Ausblick auf DEL2-Saison: Die Favoriten

Von Christoph Knod
Emotionales Comeback: Nach überstandener Krebserkrankung will Wade MacLeod mit dem Frankfurter Meisterteam durchstarten. Foto: Imago Foto: red

Der letzte Abschnitt unserer Vorschau auf die Saison in der DEL2 gilt jenen Vereine, die im Kampf um die Spitzenplätze mitmischen wollen. Ganz oben auf dieser Liste stehen wieder die Rivalen aus dem Playoff-Finale der vergangenen Saison, Frankfurt und Bietigheim.

 
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Löwen Frankfurt

2016 hatten die Löwen Frankfurt das große Ziel noch verpasst, doch in diesem Jahr gelang ihnen der Triumph: In einer umkämpften Finalserie gegen Bietigheim holten sie erstmals den Meisterpokal. Das war der Lohn für ein Team mit herausragenden Einzelkönnern, beherzten Kämpfern und taktischer Präzision.

Hinter der Bande sind mit Sportdirektor Rick Chernomaz und Trainer Paul Gardner die „Macher“ die gleichen geblieben, so dass es kaum ein anderes Ziel als die Titelverteidigung geben kann. Im Tor steht mit Brett Jaeger der „Final-MVP“ der vergangenen Saison. Nach durchwachsenem Saisonbeginn bot er besonders in den Playoffs sehr starke Leistungen. Mit den Förderlizenztorhütern Florian Proske (Mannheim) und Hannibal Weitzmann (Köln) stehen zwei große Talente als Backups zur Verfügung, so dass man in der Liga auf dieser Position die wohl beste Besetzung vorweisen kann.

Mit Matt Tomassoni verlor die Abwehr der Löwen einen der wichtigsten Faktoren für den Erfolg, auch als unermüdlicher Antreiber und Spielmacher. Mit Tim Schüle konnte man einen Verteidiger mit der Erfahrung aus mehr als 300 DEL-Spielen verpflichten (zuletzt Düsseldorf). Der Deutsch-Kanadier Dalton Yorke gilt eher als „Mann fürs Grobe“, dem ein Ruf als Raubein voraus eilt. In den letzten beiden Jahren sammelte er jeweils deutlich über 100 Strafminuten und ließ des Öfteren die Fäuste fliegen. Mit Mike Card und Pawel Dronia stehen zwei Säulen der Abwehr weiter zur Verfügung, dazu kommen mit Maximilian Gläßl und Eric Stephan zwei junge Verteidiger sowie mit Dominik Tiffels ein Förderlizenzspieler von Partner Köln.

In der Offensive schmerzt besonders der Wechsel von Torjäger Richard Mueller zum SC Riessersee, aber auch der Abgang von Lukas Laub und Christoph Gawlik hinterlässt Lücken. Allerdings gibt es hochkarätigen Ersatz: Der Deutsch-Kanadier Tyler Gron war einer der wenigen Lichtblicke bei den Heilbronner Falken, für die er in der Hauptrunde einen Punkt pro Spiel sammelte und dann in den Playdowns gar elf Punkte in sechs Spielen zum Klassenerhalt beitrug. Dazu verpflichtete man mit Vladislav Filin einen jungen Stürmer aus Nürnberg, der im Vorjahr noch mit Förderlizenz für Bayreuth im Einsatz war.

Eine besondere Geschichte verkörpert Wade MacLeod: Er kam bereits im Sommer 2016 mit C.J. Stretch aus Rosenheim, doch das erneute Auftreten einer Krebserkrankung hinderte ihn an der Ausübung seines Berufs. Nun kommt er gesund nach Frankfurt zurück und soll dort wieder mit Stretch wirbeln. Mit den Breitkreuz-Brüdern Clarke und Brett, Kapitän Patrick Jarrett, Nils Liesegang und Matthew Pistilli tummeln sich weitere Hochkaräter im Kader. Dazu kommen mit Eric Valentin, Lucas Dumont und Mick Köhler drei weitere Kölner Talente.

Fazit:Wenn in Frankfurt die Räder erneut ähnlich gut ineinandergreifen, wird der Weg zum Titel wohl nur über die Löwen führen, die mit sportlicher Dominanz auch ihre klar formulierten Ambitionen in Richtung DEL unterstreichen wollen. Einzig in der Abwehr könnte der Kader noch etwas breiter sein.

Bietigheim Steelers

Diese Beständigkeit ist beeindruckend: In den letzten fünf Jahren standen die Bietigheim Steelers immer im Finale. Wie 2013 und 2015 wollen sie nun auch wieder nach dem Titel greifen. Mittelfristig wird die DEL angestrebt.

Erfolgstrainer Kevin Gaudet führt weiter ein Team, das man nach und nach verjüngen möchte. In diesem Sommer konnte man das aber noch kaum umsetzen. Immerhin kam mit Ilya Sharipov einer der talentiertesten deutschen Torhüter, der zuletzt in der DEL bei München unter Vertrag stand und auch in der DEL2 beim SC Riessersee zum Einsatz kam. Er soll in erster Linie Druck auf Stammkeeper Sinisa Martinovic ausüben. Der liefert zwar auch mit 36 Jahren konstant gute Leistungen, doch die Stabübergabe steht in absehbarer Zeit an.

Mit Andreas Schwarz und Sebastian Alt haben zwei Verteidiger die Steelers verlassen, die oft unauffällig, aber sehr konstant spielten. Mit Benjamin Hüfner (zuletzt Weißwasser und Riessersee) kehrt ein eher klassischer Defensivverteidiger zurück. Der 21-jährige Deutsch-Kanadier Kodi Schwarz verkörpert die Verjüngung und konnte in der Vorbereitung überzeugen. Weiter im Kader stehen die sehr erfahrenen, aber auch in die Jahre gekommenen Dominic Auger (40 Jahre), Adam Borzecki (39), Rob Brown (36) und Bastian Steingroße (35). Ihnen mag es an Tempo mangeln, aber das gleichen sie mit ihrer Erfahrung aus.

Die Offensive ist gewohnt herausragend besetzt, auch wenn David Wrigley, Marcel Rodman und Robin Just abwanderten. Besonders Matt McKnight, Topscorer der letztjährigen Hauptrunde, und Marcus Sommerfeld (7.) werden weiter Leistungsträger sein. Dazu gesellen sich mit Justin Kelly und Shawn Weller zwei weitere Nordamerikaner sowie der leider oft von Verletzungen geplagte und auch aktuell mit einem Kreuzbandriss ausfallende Frederik Cabana – die aber allesamt auch schon jenseits der 30 Jahre sind.

Umso wichtiger ist die Verpflichtung von hoch talentierten Spielern wie dem Kanadier Tyler McNeely (Rosenheim) und Norman Hauner (Ravensburg). Beide wirbelten schon in Rosenheim mit Shawn Weller in einer Angriffsreihe und sollen dies nun wieder tun. Auch Alexander Preibisch geht mit 26 Jahren fast noch als Jungspund durch. Aber auch von den jungen Max Lukes und Benjamin Zientek verspricht man sich viel.

Fazit:Man macht einen großen Fehler, wenn man Bietigheim als „Altherrentruppe“ bezeichnet. Denn die Routine in Verbindung mit der stets hervorragenden Fitness macht das Team zum heißen Kandidaten für den Titel. In der Vergangenheit war das Verletzungspech in einem etwas zu kleinen Kader oft ein Problem, dem man nun mit breiter Aufstellung entgegensteuert.

Kassel Huskies

Die Bewertung der vergangenen Saison fiel in Kassel – vorsichtig formuliert – durchwachsen aus: Die Fans waren mit den Leistungen meist unzufrieden, doch nach der Hauptrunde stand man immerhin auf dem dritten Platz. Die erste Playoff-Runde meisterte Kassel mit 4:1 gegen die Lausitzer Füchse beinahe locker. Das bittere Erwachen folgte dann aber im Halbfinal-Derby gegen Frankfurt mit 0:4.

Im Tor kann man weiter auf bewährte Qualität setzen. Markus Keller bildet mit dem größten deutschen Torwarttalent Mirko Pantkowski vom Kooperationspartner Mannheim eines der ligaweit besten Duos.

Große personelle Veränderungen nahm Trainer Rico Rossi dagegen vor allem in der Abwehr vor, um auch das Angriffsspiel zu beschleunigen. Besonders wichtig ist hier die Rückkehr von Meisterschaftsheld und Offensivverteidiger Mike Little (Krefeld), der vor zwei Jahren in 47 Saisonspielen starke 51 Scorerpunkte beitragen konnte. Die Erfahrung aus gleich 500 DEL-Spielen bringt Andy Reiss mit, der die talentierten, aber noch jungen Spieler führen soll. Die nötige Physis verspricht Förderlizenzspieler John Rogl. Kevin Maginot hat zwar ebenfalls eine Förderlizenz, wird aber wohl oftmals für Mannheim auflaufen.

Zwei Kontingentplätze wurden im Angriff durch die Abgänge der Amerikaner Derek DeBlois und Jack Downing frei. Diese besetzen der europaerfahrene Stefan Della Rovere, der in der Vorbereitung stark aufspielte, und der erst kürzlich verpflichtete Kanadier Evan McGrath. Letzterer ist bereits seit 2010 in Europa aktiv und kämpfte nun in Mannheim bis zuletzt vergeblich um einen Platz in der DEL. Einen jungen Stürmer gewannen die Huskies mit Patrick Klöpper (Duisburg) hinzu, der seit einigen Jahren immer wieder knapp am Sprung in die DEL scheiterte. Der getestete Ex-Bayreuther David Kuchejda wird wohl nur unter Vertrag genommen, wenn er einen deutschen Pass bekommt.

Fazit:Nur wenn die Huskies nicht mehr so ausrechenbar spielen wie in der vergangenen Saison, könnte es zu einem Angriff auf die Meisterschaft reichen.

Ravensburg Towerstars

Mit großen Ambitionen in die letzte Saison gestartet, enttäuschten in der Mannschaft vom Bodensee vor allem viele Leistungsträger. Korrekturen auf den Ausländerpositionen brachten auch nicht die erhoffte Wende. Ein Schock war zudem der Tod von Trainer Toni Krinner, der erst im Herbst nach Ravensburg gekommen war.

Im Tor bleibt alles wie bisher: Die hoch talentierte Nummer eins Jonas Langmann zahlte in der vergangenen Saison das in ihn gesetzte Vertrauen zurück und hat in Jimmy Hertel einen Backup, der diese Rolle kennt.

Ansonsten krempelte der neue Sportdirektor Jiri Ehrenberger den Kader um. Die Abwehr ist mit neun Spielern sehr breit aufgestellt. Die Routiniers Raphael Kapzan und Lukas Slavetinsky blieben, ebenso wie Kilian Keller und Sören Sturm. Ein neues Duo bildet der offensivstarke Ondrej Pozivil (Kaufbeuren) mit Thomas Supis (Krefeld). Junge Spieler wie Maximilian Kolb, Marius Breuer und Ronny Gehlert sollen herangeführt werden. Gerade Kolb könnte den aktuell verletzten Kapzan ersetzen.

Ein besseres Händchen erhofft sich der Pre-Playoff-Teilnehmer bei der Vergabe der Ausländerstellen im Sturm. In der Bringschuld ist dabei Brian Roloff, dem nach einer schwächeren Saison wieder eine zentrale Rolle anvertraut wird. An seiner Seite spielt weiter Adam Lapsansky, der ebenfalls eine zweite Chance in Ravensburg erhält. Neu am Bodensee ist „Wundertüte“ Mathieu Pompei, der sich in der Vorbereitung aber als Volltreffer erwies. Gemeinsam mit den Neuzugängen Robin Just (Bietigheim) und David Zucker (Bremerhaven) bildete er zuletzt die gefährlichste Angriffsreihe. Einer der stärksten Stürmer der vergangenen Saison wurde im Tschechen Jakub Svoboda (Weißwasser) verpflichtet, der wegen einer Schulterverletzung aber sogar bis Saisonende auszufallen droht. Komplettiert werden die Sturmreihen durch deutsche Talente, die sich noch beweisen müssen.

Fazit:Bestätigen die Towerstars die Eindrücke aus der Vorbereitung und kommen die angeschlagenen Spieler schnell zurück, ist eine Rückkehr in den Kreis der Topteams möglich.

ESV Kaufbeuren

Nach Jahren des Abstiegskampfes belegen mehr als 1000 verkaufte Dauerkarten die große Euphorie in Kaufbeuren. Der Grund: In der vergangenen Saison ging es für den ESV direkt in die Playoffs. Dort schaltete man Dresden in einer sieben Spiele langen Serie aus und zog ins Halbfinale ein. Dazu kommt mit dem neuen Stadion endlich ein großer Schritt in der Infrastruktur.

Zu den konstant besten Torhütern der Liga zählt im ESVK-Tor Stefan Vajs. Seine Leistungen machten ihn in der vergangenen Saison zum Torhüter und Spieler des Jahres. Seine Backups sind mit Michael Güßbacher und Bastian Kucis aber jung und unerfahren.

In der Abwehr stehen den drei Abgängen vier Neuzugänge gegenüber. Philipp de Paly (Ravensburg) und der Ex-Bayreuther Christopher Kasten sollen dabei vor allem für die nötige Breite im Kader sorgen. Der Deutsch-Amerikaner Mychal Monteith (Deggendorf) verfügt zwar nicht unbedingt über Gardemaße, hat in der Oberliga aber offensiv überzeugt. Aaron Reinig ist ein weiterer Deutsch-Amerikaner aus den USA und muss seine Tauglichkeit erst nachweisen. Unumstrittener Leader der Abwehr ist hingegen weiterhin Sebastian Osterloh. Daniel Hasse und Denis Pfaffengut komplettieren die insgesamt doch sehr junge Abwehr.

Im Angriff ist es gelungen, beinahe alle Leistungsträger zu halten. Einzig Branden Gracel ging. Diese Lücke soll Charlie Sarault (Bad Nauheim) schließen, der in 23 Spielen 28 Punkte verbuchte. Von Absteiger Rosenheim kam Joseph Lewis, der sich in den letzten Jahren immer weiter steigerte. Neuzugang Steven Billich stand zuletzt in der DEL in Schwenningen unter Vertrag, kam aber auch in Freiburg zum Einsatz. Mit den Vertragsverlängerungen der drei Finnen Sami Blomqvist, Joona Karevaara und Jere Laaksonen setzt der ESVK auf Konstanz. Deutsche Spieler, auch vom Partnerverein Memmingen, ergänzen den Sturm.

Fazit:Bleiben Trainer Andreas Brockmann Verletzungssorgen erspart, ist dem ESVK mit der Euphorie und dem neuen Stadion im Rücken ein ähnliches Abschneiden wie im Vorjahr zuzutrauen.

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