Aus für die Markgrafenbuchhandlung

Von Michael Weiser

Ein Bayreuther Traditionsgeschäft macht dicht: Rolf Geilenkirchen wird seine Markgrafenbuchhandlung  zum 31. Mai schließen. Grund: die Finanzen. Die Hausbank habe einen Kredit gekündigt, zudem habe die Markgrafenbuchhandlung in manchen Monaten zweistellige Umsatzrückgänge verzeichnet, teilte Geilenkirchen mit.

 
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Der Hausherr hatte beim letzten literarischen Quintett am vergangenen Sonntag Tränen in die Augen. Rolf Geilenkirchen, 77,  sprach von einer "sehr traurigen Tatsache", vor allem für die zehn Mitarbeiter und die Aushilfen. Und dann blickte in die Zukunft: "Jetzt lese ich erstmal Homers "Ilias" und seine "Odyssee", dies sind Werke, in denen man tage- und wochenlang wohnen kann." Vielleicht, so bemerkte er noch, werde er sich auch mit Cervantes und einer Flasche Rotwein in den Hofgarten zurückziehen.

Schrumpfende Umsätze, steigende Kosten

Cervantes und der Kampf gegen die Windmühlen: Man darf annehmen, dass Rolf Geilenkirchen, 77, in den vergangenen Monaten auch sein eigenes Geschäftsmodell immer mehr als Donquichotterie betrachtet hat. Der Kredit, den die Bank auch wochenlangen Verhandlungen zum Trotz zurückforderte, sei nur ein Grund gewesen, ein anderer die allgemein schlechte Lage auf einem immer umkämpften Buchmarkt. Er habe, "trotz der Schließung von Hugendubel vor mehr als eineinhalb Jahren, Monat für Monat teilweise zweistellige Umsatzrückgänge" verzeichnen müssen. "Und dies bei gleichzeitig steigenden Kosten für Miete, Personal und Energie."

Unverwechselbares Profil

Das Aus für die Markgrafenbuchhandlung ist ein Schlag sowohl für die Kultur- als auch für die Geschäftswelt. Wieder ein Fachgeschäft mit einem unverwechselbaren Profil, das aufgibt; außerdem ist es auch noch ein Unternehmen, das die kulturelle Szene Bayreuths bereicherte.

Die Kritikerrunde des Literarischen Quintetts, Buchvorstellungen, diverse Lesemartahons wie zur Zeit "Von der Klassik zur Romantik", dazu Signierstunden mit Stars der Richard-Wagner-Festspiele bereicherten den Kalender der Stadt. "Wir haben die Festspiele zum Anfassen in die Stadt gebracht", sagt Geilenkirchen. Etwa im vergangenen Jahr, als die Fans vor dem Signiertisch von Startenor Klaus Florian Vogt in einer langen Reihe anstanden, die bis ums Hauseck auf die Maximiliansstraße reichte. Lesungen und Vorträge wie die des Geschichtsautors Hannes Heer füllten den Raum im ersten Stock trotz sommerlicher Hitze. "Wir sind doch nicht nur eine Bücherverkaufsstelle", sagt Geilenkirchen. Dass er nun aufgeben muss, reisst eine Lücke in die Szene, das weiß er. "Kultur - das Wort wird hier in Bayreuth ein bisschen missbraucht."

Einladung von Uschi Obermeier

Schalke-Fan Rolf Geilenkirchen hat seinen Beruf von der Pike auf gelernt. Seine Lehre in Bochum begann er 1960, "ich arbeitete in den folgenden Jahren in einigen der besten Buchhandlungen". Eine Erinnerung an jene Zeit: "als ich Martin Heidegger in den Mantel helfen durfte". Er studierte Jura in Berlin, arbeitete in München, als der Kommunarde Rainer Langhans und die kesse Uschi Obermeier die Bürger schreckten. "Es war eine tolle Zeit", sagt Geilenkirchen heute. "Die haben mich auch zu ihren Partys eingeladen." Hingegangen ist er nicht, sagt er - Bammel vor den Drogen dort.

Schlechte Zeiten für Buchhandel

1980 kam Geilenkirchen nach Bayreuth, als Gondrom einen wissenschaftlichen Buchhändler suchte.  Im November 1998 begann er mit seiner Buchhandlung am Sternplatz. Zuvor hatte sich ein Bekleidungsgeschäft an diesem Standort befunden. 

"Buchhändler, das war mein Traumberuf", sagt Geilenkirchen. Jetzt aber sei die Zeit für den Abschied von den Büchern gekommen. "Im Augenblick gebe ich dem Buchhandel keine Chance", sagt er. 500 Kunden mehr im Monat hätte er benötigt. Nun kommt also das Aus, am 31. Mai ab 17 Uhr wollen sich Geilenkirchen und seine Mitarbeiter mit einer szenischen Lesung von ihren Kunden verabschieden. Der Abschied gilt für das Ladengeschäft. Den Kiosk am Festspielhaus könne er möglicherweise weiterführen, sagt Geilenkirchen, "wir verhandeln noch". Und wie Kompagnon Tim Decker in einem Brief an die Rechnungskunden mitteilte: "Das Rechnungskunden und Versandgeschäft wird weitergeführt."

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