Polizisten sollen Frauen nach angeblichem Missbrauch falsch vernommen haben Bamberg: Sex-Prozess gegen Arzt könnte platzen

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Foto: dpa Foto: red

Der Prozess gegen den Bamberger Chefarzt, der Patientinnen betäubt und missbraucht haben soll, könnte auf der Kippe stehen. Polizisten sollen alle zwölf Frauen falsch vernommen haben. Wenn das stimmt, wären ihre Aussagen nicht vor Gericht zu verwenden. Im schlimmsten Fall könnte der Prozess sogar platzen.

 
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Die Aussagen der Frauen sind nichts wert. So jedenfalls sehen es die drei Verteidiger des ehemaligen Chefarztes des Klinikums Bamberg. Denn kein Beamter, der die Frauen vernommen hat, habe „Spezialkenntnisse“ gehabt, wie er mit Opfern sexueller Gewalt umzugehen habe. Außerdem seien bei allen Vernehmung entweder keine Beamtin dabei gewesen und wenn, dann nicht die ganze Zeit über. Außerdem sei keine der betroffenen Frauen aufgeklärt worden, dass sie ein Recht hat, dass eine psychologisch geschulte Frau dabei sein kann, während sie vernommen wird. Manchen Frauen gaben die Ermittler erst nach der Vernehmung – nicht vorher – einen Termin mit der Beauftragten der Polizei für Frauen. Und die Broschüre einer Opferhilfsorganisation. Viele der Frauen brachen beim Anblick der Fotos in Tränen aus – das alles zeigt ein Blick in die Ermittlungsakte.

Die Verteidiger kritisierten scharf, dass oft nur ein Mann den Frauen Fotos ihres Intimbereiches vorlegte. Das sei kein professionelles Vorgehen und es „verstößt gegen alle, inzwischen zum Allgemeingut gehörenden Vorschriften“, so die Anwälte. Ihr Fazit: „Statt größtmöglicher Schonung der Zeuginnen entsteht der Eindruck von systematisch auf Emotionalisierung der Zeuginnen zielende Vernehmungen.“ Auf deutsch: Staatsanwalt und Polizei hielten Heinz W. von Anfang an für schuldig und gingen deshalb so unsensibel in die Ermittlungen. Denn allein das Vorlegen von Fotos deute noch nicht auf sexuelle Handlungen. Die Verteidiger wollen deshalb nicht nur die Ermittler, sondern auch den Staatsanwalt hören: als Zeugen im Chefarzt-Prozess. Außerdem verlangen sie einen Aussagepsychologen, der prüfen soll, ob die Vernehmungen der Frauen überhaupt brauchbar sind.

Der Antrag kam nicht überraschend. Schon lange murren die Verteidiger darüber, wie rau die Ermittler gegen Heinz W. vorgegangen sind. Er soll zwölf Patientinnen zuerst betäubt haben, dann sexuelle Handlungen an ihnen vollzogen haben. Vor Gericht hat er zwischen den Zeilen eingeräumt, die Frauen betäubt zu haben. Er habe ihr Selbstbestimmungsrecht missachtet, wie er sich ausdrückte. Die Vorwürfe des Missbrauches aber wies er vehement zurück. „Ich bin kein Sextäter.“ Alles sei aus Forschungszwecken geschehen. Die Fotos habe er für Schulungszwecke gemacht.

W.s Anwälte sehen die Frauen erst im Nachhinein traumatisiert – von den Ermittlungsbehörden. Denn keine der Frauen hätten von dem – angeblichen – Missbrauch gewusst. Auch an die Betäubung konnte sich keiner mehr erinnern. Dabei hätte psychologisch geschultes Personal nicht nur den angeblichen Opfern geholfen, sondern „auch dem Recht des Beschuldigten auf eine Hauptverhandlung mit vernehmungstüchtigen Zeuginnen“ ermöglicht.

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