Schwurgericht urteilt: Adrian O. tötete Arbeitskollegen aus niederen Beweggründen Baustellenmord: Das Urteil

Von Manfred Scherer
Verteidiger Wolfgang Schwemmer, Dolmetscherin barbara Sabarth und der Angeklagte Adrian O. (v.l.) erwarten am 21. Oktober 2016 die Urteilsverkündung im Prozess um den Baustellenmord in der rathstraße. Foto: Manfred Scherer Foto: red

Es war eine grausam anmutende Bluttat. Das Bayreuther Schwurgericht hat die Tötung eines 43-jährigen Manne auf einer Baustelle in der Rathstraße durch einen jüngeren Kollegen dennoch „nur“ als Mord aus niederen Beweggründen gewertet und den Täter Adrian O. zu lebenslanger Haft verurteilt. Das zweite Mordmerkmal der Grausamkeit, das der Staatsanwalt bejaht hatte – er sprach von einer „Hinrichtung in Stil eines mittelalterlichen Henkers“ – bejaht das Schwurgericht nicht.

 
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Das liegt vor allem daran, dass das Schwurgericht dem Angeklagten keinen direkten Tötungsvorsatz unterstellen wollte, Adrian O. also am Abend des 8. Februar nicht mit einem vorgefassten Mordplan auf Roman Z. losgegangen war. Der Schwurgerichtsvorsitzende Michael Eckstein umriss das Motiv des Angeklagten so: „Sein Ziel war es, sein Opfer „in besonderem Maß zu erniedrigen und in besonders herabsetzender Weise zu quälen.“

Staatsanwalt spricht von "Blutbad"

Der 27-jährige Adrian O. prügelte mit einer Holzlatte auf Roman Z. ein, versetzte ihm Faustschläge und Fußtritte. „Er richtete ein Blutbad an“, hatte Staatsanwalt Holger Gebhardt das in seinem Plädoyer beschrieben. Blutbad trifft zu, denn die Hose des Täters wurde so mit Blut des Opfers durchtränkt, dass auf der Haut am Unterschenkel des Täters noch Blut war.

Zeugin hört langgezogenen Schmerzensschrei

Der Tat war nach Überzeugung des Gericht ein Streit voraus gegangen – einen konkreten Grund nannte das Urteil nicht. Für den Streit gibt es eine Zeugin, die – der polnischen Sprache mächtig – üble Schimpfworte aus dem Baustellenhaus in der Rathstraße hörte – und auch einen lang gezogenen Scherzensschrei.

Das Opfer verblutete

Dieser Schrei dürfte seine Ursache in einer Handlung liegen, die äußerst brutal war: Adrian O. pfählte sein Opfer mit einem abgebrochenen Spatenstiel. Die Verletzungen im Unterleib führten dazu, dass Roman Z. verblutete.

Der Angeklagte filmt die Tat

Das wesentliche Beweismittel für die Bluttat hatte der Angeklagte selbst geschaffen: Fotos des übel zugerichteten Opfers und ein per Smartphone aufgenommenes Video, in dem laut Richter Eckstein Schläge mit dem Holzprügel, Faustschläge, Fußtritte und auch die Pfählungshandlung zu sehen ist. Eckstein: „Wir haben uns das mehrfach angesehen. Die Zuhörer nicht. Das ist auch laut Gesetz nicht vorgesehen. Hätten wir das Video den Zuhörern gezeigt, hätten wir sie auch darauf hinweisen müssen, dass das Ansehen Albträumen hervorruft.“

Eine Hand filmt, die andere schlägt

Das Video widerlegt laut Urteil die Behauptung des Angeklagten, er sei betrunken gewesen: Wer mit der einen Hand filme und mit der anderen gezielt schlage, könne nicht betrunken sein.

Der Kern des Schuldspruchs lautet: Adrian O. hat während der brutalen Misshandlungen erkannt, dass Roman Z. infolge der Verletzungen sterben könnte – und das habe der Angeklagte in Kauf genommen. Bedingter Tötungsvorsatz also. Dazu kommt das Mordmerkmal der niedrigen Beweggründe.

Sexualbezogene Beleidigungen

Das Gericht sprach Adrian O. auch wegen Vergewaltigung schuldig. Die Pfählung sei rechtlich gesehen ein solches Verbrechen, auch deshalb, weil Adrian O. während der Pfählung üble sexualbezogene Beleidigungen äußerte – auch sie sind auf der Tonspur des Videos dokumentiert. Verteidiger Wolfgang Schwemmer hatte in seinem Plädoyer die Vergewaltigung verneint.

Verteidiger hält Tötungsvorsatz nicht für erwiesen

Schwemmer hatte sich auch gegen den Schuldspruch wegen Mordes gewandt und eine Verurteilung wegen Körperverletzung mit Todesfolge beantragt. Es sei nicht erwiesen, dass Adrian O. den möglichen Tod von Roman Z. erkannt habe.

Adrian O. wollte "abhauen"

Diesem Argument hielt das Gericht im Urteil dies entgegen: Schon am Abend des 8. Februar verschickte der Angeklagte eine Handynachricht an Kollegen, nach der er „abhauen“ müsse und er dafür Geld brauche. Tatsächlich tat sich in der Belegschaft der Firma, für die die zwei Polen Roman Z. und Adrian O. tätig waren, bemerkenswertes: Zwei Männer wurden von Ludwigshafen nach Bayreuth geschickt, um wegen der „Schlägerei“ nach dem Rechten zusehen. Sie fanden die Leiche, wollten aber mit der Sache nichts zu tun haben. Statt dessen gaben sie Adrian O. 50 Euro, die der für seine – letztlich erfolglose – Flucht vom Tatort nutzte. Via Western-Union erhielt Adrian O. weitere 40 Euro von einem Freund. Er wurde gefasst, wenige Minuten, bevor er in einen Fernbus nach Polen steigen wollte.

Ob Verteidiger Schwemmer Revision einlegt, hat er noch nicht entscheiden.

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