Auch im kommenden Jahr mehr Rente

Von Peter Rauscher
Ein Rentnerpaar sonnt sich: Die Rentenerhöhung wird im kommenden Jahr geringer ausfallen als in diesem Jahr. Foto: Stephan Scheuer/dpa Foto: red

Die Rente wird auch im kommenden Jahr wieder steigen, wenn auch nicht mehr so üppig wie in diesem Jahr.

 
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Die rund 20 Millionen Rentner in Deutschland müssen sich im kommenden Jahr wieder auf eine bescheidenere Erhöhung ihrer Alterseinkünfte einstellen. Axel Reimann, Präsident der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV), geht von einer Anhebung zum 1. Juli 2017 um "1,5 bis zwei Prozent“ aus. Im laufenden Jahr waren die Renten um 4,25 Prozent im Westen und 5,95 Prozent in den neuen Ländern gestiegen.

Der Einmaleffekt: Die kräftige Rentenerhöhung 2016 war nach Einschätzung der Rentenversicherung ein einmaliger Vorgang, der sich auf absehbare Zeit nicht wiederholen dürfte. Zu verdanken war die Erhöhung neben höheren  Löhnen und der steigenden Zahl sozialversicherungspflichtig Beschäftigter einem statistischen Sondereffekt. „Nun haben wir wieder eine normale Anpassung, die nach den Vorausschätzungen der Bundesregierung etwas hinter der Lohnentwicklung zurückbleiben dürfte“, sagte Reimann vor Journalisten in Würzburg. Auch im Rückblick auf die vergangenen zehn Jahre waren  die Rentensteigerungen im Schnitt hinter der Lohnentwicklung zurückgeblieben. Dennoch blieb den Rentner wegen der niedrigen Preissteigerung in diesem Zeitraum ein reales Plus, sagte Annelie Buntenbach, Gewerkschaftsvertreterin im DRV-Bundesvorstand.

Der Rentenbeitragssatz: Die gute Nachricht für die Beitragszahler lautet: Nach jetzigen Berechnungen bleibt der Rentenbeitragssatz bis Ende des Jahres 2021 bei 18,7 Prozent stabil. Das viel diskutierte  Nettorentenniveau von derzeit 48 Prozent sinkt demnach in den kommenden fünf Jahren nur leicht auf 47,8 Prozent.

Das Rentenpolster: Zu verdanken ist diese Stabilität der so genannten „Nachhaltigkeitsreserve“, so wird das Finanzpolster der Rentenversicherung genannt. Es  ist derzeit gut 32 Milliarden Euro dick und soll  bis zum Jahr 2021 ausreichen, um Defizite in der Rentenkasse auszugleichen. Für ihr Milliardenvermögen auf der hohen Kante, das für etwa eineinhalb Monatsausgaben der Rentenversicherung reicht, bekommt sie übrigens kaum noch Zinsen. Im laufenden Jahr bleiben unterm Strich nur noch 30 Millionen Euro Zinsertrag, eine schwarze Null, so Reimann. Für einzelne Anlagen wird sogar schon Strafzins fällig.

Das Defizit: Im laufenden Jahr fließen rund zwei Milliarden Euro weniger in die Rentenkassen als sie ausschütten mussten. Ins Minus rutschten sie zum einen wegen der starken Rentenerhöhung zum 1. Juli, zum anderen wegen des von der großen Koalition beschlossenen Rentenpakets. Allein die Mütterrente schlägt mit sechseinhalb Milliarden Euro Ausgaben im Jahr zu Buche, die abschlagsfreie Rente mit 63 für Versicherte mit 45 Beitragsjahren mit gut zwei Milliarden Euro.  So steigen die Ausgaben deutlich stärker als die Einnahmen, obwohl dank steigender Löhne und Beschäftigung deutlich mehr Beiträge  – gut vier Prozent -in die Rentenkassen kommen.  Wäre die Mütterrente wie von der Rentenversicherung stets gefordert aus Steuermitteln statt aus Beiträgen gezahlt worden, könnte der Rentenbeitragssatz von den jetzt 18,7 Prozent auf 18,2 Prozent sinken.

Der Ausblick: Die Rentenversicherung steht  derzeit  „deutlich besser“ da als noch vor einem Jahr angenommen, sagte DRV-Präsident Reimann. Nach den Prognosen aber wird es in sechs Jahren, wenn das Finanzpolster aufgezehrt ist, immer enger. Von 2021 bis 2030 soll der Rentenbeitragssatz von 18,7 auf 21,8 Prozent steigen und das Rentenniveau gleichzeitig von 47,8 auf  44,5  Prozent sinken. Der Ausblick bis 2045, den das Bundesarbeitsministerium kürzlich veröffentlichte, ist wegen der demografischen Entwicklung bei immer mehr Rentnern  und der abnehmender Zahl von Beitragszahlern noch düsterer. Nur noch 41,7 Prozent Nettorentenniveau bei 23,6 Prozent Rentenbeitrag. Das, so sind sich Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter in der DRV-Selbstverwaltung  mit Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) einig, geht gar nicht. Aber das Rentenniveau zu halten, wie von  Gewerkschaftsseite gefordert, käme  sehr teuer: Rund 40 Milliarden Euro im Jahr, auf den  Rentenbeitrag umgelegt stiege der Beitrag sogar auf  26,9 Prozent. Oder soll  das Renteneintrittsalter von 67 Jahren auf 71 Jahre steigen, wie vom Sachverständigenrat kürzlich vorgeschlagen? Das lehnen Gewerkschaften und SPD strikt ab. Mit Spannung wird erwartet, wo Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) die doppelten Haltelinien für Rentenbeitrag und Rentenniveau ziehen wird. Noch im November will sie das Geheimnis lüften. 

Stichwort: Netto-Rentenniveau

Netto-Rentenniveau ist ein Schlüsselbegriff bei der Diskussion um die Zukunft der Rente. Es ist aber ein  abstrakter Begriff, der nicht etwa  aussagt, wie viel Rente der einzelne im Vergleich zu seinem bisherigen Einkommen erhält. Verglichen wird: Die Rente eines fiktiven Ruheständlers, der in seinem Arbeitsleben 45 Jahre immer genau das Durchschnittseinkommen verdient (2015 nach Abzug von Kranken- und Pflegeversicherung 1162,92 Euro) mit dem durchschnittlichen Nettoentgelt eines Arbeitnehmers nach Abzug der Sozialversicherungsbeiträge, aber vor Steuern  (2015: 2437,67 Euro).

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