"Diese schwierige Situation hat sie mit Bravour bestanden"
Was der Mann nicht fertig brachte, komplett zu dem zu stehen, was er getan hatte, schaffte das Kind. Im zweiten Prozess, der Berufungsverhandlung, erzählte sie offen von den Umständen. Wie schwer muss es für sie gewesen sein vor Gericht zuzugeben, dass sie ihm die „Liebe“ geglaubt habe, die er ihr vormachte. „Heute weiß ich es besser.“ Und noch etwas schaffte sie. Sie entschuldigte sich bei der Familie des Täters, bei dessen Frau sowie dessen zwei Kindern für das, was passiert war. Was ihr passiert war. Das Kind sagte vor Gericht: „Ich hoffe, dass sie ihren Frieden finden.“ Karsten Schießeck, der Rechtsanwalt der Familie, nannte das „eindrucksvoll“. Trotz der Traumatisierungen habe sie sich dazu durchgerungen, auszusagen. „Diese schwierige Situation hat sie mit Bravour bestanden.“
Vor Gericht sagte er, die Ehe stehe vor dem Ende
Und der Täter? Sah sich nicht in der Lage, der Aussage seines Opfers auf dem Bildschirm zu folgen, sah sich nicht in der Lage, sie anzuschauen. Als sie aussagte, ging er ins Nebenzimmer. Er hörte nur zu. Der Täter entschuldigte sich auch nicht persönlich, er ließ seinen Anwalt eine Entschuldigung ablesen. Er sehe seinen Fehler ein. „Wenn ich es könnte, würde ich es sofort ungeschehen machen.“ In dem Ort ist er inzwischen isoliert, vor Gericht sagte er, seine Ehe stehe vor dem Ende.
Aber die Bewährungsstrafe für den Mann ist kein mildes Urteil, zwei Jahre sind viel. Die Bewährungszeit beträgt drei Jahre. Zudem muss er in 200-Euro-Raten 3000 Euro Schadenersatz an die Familie des Mädchens zahlen, dann die gleiche Summe an den Bayreuther Verein Avalon, der sich um Opfer sexueller Gewalt kümmert.
Die Familie ist froh, dass ihre Tochter nicht mehr als die „Schuldige“ dasteht, sondern als das, was sie ist: ein Opfer. Das Mädchen ist froh, dass ihre Familie in der schweren Zeit zu ihr gehalten hat. Und dass alles vorbei ist. „Ja, das bin ich.“