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Staatsanwaltschaft nimmt Ermittlungen erneut auf Badeunfall wird wieder aufgerollt

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Ihr Kind kann ihr niemand mehr zurückbringen. Doch einen Hoffnungsschimmer gibt es für die Mutter der im Himmelkroner Freibad ertrunkenen Vanessa. Das Oberlandesgericht Bamberg hat den Fall an die Staatsanwaltschaft Bayreuth zurückverwiesen. Jetzt wird erneut ermittelt.

 
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Das Oberlandesgericht Bamberg hatte darum gebeten, eine Wiederaufnahme der Ermittlungen zu prüfen. Das bestätigte der Sprecher des Oberlandesgerichts, Leander Brößler, auf Nachfrage dieser Zeitung. "Der Senat neigt dazu, einen hinreichenden Tatverdacht zu bejahen", sagte Brößler. Das bedeutet, es hätten womöglich Maßnahmen ergriffen werden können, die das Ertrinken des Mädchens verhindert hätten. Denn das Nichtschwimmerkind sei im Schwimmerbecken untergegangen.

Schwimmbadbesuch statt Turnstunde

Der Badeunfall hatte sich im Juli 2014 im Himmelkroner Freibad ereignet. Die Übungsleiterinnen der Kinderturngruppe vom TSV Himmelkron hatten sich entschieden, die Sportstunde ausfallen zu lassen und dafür gemeinsam ins Schwimmbad zu gehen. Kein unübliche Entscheidung, im Gegenteil, wie der Himmelkroner Bürgermeister Gerhard Schneider sagt: "Das wurde schon 20 Jahre lang so gemacht." Jetzt allerdings nicht mehr. Schneider, zugleich TSV-Vorsitzender, empfahl ihnen, nicht mehr mit den Kindern schwimmen zu gehen. Wegen des Risikos. Und aus Selbstschutz. "Das ist kein Schuldeingeständnis", betonte Schneider. "Es ist immer eine Katastrophe, wenn so etwas passiert."

Eine vermeidbare Katastrophe?

Eine Katastrophe, die vielleicht hätte verhindert werden können. Das meint jedenfalls die Mutter. Sie sagt, ihre achtjährige Tochter habe nicht schwimmen können. Warum durfte sie dann in den Schwimmerbereich? Dort war sie leblos im Wasser treibend entdeckt worden. Eine der Übungsleiterinnen war mit im Schwimmbecken, eine befand sich außerhalb des Beckens. Als das Kind entdeckt wurde, versuchten die Badeaufsicht und die Übungsleiterin, es wiederzubeleben - vergeblich. Rettungshubschrauber und Krankenwagen wurden alarmiert. Nach sechs Tagen im künstlichen Koma starb das Mädchen im Klinikum Bayreuth. Sie trieb vermutlich zu lange im Wasser, ohne dass das Gehirn mit Sauerstoff versorgt wurde.

Staatsanwaltschaft nimmt Ermittlungen wieder auf

Die Staatsanwaltschaft Bayreuth hatte ihre Ermittlungen gegen die Aufsichtspersonen eingestellt. Wenn sie bei dieser Haltung bliebe, so Bößler, könnte der Senat entscheiden, ob es zu einer Anklage komme. Juliane Krause, stellvertretende Leitende Oberstaatsanwältin, stellte gegenüber dem Kurier fest: "Das Oberlandesgericht hat seine vorläufige Rechtsmeinung geäußert." Die Argumente des Klageerzwingungsverfahrens würden bewertet - und das Ermittlungsverfahren wieder aufgenommen. Wie lange es dauert und ob es tatsächlich zu einer Anklage kommt, ist noch unklar.

Rechtsanwalt: Das darf nie mehr passieren

Gert Lowack, Rechtsanwalt der Eltern des toten Mädchens, spricht von einem "Versagen auf mehreren Ebenen". Und es sei schade, dass die Verantwortlichen keine Einsicht zeigten. "Die Eltern geht es vor allem darum, dass so etwas nie mehr passiert." So wie der Badebetrieb und der Schwimmbadbesuch organisiert gewesen seien, habe fast zwangsläufig etwas passieren müssen, so Lowack. Denn die Badeaufsicht habe ein Bauhofmitarbeiter gemacht, der mit seiner Erste-Hilfe- und Rettungsschwimmer-Ausbildung nicht auf dem neuesten Stand gewesen sei. Er habe sei vielmehr "ein Mädchen für alles" gewesen. Kassendienst und Reperaturen gehörten zu seinen Aufgaben. Als der Unfall geschah, habe er Zeitung gelesen. Und auch beim Verein sieht Lowack eine Mitschuld. Denn der habe nicht mit Eltern über die Schwimmfähigkeit ihrer Kinder gesprochen und sich im Bad auch nicht davon überzeugt.

Schneider hält zu Badeaufsicht und Betreuerin

Ob die Badeaufsicht und die Betreuerin rechtmäßig gehandelt hätten oder nicht, habe das Gericht zu entscheiden, sagte Bürgermeister Gerhard Schneider auf Anfrage. Die Gemeinde sei jedoch kein Beschuldigter. „Ich habe keinen Grund, an der Aussage meiner Mitarbeiter zu zweifeln“, sagte Schneider. „Sie haben nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt. Eine hundertprozentige Sicherheit kann es nicht geben.“ Die Eltern wussten von den Schwimmbadbesuchen und hätten den Kindern die Sachen dafür mitgegeben. Schneider äußerte Verständnis für den Wunsch der Mutter „nach einer letzten Gerechtigkeit“, hält aber auch zu den TSV-Übungsleiterinnen: „Wir können der Frau ihr Kind nicht zurückgeben.“ Der Familie sei Schmerzensgeld angeboten worden, das sie angenommen habe.

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