Wie die Steuerfahnder dem Arzt auf die Spur kamen Auf der Spur des Kinderwunscharztes

Von Frank Schmälzle
Am zweiten Tag des Prozesses gegen einen 57-jährigen Arzt geht es um die Fahndungsergebnisse der Steuerfahnder. Foto: dpa Foto: red

Tag Zwei in dem Verfahren gegen einen Bayreuther Kinderwunscharzt, der sich vor dem Landgericht Hof wegen Verstößen gegen das Embryonenschutzgesetz und Steuerhinterziehung verantworten muss. Ein Steuerfahnder berichtet, wie Behörden und Justiz dem 57-Jährigen auf die Spur kamen.

 
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Am 15. Juni 2014 klingelt beim Bereitschaftsdienst der Bayreuther Steuerfahndung das Telefon. Eine Frau packt aus. Sie sagt, sie sei Mitarbeiterin in der Praxis für ambulante gynäkologische Operationen und künstliche Bedruchtung. Sie sagt, alle Mitarbeiterinnen hätten regelmäßig ihre Krankenversicherungskarten abliefern müssen. Damit der Chef Behandlungen und Operationen abrechnen konnte, die nie stattgefunden haben. In ihrem Fall eine Entfernung der Gebärmutter. Die Frau hatte schon seit Jahren keine Gebärmutter mehr.

Mehr noch erklärt die anonyme Anruferin: Von ihr erfahren die Bayreuther Steuerfahnder, dass ihre Wuppertaler Kollegen die Wohnung des Arztes bereist durchsucht haben. Das Land Nordrhein-Westfalen hatte eine CD mit den Daten von Steuersündern aus der Schweiz gekauft. Der Name des Bayreuther Mediziner stand auf der Liste. Die wirklich brisanten Unterlagen liegen nicht in der Wohnung des Arztes, sagt die Anruferin. Sondern in der Klinik. Fingierte Rechnungen habe es nicht nur bei Mit arbeiterinnen gegeben.

Arzt lässt Pfleger operieren

Der Bayreuther Steuerfahnder klemmt sich dahinter. Findet heraus, wer die anonyme Anruferin ist. Besucht sie, befragt sie. Sie sagt, was sie weiß. Und dass sie vieles auch von einer Kollegin gehört habe. Auch die zweite Mitarbeiterin packt aus. Der Chef habe Bareinnahmen, die in Kassenheften aufgelistet waren, eingesteckt. Und auch die vielen Patienten, die sich eine Schönheitsoperation unterzogen, kassierte der Mediziner persönlich ab. Die Frau spricht auch von Vorgängen, die nichts mit Geld und Steuern zu haben. Dass ein Pfleger und nicht der Arzt selbst Operationen ausführte. Dass er Patientinnen mit Kinderwunsch mehr als die gesetzlich erlaubten drei Eizellen einsetzte. Dass er Patientinnen auch Eizellen anderer Frauen eingesetzt habe. Das ist in Deutschland nicht erlaubt.

Am 8. Januar starten die Bayreuther Steuerfahnder eine groß angelegte Durchsuchungsaktion. Sie stellen das Wohnhaus des Arztes auf den Kopf und auch seine Klinik. Sie stellen die Akten von mehreren tausend Patienten sicher. Und bekommen einen Tipp. In den Wohnungen von zwei Mitarbeiterinnen liegen brisante Akten. In der Wohnung einer Mitarbeiterin finden die Fahnder eine Plastikwanne mit 193 Akten. Durchwegs von ausländischen Patientinnen. Von denen, die der Mediziner persönlich abkassierte. Und in der Wohnung einer anderen Mitarbeiterin finden die Beamten Unterlagen von Konten, die der Arzt bei Banken aus der Schweiz und Liechtenstein hatte. Sie sollte die Unterlagen im Auftrag ihres Chefs kopieren. Und hat dabei eine Kopie für sich selbst mitgemacht.

1,1 Millionen an Steuern hinterzogen

Danach rollen die Fahnder die Finanzen des Arztes komplett auf. Sie stellen fest: Ihre Wuppertaler Kollegen waren davon ausgegangen, dass es sich bei dem Geld in der Schweiz und in Liechtenstein nicht um Schwarzgeld aus der Klinik, sondern um Altvermögen des Arztes handele. Das stimmt so nicht. Und in den Jahren 2008 bis 2014 habe der Arzt insgesamt 1,1 Millionen Euro an Steuern hinterzogen.

Das hat der Bayreuther Arzt am ersten Verhandlungstag bereits gestanden. Und er habe seine Steuerschuld inzwischen beglichen. Auch dass er gegen das Embryonenschzgesetz verstoßen habe, hat der 57-Jährige eingeräumt.

Der Prozess wird fortgesetzt.

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