Babyleichen: Warten auf die Anklage

Beamte der Spurensicherung am 13.11.2015 an dem Haus in Wallenfels, in dem die acht toten Babies gefunden worden waren. Archivfoto: Nicolas Armer/dpa Foto: red

Acht tote Babys, versteckt in einem Haus: Mitte November hatte dieser grausige Fund in Oberfranken weltweit für Schlagzeilen gesorgt. Nun dürfte in den kommenden Monaten die Anklageerhebung gegen die weitgehend geständige Mutter anstehen.

 
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Es war ein Drama von unglaublichem Ausmaß, das Mitte November in Oberfranken an die Öffentlichkeit kam: In einem Anwesen in der Kleinstadt Wallenfels (Landkreis Kronach) waren acht Babyleichen versteckt - in einem Abstellraum, in Plastiktüten und Handtücher eingewickelt. Die toten Körper waren so stark verwest, dass die Obduktion nicht einmal mehr klären konnte, wann die Neugeborenen starben.

Die Rechtsmediziner fanden aber heraus: Sechs der Säuglinge wären von ihrer Entwicklung her lebensfähig gewesen. Ob sie aber nach der Geburt tatsächlich gelebt haben - darüber ließ sich nichts mehr sagen.

In Untersuchungshaft sitzt eine 45 Jahre alte Frau, die bis September in dem gepflegten Haus direkt an der Hauptstraße gelebt hatte. Sie ist die Mutter der Kinder. Sie hat eingeräumt, einige Säuglinge lebend geboren und umgebracht zu haben. Am Tag nach den Funden nahmen sie die Fahnder in Kronach fest - ihr neuer Freund hatte sich an die Polizei gewandt.

Noch dauern die Ermittlungen der Polizei an, wenngleich die Hauptarbeit abgeschlossen ist, wie eine Sprecherin sagt. Spuren und Aussagen müssen aber noch ausgewertet werden. Im Januar wollen die Ermittler ihre Arbeit abschließen. Dann ist die Staatsanwaltschaft Coburg mit einer Anklageerhebung am Zug.

Wie komplex so ein Fall - gerade wegen des Zustands der Leichen und der bei der Obduktion ungeklärten Fragen - ist, bewies ein Babyleichen-Fund aus Bad Alexandersbad (Landkreis Wunsiedel) aus dem Jahr 2013. In dem Prozess vor dem Landgericht Hof im Jahr 2014 war die Strafkammer zwar davon überzeugt, dass die angeklagte Mutter ihre zwei Säuglinge nach der Geburt sterben ließ. Doch Mord konnte man ihr nach Auffassung der Richter nicht nachweisen. Die Kammer bewertete die Taten als Totschlag in zwei Fällen - doch der war juristisch bereits verjährt.

Aber auch sonst sind in dem Fall der Wallenfelser Babyleichen noch viele Fragen offen: Welche Rolle spielte zum Beispiel der Noch-Ehemann der 45-Jährigen, von dem sie sich im Herbst getrennt hatte? Er ist, so ergaben die Untersuchungen, der Vater der toten Kinder. Ein «gewisser Tatverdacht» bestehe gegen ihn, heißt es bei der Polizei, er ist aber auf freiem Fuß.

Und vor allem: Welches Motiv hatte die Frau? Ob sie dazu etwas gesagt hat, wissen nur die Ermittler, die aber in der Öffentlichkeit zu diesem Thema schweigen.

Das Entsetzen in Wallenfels war groß, als das grausame Verbrechen ans Licht kam. Nachbarn konnten es kaum fassen, als plötzlich Polizisten das Haus nebenan in Beschlag nahmen, als Journalisten aus dem In- und Ausland Interviews führten. Tenor: Diese Abgründe hätte man niemals hinter der Fassade des Anwesens vermutet. Am Tag nach der Tat haben einige Menschen Kerzen, Plüschtiere und kleine Engel aus Porzellan auf die Fensterbretter des Hauses abgestellt - kleine Gesten in einer unfassbaren Situation.

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dpa

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