Über die Gründe dafür lässt sich nur spekulieren. Denn wissenschaftlich fundierte Daten zur Aggressivität im Straßenverkehr lägen nicht vor, sagt die Sprecherin des Deutschen Verkehrssicherheitsrats (DVR), Julia Fohmann. Allerdings höre der DVR regelmäßig «von Seiten der Fahrlehrerschaft und der Polizei, dass aggressives Verhalten zunimmt».
Gutes Benehmen vergessen
«Wir stellen punktuell fest, dass die Aggressivität im Straßenverkehr steigt», bestätigt Kurt Bartels vom Vorstand der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände. Möglicherweise spielten dafür erhöhte Arbeitsbelastung, Leistungs- und Zeitdruck eine Rolle, vermutet Wolfgang Schönwald von der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Obwohl es keine wissenschaftlichen Daten gebe, bestehe auch bei seiner Gewerkschaft der Eindruck, als ob zum Beispiel dichtes Auffahren oder Drängeln tatsächlich um sich griffen.
«Viele Verkehrsteilnehmer wissen nicht mehr, wie man sich auf den Straßen korrekt benimmt», sagt Bartels. «Sie kennen den Verkehrs-Knigge nicht», glaubt der Fahrlehrer-Vorstand. «Vieles resultiert aber auch aus der zunehmenden Verkehrsdichte.» Dafür spricht die Rekordzahl von 723 000 Staus im vergangenen Jahr, über die der ADAC in dieser Woche berichtete.
Immer enger und voller
«Dass es immer enger und voller wird», ist auch für ACE-Chef Heimlich «eine zentrale Ursache» für die zunehmende Aggressivität. Viele Verkehrsteilnehmer reagierten genervt, wenn der Vordermann vermeintlich zu langsam fährt oder abrupt bremst. Andere parkten einfach in der zweiten Reihe.
Helfen könne vor allem Gelassenheit, glaubt Kay Nehm. «Man muss sich darauf einstellen, dass die Straßen immer voller werden. Der heutige Verkehr funktioniert nur mit Rücksichtnahme», sagt der VGT-Präsident.
Höhere Strafen
ACE-Chef Stefan Heimlich schlägt als «angemessene Reaktion auf die zunehmende Aggression im Straßenverkehr» eine Anhebung der Bußgelder und die Verschärfung des Punktekatalogs vor. Der Verkehrsgerichtstag in Goslar wird darüber beraten.
Zustimmung gab es bereits vom Automobil-Club Verkehr ACV, auch weil die Bußgelder für Verkehrsverstöße im europäischen Vergleich Schnäppchen seien. Auch die Deutsche Polizeigewerkschaft will höhere Bußgelder, weil die derzeitigen Sätze selten abschreckend wirkten.