasse des Opern-Cafés lag. Gothart vermutet, dass hier, überm Eingang, der Markgraf saß, wenn er sich dem Kunstgenuss hingab. „Vermutlich liegt darunter das Fundament für die Treppe.“

Bauhistorisch, sagt Felix Gothart, dürfte das Gebäude der Synagoge „wahrscheinlich eines der spannendsten in Bayreuth sein. Obwohl es so viele negative Einflüsse erfahren hat. So viele Versuche, es zu zerstören“. Mit den Funden, die jetzt bei der Sanierung gemacht wurden und wohl noch werden, „könnte sich ein Kreis schließen“, sagt Gothart. Denn nach der Zerstörung durch die Nazis in der sogenannten Reichskristallnacht 1938, der die Inneneinrichtung – und auch die Empore – zum Opfer gefallen ist, folgte nach dem Krieg ab 1965 eine provisorische Sanierung. Mit Einbauten, die den Bedürfnissen der jüdischen Gemeinde Rechnung trugen. Oder Vorgaben, die vor außen kamen: „Der damalige Leiter der Schlösserverwaltung hat in den 60er Jahren darauf bestanden, dass die Rundbogenfenster durch rechteckige Fenster ersetzt werden. Damit das Haus in der Nachbarschaft zum Opernhaus nicht gleich als Synagoge erkennbar ist“, sagt Gohart. Die Rundbogenfenster werden jetzt wieder dargestellt. „Wir wussten insgesamt nicht, was sich hier drin alles befand. Bis vor ein paar Tagen, als wir mit dem Entkernen angefangen haben“, sagt Gothart. „Erst da haben wir gesehen, welche Schönheit der Raum bietet.“

Diese Schönheit soll für die Zukunft erhalten bleiben. Auch wenn die Architekten des Büros Wandel Höfer Lorch in den vergangenen Jahren, in denen die Sanierung der Synagoge vorbereitet worden war, ein in Teilen anderes Konzept erarbeitet haben. „Es gab bereits eine sehr kurzfristig angesetzte Besprechung mit den Architekten. Wir möchten im Interesse der Gemeinde versuchen, die Schönheit des Raumes für die Öffentlichkeit darzustellen“, sagt Gothart. „Man muss den Raum ermessen können. Das ist das Ziel. Das sind wir der Geschichte des Hauses schuldig, das möglich zu machen, so weit es geht. Es wird geprüft, was umsetzbar ist.“

Die Synagoge offenbart sich seit Jahren als geschichtliche Fundgrube: Im Dach, dessen Tragwerk in Teilen aus Balken besteht, die bereits vor 1714 bei einem anderen Gebäude genutzt worden waren – „das war damals so üblich, das teure Bauholz mehrfach zu verwenden“, sagt Gothart – war vor Jahren eine Genisa entdeckt worden. Eine Ablage für religiöse Schriften, die unbrauchbar geworden sind, aber nach den Vorgaben des jüdischen Glaubens nicht weggeworfen werden dürfen. Ein bundesweit in diesem Umfang eher seltener Fund, der wissenschaftlich aufgearbeitet wurde.

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