Bayreuth hat wieder Kinderwunsch-Klinik

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Bayreuth ist ein begehrter Standort für eine Kinderwunsch-Praxis. Gleich gegen drei Kliniken durchgesetzt hat sich Miguel Hinrichsen (62) mit seinem Fertility-Center. Doch über  Bayreuth hängt auch ein Schatten.

 
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In Deutschland gibt es 120 Einrichtungen, die bei Schwangerschaften der Natur auf die Sprünge helfen dürfen. Die Gesetze sind streng, das Embryonen-Schutzgesetz gilt unter Fachleuten als besonders restriktiv. Aber die Nachfrage ist groß. Weil die Frauen in Deutschland immer später Kinder bekommen, wächst der Markt für Reproduktionsmediziner. „Zwölf bis 15 Prozent der Paare schaffen es nicht, ohne ärztliche Unterstützung eine Schwangerschaft zu erzielen“, sagt Hinrichsen. Dazu komme, dass in Deutschland Beruf und Familie nicht wie in anderen Ländern aufeinander abgestimmt werden könnten.

Aufgewachsen ist der Mediziner in Argentinien, seine Ausbildung erhielt er in Buenos Aires, München und Tübingen. Schon früh spezialisierte er sich auf Fortpflanzungsmedizin. Er hat Standorte in Hamburg und Kassel. Und jetzt in Bayreuth, wo er sein Fertility-Center am 19. Februar eröffnet. Er rechnet mit „einer vierstelligen Zahl von Paaren“ und bis zu 600 Befruchtungen im Reagenzglas. Die Zahlen sind Hochrechnungen, die auf seiner Praxis in Kassel basieren, die ein kleineres Einzugsgebiet hat als die in Bayreuth. Hier rechnet das bayerische Gesundheitsministerium mit knapp einer dreiviertel Million Menschen, in Kassel nur mit einer halben Million.

Ein wachsender Markt

Ein wachsender Markt, relativ niedrige Preise für Kinderwunschmedizin und der nächste Konkurrent in Erlangen – das macht Bayreuth für Reproduktions-Mediziner interessant. Auch das Klinikum Bayreuth hat gemeinsam mit der Frauenklinik der Uni Erlangen und der Klinik Amberg versucht, den Sitz zu bekommen und eine Babywunsch-Praxis an der Klinik Bayreuth zu installieren. Und gegen Hinrichsen verloren.

„Alles korrekt gelaufen“, sagt Klaus Henneking, der ärztliche Direktor der Klinik Bayreuth, als fairer Verlierer. Nach Einschätzung des Gesundheitsministeriums seien die Voraussetzungen nicht erfüllt gewesen. Auch ein Widerspruch gegen die Entscheidung sei nicht erfolgversprechend gewesen. „Mit dem Konzept der MVZ Fertility Center Bayreuth GmbH können die Voraussetzungen für eine bedarfsgerechte, wirtschaftliche und leistungsgerechte“ Versorgung in Bayreuth „vollständig und zeitnah umgesetzt werden“, sagt ein Sprecher des Ministeriums. Die Genehmigung ist abhängig von der Zusammensetzung der Experten. Es braucht Biologen und speziell ausgebildete Frauenärzte.

Das kostet eine Behandlung

 In Deutschland liegen die Medikamenten-Kosten für die Behandlung von Kassenpatienten bei etwa 1600 Euro, die für eine künstliche Befruchtung bei etwa 3700. In anderen Ländern liegen die Preise oft doppelt so hoch. Und unter Umständen bezahlt in Deutschland die Krankenkasse die Hälfte von drei Versuchen, schwanger zu werden. Dass es trotzdem viele ins Ausland zieht, liegt am deutschen Verbot der Eizellen-Spende. Dass eine junge, fruchtbare Frau einer anderen, die keine Kinder bekommen kann, eine Eizelle spendet, die dann befruchtet wird. Ansonsten seien, so Hinrichsen, die deutschen Methoden genauso gut wie die anderer Länder. Trotz des Embryonenschutzgesetzes. „Wir haben gelernt, damit umzugehen.“ Allerdings spricht sich Hinrichsen für eine Legalisierung der Eizellenspende auch in Deutschland aus.

Die Praxis, in die Hinrichsen „einen niedrigen siebenstelligen Betrag“ investiert, wird mit drei Ärzten starten: Neben ihm der ärztliche Leiter Rainer Mogalle (67), Urte Reinhardt (49) und als Psycho-Somatiker der Bayreuther Arzt Ulrich Megerle, der seine Praxis an Hinrichsen verkauft hat. Aber „alles neue Gesichter, wir fangen ganz neu an“, sagt Geschäftsführerin Sandy Kätzel (47).

Auch Hinrichsen betont das. Denn auch wenn die Praxis als „Nachfolge-Praxis“ gehandelt wird, sie hat nichts mit dem Bayreuther Arzt zu tun, der wegen Steuerhinterziehung und Verstoß gegen das Embryonenschutzgesetzt im vergangenen Jahr verurteilt worden ist. Übrig geblieben von der „alten“ Praxis ist nur der Kassensitz, den die „Neuen“ kaufen mussten, um sich in Bayreuth niederzulassen. Auch an einem neuen Standort: in der Friedrich-von-Schiller-Straße. Die Neuen werden keine Schönheits- und auch keine frauenärztlichen Operationen durchführen. Die 400 Quadratmeter große Praxis ist nur für „Hormonstörungen und den unerfüllten Kinderwunsch“ da.

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