Auf der Spur der Geister

Von Norbert Heimbeck
Haringke Fugmann ist Beauftragter für geistige und spirituelle Strömungen in der Landeskirche. Er referiert beim evangelischen Bildungswerk über Spuk & Geister. Foto: Norbert Heimbeck Foto: red

Schubladen gehen von alleine auf, Bilder beginnen an der Wand zu rotieren, Bücher springen aus dem Regal, ohne dass sie berührt wurden. Was mancher als Spuk- oder Geistererscheinung belächelt, ist für Haringke Fugmann eine ernste Sache. Im Auftrag der evangelischen Landeskirche erforscht er solche Phänomene.

 
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Magie, Aberglaube und Geister sind auch im 21. Jahrhundert höchst aktuell. Im Jahr 2011 bezifferte die Zeitung Die Welt den Umsatz der Esoterikbranche in Deutschland auf 25 Milliarden Euro im Jahr. Zum Vergleich: Der Brauereienumsatz betrug damals etwa neun Milliarden. Die Landeskirche beobachtet die spirituelle Entwicklung sehr genau: Haringke Fugmann ist Doktor der Theologie und Beauftragter für religiöse und geistige Strömungen. Er hat seinen Dienstsitz in Bayreuth. Ein Kollege Fugmanns arbeitet auf ähnlichem Gebiet in München.

Wohnzimmer-Gurus

Aktuell haben sogenannte Wohnzimmer-Gurus starken Zulauf. Soll heißen „Erleuchtete“ laden zahlende Gäste in ihre Wohnung ein und berichten allerhand Erbauliches. Die Kirche schaut derzeit auch mit Sorge nach Amerika: Im Silicon Valley sei jetzt die zweite Generation von Wissenschaftlern und Unternehmern am Werk, die den Tod mit Mitteln der Technik überwinden wollen.

Vortrag im Gemeindehaus

Mit dem Thema Spuk und Geister beschäftigt sich eine Veranstaltung des evangelischen Bildungswerkes Bayreuth-Bad Berneck am Montagabend. Fugmann wird zusammen mit Brigitte Häusler, Leiterin der Telefonseelsorge, über den Umgang mit rätselhaften Phänomenen berichten. Viele Menschen fragten als Erstes: „Gibt’s so etwas überhaupt?“ sagt Fugmann. „Die viel wichtigere Frage lautet für mich: Wie wirken solche Erlebnisse auf den Menschen, der sie hat?“

Das sagt die Wissenschaft

Der Theologe nähert sich unerklärlichen Phänomen von verschiedenen Seiten. Der wissenschaftliche Erklärungsversuch: Infraschall kann dazu führen, dass Menschen die Gegenwart eines Unsichtbaren spüren. Als Infraschall bezeichnet man Töne, die so tief sind, dass man sie nicht hören, sondern nur körperlich wahrnehmen kann. Solche Töne können durch Luftverwirbelungen entstehen, sie werden durch Orgelpfeifen oder von Sub-Woofern erzeugt. Auch in Aufzugs- oder U-Bahnschächten können sie entstehen.

Das sagt die Psychologie

Der psychologische Deutungsversuch: „Solche ungewöhnlichen Ereignisse werden mehrheitlich von pubertierenden Jugendlichen wahrgenommen“, sagt Fugmann. Häufig wird berichtet, Gegenstände entwickelten eine Art Autonomie, indem sie sich selbsttätig bewegen. Das könnte Rückschlüsse auf die Sehnsucht nach Autonomie der Jugendlichen zulassen.

Spuk-Erlebnisse

Der Beweis für solche Erlebnisse ist schwer zu führen. Wenn man hinschaut, passiert ja nix,“ sagt der Theologe. Schlagzeilenträchtige Spuk-Erscheinungen in der Vergangenheit hätten sich als Inszenierung entpuppt, um Aufmerksamkeit zu erreichen. Für Fugmann sind solche Erscheinungen die „Botschaft eines Menschen. Wenn die gehört wird, hört der Spuk schnell auf.“ Einen weiteren Erklärungsversuch bietet Fugmann noch an: „Ich stelle die Frage nach Realität und nach Wirklichkeit.“ Wenn jemand einen Albtraum hat und danach noch stundenlang verängstigt ist, sei der Traum zwar nicht real, wirke allerdings auf die Psyche des Betroffenen. Auch Spukerlebnisse machten den meisten Menschen Angst – sie wirken, ohne zwangsläufig real sein zu müssen.

Geist - Begeisterung

Was für Spuk-Erlebnisse gilt, gilt auch für die Begegnung mit Geistern. Man kann sie kaum real erklären. Ein Blick in die Etymologie zeigt: Geist steckt in dem Verb begeistern und ist gleichbedeutend mit Erregung oder emotionaler Bewegung. „Das ist eine präzise Beschreibung, denn die erste Reaktion auf einen Geist ist meist Panik oder Angst. Solche Phänomene lassen sich auf Kollektive anwenden: Der Geist des Nationalsozialismus hat damals die Menschen begeistert,“ sagt der Wissenschaftler. Er, Fugmann, verstehe seine Aufgabe darin, Sprachfähigkeit herzustellen, für das, was zwischen Himmel und Erde passiert: „Es gibt eine hohe Hemmschwelle, über solche Erlebnisse zu reden.“

Info: Der Vortrag „Spuk & Geister“ mit Haringke Fugmann und Brigitte Häusler beginnt am Montag, 24. Oktober, um 19.30 Uhr im Seminarraum im Hof des evangelischen Gemeindehauses in der Richard-Wagner-Straße. Eintritt vier Euro.

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