Aus Kulmbach: Spezialbesteck für Bagger

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Die AfB-Geschäftsführer Harald Gaul (links) und Thomas Heinritz vor einem Baggerlöffel, der gut zweieinhalb Tonnen wiegt und beim Felsabbau zum Einsatz kommt. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Ob im Steinbruch, auf Baustellen, in Recyclingbetrieben oder sogar im Untergrund beim bundesweit bekannten Bahnprojekt Stuttgart 21 - überall sind spezielle Schaufeln für teils riesige Bagger und Radlader im Einsatz, die die Kulmbacher Firma AfB meist individuell für den entsprechenden Zweck angefertigt hat.

 
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Der Laie sagt zwar Schaufel, der Fachmann aber spricht von einem Löffel, wenn es um das Werkzeug für Bagger oder Radlader geht. Was bei der Firma AfB schon mal für nette Anekdoten sorgt. "Bei uns standen schon Leute auf dem Hof, die wollten Besteck kaufen", sagt Harald Gaul, der das Unternehmen zusammen mit Thomas Heinritz führt. Eine nette Verwechslung ohne Folgen. Denn wichtig ist, dass die potenziellen Kunden wissen, worum es geht. Und in der Branche gelten die Kulmbacher als einer der Spezialisten für die Entwicklung und Fertigung von Arbeitswerkzeugen für Baumaschinen, wenn diese nicht von der Stange sein sollen.

Vom Steinbruch bis zum Papierrecycling

Wobei der Begriff Bau ein wenig in die Irre führt. Nur rund 30 Prozent der Produkte gehen an die klassische Bauindustrie. Der Rest verteilt sich auf die so genannte Gewinnungsindustrie, also Maschinen zum Beispiel für Arbeiten im Steinbruch, aber auch in der Papierindustrie, in der Holzverarbeitung, beim Schrottreycling oder der Müllverwertung kommen Werkzeuge von AfB zum Einsatz.

Extrem hoher Verschleiß

Entsprechend unterschiedlich sind die Anforderungen, wobei einige Dinge überraschen. Einem extrem hohen Verschleiß unterliegen zum Beispiel Baggerlöffel in einem Bereich, in dem es der Laie gar nicht vermutet - dem Abbau von Quarzsand. "Der schmirgelt das Metall so schnell ab, da können Sie zuschauen", sagt Gaul. Im Steinbruch, etwa bei der Gewinnung von Granit, werden unter anderem die Zähne extrem beansprucht, während das bei Kalk wiederum kaum der Fall ist. Entsprechend müssen Konstruktion und Materialauswahl angepasst werden.

Sehr unterschiedliche Anforderungen

Hinzu kommt, dass zwei Werkzeuge für den gleichen Zweck noch lange nicht gleich ausgeliefert werden. "Was der eine Baggerführer unbedingt haben will, damit kommt sein Kollege beim wenige Kilometer entfernten Mitbewerber überhaupt nicht zurecht", sagt Geschäftsführer Gaul, der unter anderem für den technischen Bereich zuständig ist: "Zwei gleiche Löffel sind deshalb für uns fast schon eine Kleinserie." Ein Problem? "Ganz im Gegenteil", sagt sein vor allem fürs Kaufmännische zuständiger Kollege Heinritz: "Unsere Entwicklungsabteilung besteht quasi aus drei internen Mitarbeitern und knapp 1000 Kunden. Mit denen sind wir im ständigen Austausch und lernen dadurch dazu." Dabei sei das Gespräch mit dem Baggerführer fast wichtiger als das mit dem Firmenchef und Auftraggeber.

Dabei kommt der Kontakt und damit das Geschäft meist nicht direkt mit den Endkunden zustande, sondern manchmal über den Baumaschinenhersteller, wie etwa Liebherr, vor allem aber über Baumaschinenhändler. Dort kaufen die Unternehmen ihren Bagger oder Radlader und werden dann für die Arbeitswerkzeuge an AfB verwiesen.

Von 20 Kilo bis acht Tonnen

Rund 1200 davon werden pro Jahr in etwa ausgeliefert - vom acht Tonnen schweren Mega-Felslöffel bis zum Anbauteil für den Minibagger, das gerade 20 Kilo wiegt. 30 Prozent sind dabei Standardware, "die wir zur Auslastung unserer Kapazitäten auch herstellen", sagt Heinritz. Der Rest aber sind Sonderanfertigungen und damit Einzelstücke. Eher selten sind größere Aufträge mit bis zu zehn gleichen Werkzeugen wie etwa bei Stuttgart 21 oder für einen Steinbruch des Baustoffkonzerns Heidelberg Cement. "Das sind natürlich Highlights", sagt Gaul.

Viele Kunden auch im Ausland

1998 haben Gaul und Heinritz AfB gegründet - als sogenanntes Management-buy-out, nachdem das Vorgängerunternehmen in die Pleite gerutscht war. Mit 15 Mitarbeitern fingen sie damals an, erster Kunde war der Bindlacher Baumaschinenhändler BIV, dem weitere regionale folgten, wie etwa KLP und BHS in Kulmbach oder KLMV in Oberkotzau. Mittlerweile gehen gut drei Viertel der Produktion in alle Teile der Republik, der Rest in die Schweiz, nach Österreich, Belgien, Polen, Ungarn oder Tschechien.

Ausbildungsplatz = Arbeitslatz

Entsprechend ist die Belegschaft auf heute knapp 35 gestiegen, wobei es angesichts der anhaltend guten Entwicklung vor allem in der Baubranche auch ein paar mehr sein dürften. Aber: "Wir brauchen Fachkräfte und die sind immer schwerer zu finden", sagen die beiden Geschäftsführer. Deshalb bilden sie aus, mit der Maßgabe: "Ausbildungsplatz bedeutet später Arbeitsplatz."

Umsatz legt kontinuierlich zu

Der Umsatz wird dieses Jahr 3,4 Millionen Euro betragen und damit die kontinuierlichen Steigerungen um drei bis fünf Prozent pro Jahr seit dem Ende der Finanzkrise 2010 fortsetzen, so Heinritz. Bei ordentlicher Profitabilität, wobei viel in den Betrieb reinvestiert wird. "Es ist unser Vorteil, dass wir ein Nischenanbieter sind. Standardware wird auch in unserer Branche nur über den Preis verkauft. Aber bei Sonderanfertigungen wird der Aufwand gesehen und auch bezahlt", sagt Gaul. Verwechslungsgefahr ausgeschlossen.

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