Jurastudent und Neonazi Mario B. lebte jahrelang im Verbindungshaus der Burschenschaft Thessalia Bayreuther plante Flucht des NSU

Von Moritz Kircher
Der Rechtsextremist Mario B. war zwischen 1997 und 2009 immer wieder im Verbindungshaus der Thessalia gemeldet. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Dass die Burschenschaft Thessalia zu Prag in Bayreuth Neonazis ein Zuhause gibt, ist jetzt bestätigt. Nach Kurier-Informationen lebte mit Mario B. eine der zentralen Figuren des rechtsradikalen Thüringer Heimatschutzes ab 1997 jahrelang im Verbindungshaus der Burschenschaft. Damit gibt es auch eine Verbindung nach Bayreuth zum NSU-Terror.

 
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B. und der mehrfach verurteilte Neonazi André K. wurden seit Ende der 90er Jahre dem harten Kern des sogenannten Thüringer Heimatschutzes zugerechnet. Dies geht aus Geheimdienstinformationen hervor. Gemeinsam flogen die beiden im August 1998 nach Südafrika. Die Flugtickets für rund 3400 D-Mark buchte und bezahlte B. in einem Bayreuther Reisebüro.

André K. räumte im Münchner NSU-Prozess vor knapp einem Jahr ein, dass er mit B. in Südafrika nach einem Unterschlupf für das NSU-Trio Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe gesucht hatte, die zu diesem Zeitpunkt bereits polizeilich gesucht waren. B. hat dies 2012 in einer Zeugenvernehmung beim Bundeskriminalamt nicht bestätigt.

B. hat ab 1997 mehrere Jahre in Bayreuth gelebt. Bis 2009 war er immer wieder im Verbindungshaus der Thessalia gemeldet. Er studierte an der Uni Bayreuth Jura. Im siebten Semester brach er das Studium ab. Seine in Bayreuth erworbenen Kenntnisse nutzte er für Rechtsschulungen und „Jungsturmbelehrungen“ junger Rechtsradikaler im thüringischen Saalfeld. Das geht aus dem Abschlussbericht des NSU-Untersuchungsausschusses des Landtages von Thüringen hervor.

Juraprofessor Mayer aus Thessalia ausgetreten

Dass B. ausgerechnet bei der Thessalia Unterschlupf fand, kommt nicht von ungefähr. Die Bayreuther Burschenschaft war in den vergangenen Jahren wiederholt wegen rechtsextremer Mitglieder in den Schlagzeilen. So war der rechtsextreme Publizist Jürgen Schwab Mitglied in der Studentenverbindung. Er wurde 2002 auf Betreiben des Leipziger CDU-Politikers und Thessalen Kurt-Ulrich Mayer aus der Verbindung ausgeschlossen. Später stand Schwab mit dem mittlerweile verbotenen Freien Netz Süd in Verbindung.

Pikant: Vor wenigen Wochen ist Juraprofessor Mayer selbst aus der Thessalia ausgetreten. „Ich hatte keine innere Verbindung mehr zur Burschenschaft“, sagt er dem Kurier. Als Grund führt er unter anderem die sogenannten Arier-Anträge an. Darin verpflichten sich zahlreiche Burschenschaften, nur Mitglieder aufzunehmen, die deutscher Abstammung sind. Über Mario B. weiß Kurt-Ulrich Mayer nichts.

B. offenbart in Beitrag des Bayerischen Rundfunks seine rechtsradikale Gesinnung

Die Burschenschaft Thessalia wollte sich auf mehrfache Anfrage des Kuriers nicht zu Mario B. äußern. B. hörte sich am Telefon die Fragen des Kuriers an, lehnte eine Stellungnahme allerdings ab.

Mario B. offenbarte seine rechtsextreme Gesinnung zu seiner Bayreuther Zeit 1998 in einem Film über den britischen Journalisten Nick Fraser, den das Magazin Report München 2012 ausstrahlte. Dort ist B. unter anderem gemeinsam mit André K. zu sehen. B. spricht von einer „raffinierten Form der Volksvernichtung“, die die Führung der Bundesrepublik betreibe. Frasers Dolmetscherin fragt ihn: „Wenn ein Türke 20 Jahre in Deutschland lebt und er bekommt auch einen deutschen Pass: Wird er dann nicht Deutscher?“ Die Antwort des zu diesem Zeitpunkt mutmaßlich aktiven Thessalen Mario B.: „Er bekommt einen Pass von der Bundesrepublik Deutschland und nicht vom Deutschen Reich. Und deutsch ist man von Geburt oder man ist gar kein Deutscher.“ B.s Mutter ist geborene Polin.

Die Vorwürfe gegen den NSU

Der Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund – Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe – wird eine ganze Reihe von Morden vorgeworfen. Derzeit läuft gegen Zschäpe, die einzige Überlebende der Gruppe, ein spektakulärer Prozess am Oberlandesgericht München. Das NSU-Trio soll für neun Morde an Kleinunternehmern mit Migrationshintergrund verantwortlich sein. Auch der Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter wird dem NSU zur Last gelegt. Dazu kommt noch eine Reihe von Sprengstoffattentaten. Der Ermittlungen rund um den NSU hatten in der Öffentlichkeit eine große Debatte über die Arbeit deutscher Ermittlungsbehörden ausgelöst.

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