Bargeld abschaffen ist „Bullshit“

Von Roland Töpfer
 Foto: red

Bargeld ist Privatsphäre. Bargeld ist immun gegen Negativzinsen. Aber wie steht es um die Zukunft des Bargelds? Soll es abgeschafft werden? Darüber diskutierten ein früherer Hedgefonds-Manager und zwei Wissenschaftler an der Uni Bayreuth.

 
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Für Florian Homm, den zunächst extrem erfolgreichen Hedgefonds-Manager, der später vom FBI gesucht wurde, ist die Abschaffung von Bargeld einfach nur „Bullshit“. Wenn wir den „totalen Bananenstaat“ haben wollen, dann müssten wir das Bargeld schnell abschaffen. Die Zentralbanker, sagt Homm, haben die Preismechanismen beim Rohstoff Geld „versaut“, was zu einer Flutwelle von schlecht gepreisten Assets führe. Mit billigstem Geld könnten, investiert in garantierte Anleihen, „im Tiefschlaf“ gute Renditen erwirtschaftet werden. Homm: „Da endet das Geld aus dem Zentralbanksystem. Und wer zahlt das ab? Sie!“ Fünf Prozent der Bevölkerung würden 85 Prozent des Weltvermögens halten. „Reicht das nicht? Wären 99 Prozent angemessen?“

Abschaffung könnte notwendig werden

Carl Christian von Weizsäcker (Max-Planck-Institut), emeritierter VWL-Professor der Uni Köln und ein Neffe des früheren Bundespräsidenten, ist eigentlich dafür, dass das Bargeld bleibt. „Ich kann mich ja auch nicht so ohne weiteres von ihm trennen.“ Er gibt jedoch zu bedenken, dass die Stabilität der Konjunktur nur mit Negativzinsen möglich sei. Mit Bargeld könne man dem Negativzins aber ausweichen. „Bargeld führt dazu, dass der Negativzins nach unten beschränkt ist.“ Die Abschaffung des Bargeldes könne zur konjunkturpolitischen Notwendigkeit werden. „Das könnte erforderlich sein“, sagt Weizsäcker.

Der Zentralbank ausgeliefert

Prof. Stefan Kooths vom Kieler Institut für Weltwirtschaft will als „kühler Kieler“ nicht Emotionen dafür verantwortlich machen, dass er gegen die Abschaffung des Bargeldes ist. Ohne Bargeld sei man der Zentralbank ausgeliefert und müsse jede Zinsentscheidung hinnehmen. Negativzinsen könnten aber nicht die Lösung der Probleme bringen. Aktuell gebe es weltweit die höchsten Staatsschulden, die es je in Friedenszeiten gegeben habe. „Und wir packen immer noch neue Schulden obendrauf.“ Die Geldmengen der Zentralbanken seien explodiert. „Wir kommen allmählich ans Ende der Fahnenstange.“ Das Gefährliche von Negativzinsen: Wir greifen in die Preisstruktur ganzer Volkswirtschaften ein. Preisstrukturen seien aber die entscheidenden Navigationssysteme einer Marktwirtschaft. Sie seien nun aber nicht mehr das Ergebnis von Marktprozessen, sondern von wirtschaftspolitischer Steuerung.

Für Homm liegen die negativen Auswirkungen von Null- und Negativzinsen auf der Hand: Die Bereicherung des Geldadels und die Enteignung der Sparer. Eine große Krise könne reinigend wirken.

Die Marktwirtschaft hinwegfegen

Ja, aber eine große Krise könnte auch die Marktwirtschaft hinwegfegen, befürchtet Weizsäcker. Die produktiven Kräfte der Marktwirtschaft seien politisch nur aufrecht zu erhalten, wenn die Marktwirtschaft Prosperität liefert. „Wenn die Marktwirtschaft das nicht mehr liefert, wird sie abgeschafft.“ Weshalb man notfalls eben auch Negativzinsen zur Stabilisierung der Marktwirtschaft brauche. „Um dieses Problem kommen wir nicht herum.“

Wie lange kann das alles noch gut gehen, mit dieser Hallodri-Politik des billigen Geldes? Wann kommt der große Knall, der große Crash? Homm rechnet 2017 bis 2019 mit 80 Prozent Wahrscheinlichkeit mit einer großen Krise. Weizsäcker glaubt nur mit 20 Prozent an den großen Crash. Kooths ist sich sicher, dass die Krise kommt, aber wann, „das ist sehr unklar“.

Florian Homm

Er hat ein bunt schillerndes Leben in der Finanzwirtschaft hinter sich. Nach dem Studium an der Harvard University arbeitete der in Bad Homburg aufgewachsene Florian Homm bei Merrill Lynch, Fidelity Investments, der Schweizer Privatbank Julius Bär und dem US-Vermögensverwalter Tweedy Browne.

1993 machte er sich selbstständig. Der Börsenboom machte ihn reich. Mit seinem Hedgefonds Absolute Capital Management (ACM) verwaltete er in der Spitze drei Milliarden Euro Kundenvermögen. Sein Privatvermögen wurde auf 400 Millionen Euro geschätzt.

Im Sommer 2007 kam ACM unter Druck. Homm tauchte unter. Angeblich hatten viele „Investments“ einen weit geringeren Wert, als ausgewiesen. Die US-Börsenaufsicht SEC erhob Klage gegen Homm.

Am 8. März 2013 verhaftete die italienische Polizei nach einem Hinweis von Zielfahndern des FBI den Flüchtigen in Florenz. Vorwurf: Betrug mit Wertpapieren. Homm kam in Auslieferungshaft, die Auslieferung des an Multipler Sklerose Erkrankten kam aber nie zustande. Homm soll den ACM-Anlegern rund 200 Millionen Dollar Verluste beschert haben. Im Juni 2014 wurde Homm in Italien aus der Haft entlassen. Homm kehrte nach Deutschland zurück, begann ein neues Leben, sprach offen über Ethik und Glauben.