Beim Berufswahlseminar an der Mittelschule wird aber deutlich, dass die Luft für viele Betriebe dünner wird Ausbildung: Noch gibt es genug Lehrlinge

Von Udo Fürst
 Foto: red

Noch haben viele Firmen keine größeren Probleme, ausreichend Lehrlinge zu finden. Allerdings liegt die Betonung auf „noch“, denn es ziehen erste dunkle Wolken auf. Der Kampf um die Schulabgänger hat begonnen, die Unternehmen buhlen auf Ausbildungsmessen, mit großflächigen Anzeigen oder an den Schulen um geeigneten Nachwuchs. Eines dieser Instrumente ist das Berufswahlseminar an der Mittelschule Weidenberg, das gestern zum sechsten Mal stattfand.

 
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Während sich vor zehn, 15 Jahren noch bis zu 100 junge Menschen auf 20 Lehrplätze beworben hätten, gingen heutzutage gerade mal noch ein Drittel Bewerbungen ein, berichtet Frank Gräbner vom Bauunternehmen Markgraf. „Man muss schon was tun als Betrieb, um Leute zu bekommen“, weiß der Ausbildungskoordinator.

Das Berufswahlseminar sei eine dieser Möglichkeiten, um mit den jungen Leuten ins Gespräch zu kommen und ihnen eine Ausbildung schmackhaft zu machen. Außerdem besuche man Messen und veranstalte eigene Ausbildungstage oder Betriebspraktika. Gräbner, einst selbst Schüler in Weidenberg, erzählt, dass die Firma Markgraf jedes Jahr 25 Lehrlinge in den unterschiedlichen Bereichen einstelle. Prinzipiell könnten sich auch junge Flüchtlinge bewerben, vorausgesetzt, sie beherrschen die Sprache.

Kurze Referate

20 Betriebe stellten sich beim von Konrektor Jörg Zinner und Verwaltungsangestellter Elvira Wunderlich organisierten Berufswahlseminar in kurzen Referaten vor, erklärten den Schülerinnen und Schülern der Vorabschlussklassen Zugangsvoraussetzungen, Anforderungen, Aufstiegsmöglichkeiten, den typischen Berufsalltag in ihren Unternehmen und die Ausbildung selbst. Aber auch praktische Anleitungen fehlten nicht. So übte zum Beispiel Mehriye Sertkol vom Klinikum Bayreuth mit den Klassen Blutdruckmessen oder Injektionen an einer Orange. „Es ist wichtig, den jungen Leuten Anreize zu bieten.“

Die Klassenleiterin an der Krankenpflegeschule war begeistert von den jungen Mädchen, die ihre Ausführungen hoch konzentriert verfolgt hätten. Sertkol berichtet aber auch von ständig sinkenden Bewerberzahlen für die Pflegeberufe. Bisher könne man aber noch alle Kurse besetzen. Derzeit werden am Klinikum insgesamt mehr als 60 junge Menschen in Pflegehilfe, Krankenpflege und Kinderkrankenpflege ausgebildet. Mittelschulrektor Reinhard Müller sieht die Situation am Ausbildungsmarkt mit einem lachenden und einem weinenden Auge. „Die Schüler haben fast ein Luxusproblem heute, was eine Lehrstelle betrifft.“

Das sei zwar sehr positiv, berge aber auch die Gefahr, dass es sich manche bequem machten und glaubten, sie bekämen ja sowieso einen Ausbildungsplatz. Insgesamt könne man feststellen: „Die sich kümmern, kommen unter.“ Die erfreuliche Entwicklung auf dem Ausbildungsmarkt bestätigt auch Berufsberaterin Lisa Goller von der Agentur für Arbeit. „Fast alle Jugendlichen bekommen auch einen Ausbildungsplatz.“

Probleme bei den Bäckern

Gewaltige Probleme, Nachwuchs zu rekrutieren, hätten dagegen Bäcker, Metzger oder die Kranken- und Altenpflege. Dagegen seien Kfz-Mechatroniker und kaufmännische Berufe sehr beliebt. Recht enttäuscht ist an diesem Vormittag Johanna Classen von der Firma Frenzelit aus Bad Berneck. Die Personalreferentin stieß mit ihrer Vorstellung der Berufe Textil- und Chemielaboranten auf wenig bis überhaupt kein Interesse. „Das will scheinbar keiner lernen.“ Classen registrierte heuer etwa ein Drittel weniger und auch qualitativ schlechtere Bewerbungen. Dennoch habe man noch keine Probleme, die acht Ausbildungsplätze zu besetzen.

Anreize schaffen

Ähnlich sieht es bei der Weidenberger Firma Röchling aus, einem Stammgast beim Berufswahlseminar. Fünf bis sieben Werkzeugmacherauszubildende werde man heuer einstellen und die stünden auch schon fest, berichtet Ausbilder Florian Schmidt. Insgesamt gingen aber viel weniger Bewerbungen ein als früher. Vor allem bei den Verfahrensmechanikern bekomme man nur schwer Lehrlinge. „Das liegt hauptsächlich am Drei-Schicht-Betrieb, den keiner machen will.“ Was tut man bei Röchling dagegen? „Auf Ausbildungsmessen präsent sein, Anreize schaffen und die Öffentlichkeitsarbeit stärken, was wir seit Jahren machen.“ Man habe kein Problem, auch Flüchtlinge einzustellen, doch lägen hier keine Bewerbungen vor. Interesse bestehe lediglich an Jobs als Produktionshelfer.

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