BAT: So ist die rechtliche Lage

Von Katharina Wojczenko
Zu jeder vollen Stunde wird bei BAT die Mahnglocke geläutet. Hier um 21 Uhr von Anja Siegel. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Noch bis Mittwoch, 31. August, verhandeln Betriebsrat, Gewerkschaft und die Geschäftsführung von British American Tobacco in Bayreuth über einen Sozialplan. Bis dahin ist kein Streik möglich. Arbeitsgerichts-Chef Friedrich Schütz und Gewerkschafts-Chef Michael Grundl klären die wichtigsten Fragen zur Friedenspflicht.

 
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Wie ist die Situation?

Bis Ende 2017 werden bei BAT in Bayreuth 950 Arbeitsplätze abgebaut. Seit gut einem Monat verhandeln Gewerkschaft, Betriebsrat und Geschäftsführung über einen Sozialplan.

Er regelt zum Beispiel, zu welchen Bedingungen Mitarbeiter in den Vorruhestand gehen und welche Qualifizierungsmaßnahmen sie bekommen, um ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu steigern.

"Wir wollen Kündigungen vermeiden", sagte BAT-Betriebsratchef Paul Walberer zu Beginn der Mahnwache zum Ziel. "Wir wollen, dass die Mitarbeiter erst in eine Transfergesellschaft und dann in den ersten Arbeitsmarkt kommen."

 

Was ist Friedenspflicht?

Das bedeutet, dass in dieser Zeit kein Arbeitskampf erlaubt ist. Ein Mittel wären Streiks. "Sind bestimmte Arbeitsbedingungen tarifvertraglich geregelt, gilt für die Laufzeit des Tarifvertrages eine Friedenspflicht", erläutert Friedrich Schütz, Leiter des Bayreuther Arbeitsgerichts. Wegen dieser Punkte darf also währenddessen nicht gestreikt werden.

Eine Friedenspflicht könne sich aber auch aus einer Schlichtungsvereinbarung zwischen den Parteien ergeben, sagt Schütz. Dort könne auch ein Zeitrahmen für die Verhandlungen festgelegt sein. Erst wenn diese Frist abgelaufen ist, sind Streiks erlaubt.

Beide Friedenspflicht-Varianten greifen bei den Sozialplan-Verhandlungen bei BAT aber nicht. "Die Friedenspflicht endet nicht mit dem 31. August", sagt Michael Grundl. Denn die Tarifverträge laufen weiter und es gibt auch keine Schlichtungsvereinbarung zwischen Geschäftsleitung, Gewerkschaft und Betriebsrat.

Was es aber gibt: eine "interne Friedensvereinbarung" zwischen den Parteien, dass Gewerkschaft und Betriebsrat bis auf die Mahnwache keine Aktionen unternehmen bis Ende August.

Und auch dann gilt laut Grundl: "Wir sind in der Friedenspflicht, weil es keine tarifpolitischen Forderungen gibt."

So sah es bei der Mahnwache am Sonntag aus. Foto: Katharina Wojczenko

Wann darf man bei BAT streiken?

Der Streik muss ein tariflich regelbares Ziel betreffen, zum Beispiel den Tarifsozialplan bei der Schließung eines Betriebes oder eines Betriebsteils, sagt Schütz.

Wichtig: "Wären bei den Sozialplanverhandlungen nur Arbeitgeber und Betriebsrat am Tisch, wäre ein Streik nicht erlaubt", sagt Schütz. "Dann würde statt dessen die Schlichtungsstelle eingreifen."

Wer darf zum Streik aufrufen?

"Nur die Gewerkschaft", sagt Schütz. Betriebsrat oder einzelne Mitarbeiter dürfen das laut Betriebsverfassungsgesetz nicht.

Wer darf streiken?

Jeder, nicht nur Gewerkschaftsmitglieder oder Betriebsräte, sagt Schütz.

Wann darf und wird es frühestens losgehen?

Erst wenn die Verhandlungen gescheitert sind und eine Partei dies erklärt hat, können Arbeitskampfmaßnahmen ergriffen werden, sagt Schütz. Für einen möglichen Streik gelte das Ultima-ratio-Prinzip. Das bedeutet, er müsste dem Gebot der Verhältnismäßigkeit entsprechen. 

Im Falle von BAT müsste die Gewerkschaft nach Ende der Friedensvereinbarung am Mittwoch also erst einmal tarifpolitische Forderungen aufstellen und darüber mit der Gegenseite verhandeln. Wenn eine Seite das Scheitern erklärt, wäre ein Streik rechtlich möglich, erklärt Grundl.

Wie wahrscheinlich ist ein Streik?

"Dazu kann ich keine Aussage treffen", sagt Schütz. "Ich kenne auch die Situation bei BAT nicht im Einzelnen." "Dazu können und wollen wir nichts sagen", sagt Grundl.

Wie wahrscheinlich ist eine Einigung bis Mittwoch bei den Sozialplan-Verhandlungen?

Über Details haben alle Parteien Schweigen vereinbart. Gewerkschaftler Michael Grundl sagt am Sonntag nur so viel: "Wir kommen voran. Aber es ist schwierig und gerade das Thema Transfergesellschaft sehr komplex." Und: "Wir halten nach wie vor daran fest, dass wir nächste Woche einen Durchbruch schaffen." Der Umgang miteinander sei fair und sachlich. "Ich komme viel herum", sgat Grundl. "Es gibt Arbeitgeber, die sich weigern, überhaupt zu verhandeln."

Hintergrund: So läuft die Mahnwache

Mit der Resonanz bei der Mahnwache sind Michael Grundl, Vorsitzender der NGG Oberfranken, und BAT-Betriebsratschef Paul Walberer sehr zufrieden. "Es sind immer Leute da", sagt Walberer am Sonntag.

Immer wieder hielten spontan Autofahrer, riefen den Mitarbeitern zu: "Kämpft weiter. Haltet durch" und würden Geld in das Sparschwein werfen oder brächten Holz fürs Mahnfeuer vorbei.

Der Holzvorrat fürs Mahnfeuer ist gut gefüllt. Foto: Katharina Wojczenko

Erlös für Bayreuther Tafel

Am Sonntagnachmittag saßen etwa 60 Menschen unter Sonnenschirmen, Kinder spielten und malten auf einer Stoffbahn an der Glasfront des Eingangsgebäudes. Es gab einen Bratwurststand, einen Eiswagen und Kaffee und Kuchen.

"Alles, was in die Kasse kommt, spenden wir der Bayreuther Tafel", sagt Walberer. Die Mitarbeiter hätten von den Bayreuthern und den Menschen aus der Region so viel Solidarität erfahren, dass sie etwas zurückgeben wollten.

 

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