Pfand statt Wegwerfen: Das würde wohl nicht funktionieren, sagen Unternehmer Bayreuther hängen am Pappbecher

Von Katharina Wojczenko
Kaffee zum Mitnehmen verkauft Martina Bauer in der Bäckerei Fuhrmann in St. Johannis in diesem Becher. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Ein Mehrwegsystem für Mitnehm-Kaffeebecher? Mit dieser Idee will die Deutsche Umwelthilfe den Müllberg verkleinern. In der Praxis ist das aber nur schwer umzusetzen, meinen Bayreuther Unternehmer. Nicht nur wegen der Kunden.

 
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Ohne den Coffee-to-go geht es heutzutage nicht, sagt Sylvia Schatz-Seidel, Eigentümerin der Geseeser Landbäckerei. Von sechs ihrer Filialen sind fünf in Bayreuth. Je nach Standort ist Kaffee zum Mitnehmen unterschiedlich gefragt. Zwischen 600 und 700 Becher sind es in allen Filialen zusammen pro Woche, schätzt Schatz-Seidel. „Und es werden seit Jahren immer mehr.“ Wobei der Kaffee zum Mitnehmen bei den Busfahrern in der Kanalstraße mehr gefragt ist als bei Schülern und Lehrern, die vom Graf-Münster-Gymnasium in der Nobelstraße kommen und mehr Zeit mitbrächten.

Viele hätten wenig Zeit und zählten jeden Cent

Etwa 13 Cent koste der Becher im Einkauf. „Trotzdem ist das für uns Bäcker ein wichtiges Zusatzgeschäft.“ Denn viele nehmen dazu zum Beispiel noch ein Hörnchen. Im Sitzen kostet der Kaffee bei ihr 1,60 Euro, zum Mitnehmen 1,30 Euro. Mehr will sie nicht verlangen. Für die Umwelt wäre es anders besser. Aber für die Kaffee-Mitnehmer hat sie Verständnis.

„Es gibt viele Leute, die auf jeden Cent schauen müssen.“ Und den ganzen Tag „auf der Flucht“ sind, weil sie mehrere Jobs haben, um über die Runden zu kommen. Oder die sich vor der Schicht einen Kaffee und ein belegtes Brötchen holen und gerade einmal vier Minuten Zeit haben. „Vielleicht wollen sie auch morgens länger schlafen“, vermutet Schatz-Seidel. Sie bezweifelt, dass Kunden bereit sind, für Pappe mehr zu zahlen. Mehrweg sei prinzipiell sinnvoll, aber bei der praktischen Umsetzung kommt sie ins Grübeln. „Du weißt nicht, wo die Becher waren, sie brauchen eine Spezialreinigung.“

Das Material für Mehrweg ist ein Problem

Porzellan mitgeben sei schwierig, da ging leicht etwas zu Bruch, findet Michael Rindfleisch, Innungsmeister und Chef der Bäckerei Fuhrmann. Aber ein anderes Material finden, das die 80 Grad heiße Industriespülmaschine übersteht, ebenso. In die Filiale in St. Johannis verkaufen seine Mitarbeiter nur etwa ein Dutzend Pappbecher Kaffee am Tag. In der Ferienzeit weniger. Meistens sind es Handwerker, die auf einen Sprung kommen. Die meisten Gäste trinken ihren Kaffee vor Ort. Und: „Wenn nur einzelne Mehrweg anbieten, ist das nicht praktikabel“, sagt Rindfleisch. Es müsste ein Gesetz geben, damit die ganze Industrie mitzieht. Vor allem Mc Donald’s.

Vor der Filiale am Hauptbahnhof sitzt Bernd Igla aus Bayreuth mit einem Becher in der Sonne. Er findet die Idee nicht gut. „Das würde einen Haufen Geld kosten.“ Und wahrscheinlich wenig ändern. „Beim Weißbierfest wird auch Pfand verlangt – aber wie viel wird wirklich zurückgebracht?“ Mehr Geld will er auch nicht ausgeben. „Gerade Cappuccino trinken viele draußen lieber im Pappbecher“, sagt eine Mitarbeiterin. Weil die Tassen oben weit sind und der Kaffee dann schneller abkühle. Mit Plastikdeckel, der laut Deutscher Umwelthilfe das größte Übel der Umweltbilanz ist, bleibe er noch länger warm.

"Jede Preiserhöhung kostet Kunden"

Pfand auf Kaffeebecher? „Unrealistisch“, sagt Ensar Deger, Geschäftsführer des Coffee Store & more am Sternplatz. „Wir verkaufen Flaschen zum Mitnehmen und verlangen 15 Cent Pfand – selbst die bringen die wenigsten zurück.“ Er glaubt nicht, dass die Kunden das akzeptieren würden. 3,10 Euro verlangt er für einen großen Cappuccino. Egal, ob zum Mitnehmen oder im Café.

Einen Aufschlag für Pappe zu kassieren, kommt für Deger nicht in Frage. Weil jede Preiserhöhung bedeute, dass man Kunden verliert. Und weil es indirekt schon einen Aufschlag gebe – weil er denselben Preis verlange. Obwohl er für jeden verkauften Kaffee im Geschäft 19 Prozent Mehrwertsteuer zahlt und für den Straßenverkauf nur sieben Prozent. „Und bei Tassen habe ich Kosten fürs Spülen und die Bedienung.“

Kurios: Manche wollen selbst Espresso mitnehmen

Er selbst trinkt nur Espresso. Der ist mit zwei Schlucken weg. Wenn den jemand zum Mitnehmen verlangt, fragen ihn die Mitarbeiter dann doch, ob er ihn nicht lieber aus einer Tasse am Tresen trinken mag. Zur Not gibt’s aber selbst dafür Mini-Pappbecher mit Deckel.

Info: Jede Stunde werden in Deutschland 320 000 Einwegbecher verbraucht, sagt die Deutsche Umwelthilfe. Sie schätzt, dass pro Jahr allein 2,8 Milliarden Kaffeebecher im Müll landen. Die meisten wurden in Bäckereien gekauft. Die Umweltschützer fordern deshalb eine Abgabe von 20 Cent Pfand. Außerdem will der Verein eine Kampagne starten, um für die Nutzung von Porzellan- und anderen Mehrwegbechern zu werben.

Das sagen unsere Leser auf Facebook zu der Idee.

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