Auch die Landwirtschaft wird digital

Von Moritz Kircher

Einsteigen, Zündschlüssel umdrehen und losfahren? Das war einmal in der Landwirtschaft. Ein Traktor von heute ist nicht mehr vergleichbar mit einem Traktor vor 20 Jahren. Moderne Landmaschinen strotzen nur so vor Computertechnik. Ein Landwirt fährt die Maschine nicht mehr, er managt sie eher.

 
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Wenn der Landwirt Matthias Kauper eine seiner Landmaschinen startet, fährt er erst einmal den Bordcomputer hoch, dann startet er den Motor. Das Lenkrad fasst Kauper dann nur noch in Ausnahmefällen an, wenn der Mähdrescher auf dem Acker seine Arbeit verrichtet. Auf wenige Zentimeter genau zieht die Maschine ihre Bahnen. „So genau könnte ich das mit der Hand nicht machen“, sagt Kauper.

Erich Buchbinder arbeitet beim Landmaschinenhändler Lippolt in Weidenberg. Im Jahr 1967 hat er dort seine Lehre gemacht. „Als wir angefangen haben, war an den Traktoren noch nichts dran“, sagt er. Wir, das sind er und Geschäftsführer Wolfgang Hagen. Und nichts dran, damit meint er die Technik. Dass einmal der Computer in den Traktor Einzug halten wird, daran war in den 1960er Jahren nicht zu denken. Hagen sagt: „Die Technik heute verglichen mit der Technik vor 40 Jahren, der Sprung ist der Wahnsinn.“

Die erste Revolution brachte die Satellitensteuerung für die Traktoren und Mähdrescher. Vor 15 Jahren hielten GPS (siehe Glossar unten) und andere Systeme in die Landwirtschaft Einzug, erzählt Matthias Kauper. Damals habe das Navigationsgerät auf einem Monitor nur die Fahrspur angezeigt. Der Fahrer musste noch selbst lenken. Längst ist das überholt. Heute lenkt die Satellitensteuerung die Landmaschinen wie von Geisterhand. „Bei den Haupterwerbsbetrieben ist das mittlerweile Standard“, sagt Andreas Rödel von Nicklas-Landtechnik in Wonsees.

Der Mähdrescher ist riesig, vollgestopft mit Technik und teuer

Theoretisch bräuchte man zum Säen, Düngen und Ernten gar keinen Fahrer mehr. „Aber das ist nicht erlaubt“, sagt Rödel. Aus Sicherheitsgründen muss immer ein Mensch im Führerhaus sitzen. Denn die Maschine kann möglicherweise nicht schnell genug reagieren, wenn beispielsweise vor dem meterbreiten Mähwerk ein unerwartetes Hindernis auftaucht. Und trotzdem: „Für den Fahrer ist das eine Riesenerleichterung, wenn er am Tag zehn Stunden auf dem Schlepper sitzt“, sagt Roland Schertel, der als Landmaschinen-Mechaniker bei Lippolt in Weidenberg arbeitet.

Ein Mähdrescher von vor 20 Jahren ist kaum noch vergleichbar mit dem, was heutzutage auf den Äckern unterwegs ist. Rund 30 Hektar Fläche kann Matthias Kauper mit seiner Maschine täglich abernten. Der Mähdrescher ist riesig, vollgestopft mit Technik und teuer. Damit er sich rechnet, muss er laufen. Kauper erntet damit nicht nur seine eigenen Flächen. Dafür würde sich die Maschine nicht lohnen. Für Betriebe in der Umgebung von Thurnau übernimmt er mit seinen Landmaschinen die komplette Bewirtschaftung der Äcker.

Die Landmaschinen speichern Informationen über den Acker

Sein Fuhrpark ist vernetzt. Das Zauberwort heißt Isobus (siehe Glossar unten). Das ist der Name für die digitale Schnittstelle, mit der jede Maschine ausgestattet ist, um das Säen, Düngen, Ernten und Pflügen mit Hilfe von Computern effizienter zu machen.

Der Mähdrescher speichert beispielsweise, welchen Ertrag bestimmte Bereiche eines Ackers gebracht haben. Danach richtet sich, ob beim nächsten Mal mehr oder weniger Dünger ausgebracht wird. Abgesehen davon, dass die Landmaschinen durch ihre schiere Größe immer effizienter werden, wird so also auch durch die Computertechnik der Ertrag gesteigert. Um rund ein Viertel, schätzt Kauper.

Die Digitalisierung in der Ackerwirtschaft ist noch nicht am Ende

Die Digitalisierung auf dem Acker ist nicht am Ende. Im Kommen sind Sensoren, die beim Düngen und Spritzen das Getreide scannen und automatisch messen, ob es der Pflanze gutgeht. Danach richtet der Computer aus, was beim nächsten Mal auf dem Acker ausgebracht werden muss – und was nicht. Denn mit dem passgenauen Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln lasse sich nicht nur Geld sparen, sondern auch die Umwelt in der konventionellen Landwirtschaft möglichst schonen. „Das ist die Zukunft“, sagt Kauper. „Daran arbeiten die Hersteller.“

Glossar

GPS:Die Abkürzung GPS steht für „Global Positioning System“. Es bezeichnet ein Netz von Satelliten, das den Globus umspannt und die Position von Empfängern am Boden berechnet und auf Endgeräten anzeigt. Weil GPS allerdings nicht zentimetergenau arbeitet, kommen für die Navigation in der Landwirtschaft meist mehrere Satellitensysteme kombiniert zum Einsatz.

Isobus: Der Begriff bezeichnet eine digitale Schnittstelle, die Standard bei modernen Landmaschinen ist. Vereinfacht gesagt ist Isobus der Name der Sprache, in der die Maschinen Daten miteinander austauschen.

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