Kein Platz mehr in Münchner Erstaufnahmeeinrichtung Asyl: Knapp 50 Flüchtlinge in Bayreuth angekommen

Von Frank Schmälzle
Ein medizinischer Check war die erste Station für Flüchtlinge, die gestern in Bayreuth ankamen. Foto: Harbach Foto: red

Es ist eine Zwischenstation auf der langen Reise zum Frieden: Die ersten 24 von knapp 50 Flüchtlingen, die am Sonntag in Bayreuth ankommen, steigen am Nachmittag in die Wilhelm-Busch-Straße aus einem schwarzen Reisebus aus. Langsam, zögerlich. Die Müdigkeit und die Strapazen der Flucht sind ihnen anzusehen. Ob sie in eine karge Fabrikhalle einziehen müssen, ist da noch völlig offen.

 
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Die Flüchtlinge kommen nach Bayreuth, weil die Erstaufnahmeeinrichtung in der Münchner Bayernkaserne aus allen Nähten platzt. Dort ist für sie längst schon kein Platz mehr.

Seit Tagen pendelt Petra Platzgummer-Martin zwischen Bayreuth und München. Die Vizepräsidentin der Regierung von Oberfranken gehört dem Asyl-Krisenstab an, der sich täglich um 10 Uhr morgens im Innenministerium trifft. Und nach Lösungen sucht. Weil es so wie es ist, nicht weitergehen kann. Weil in den Erstaufnahmeeinrichtungen in München und Zirndorf Zustände herrschen, die niemand will. Platzgummer-Martin hat dem Krisenstab mitgeteilt, was Oberfranken jetzt gerade leisten kann.

140 Schlafplätze haben die Mitarbeiter der Regierung von Oberfranken seit dem vergangenen Freitag aus dem Boden gestampft. Gut 50 in der sogenannten bettenführenden Regierungsaufnahmestelle – das etwas bessere der beiden Quartiere. 93 in zwei ehemaligen Fabrikhallen gleich neben der Gemeinschaftsunterkunft an der Wilhelm-Busch-Straße. Dort sind die Wände kahl und abgeschabt. Die Betten sind Stahlgerüste, die Laken aus Papier, die Decken aus grobem Stoff. 93 Menschen könnten hier in zwei Räumen untergebracht werden. Duschen und Toiletten sind im Keller.

„Optimal ist das natürlich nicht“, sagt Gerhard Strömsdörfer, er ist einer der Regierungsmitarbeiter, die die Flüchtlinge in Empfang nehmen. Besser als die übervolle Bayernkaserne in München ist es allerdings schon. Und besser als die Zelte, auf die die Regierung im August in Bayreuth zurückgreifen musste, als die Erstaufnahmeeinrichtungen schon einmal Alarm schlugen.

Ob das Notquartier überhaupt belegt werden muss, weiß am Sonntagnachmittag keiner. Wie viele kommen werden? Es ist nur sicher, dass mindestens noch ein zweiter Bus aus München erwartet wird. Woher die Flüchtlinge kommen? Was sie mitbringen? Wie es ihnen geht? Achselzucken. Muss man abwarten. Abwarten, wie viele Flüchtlinge die näher an München gelegenen Regierungsbezirke Niederbayern und Schwaben an diesem Sonntag aufnehmen.

Die Bezirksregierung ist auf 140 Menschen vorbereitet

Vorbereitet jedenfalls ist die Mannschaft der Regierung von Oberfranken. Vorbereitet auf bis zu 140 Flüchtlinge. Mitarbeiter des Gesundheitsamtes stehen bereit, sie überprüfen den Gesundheitszustand der Flüchtlinge, soweit sich das in der Eile machen lässt. 15 ehrenamtliche Helfer des Roten Kreuzes sind da. Eine erste Liste mit den Namen der Flüchtlinge wird erstellt. Mehr Bürokratie ist an diesem Sonntagnachmittag nicht möglich – und soll auch nicht sein. „Das können wir alles Anfang der Woche machen“, sagt Regierungssprecher Oliver Hempfling. „Jetzt müssen die Menschen erst einmal zur Ruhe kommen.“

Es soll eine Zwischenstation sein. Lange sollen die Flüchtlinge hier in der Enge an der Wilhelm-Busch-Straße nicht bleiben. Und wenn es gut läuft, werden sie das auch nicht müssen. Um die hundert Flüchtlinge kommen jede Woche nach Oberfranken – die allermeisten sehen die Gemeinschaftsunterkunft an der Wilhelm-Busch-Straße gar nicht. Weil die Zusammenarbeit zwischen der Regierung und den Gemeinden klappt.

„Unsere wöchentliche Mail kennt man draußen in den Rathäusern schon“, sagt Gerhard Strömsdörfer. Zwischen acht und zehn Flüchtlinge werden jeder Kommune im Landkreis Woche für Woche zugeteilt. Und die Gemeinden schaffen es, diesen Menschen ein Dach über dem Kopf zu geben. „Das ist eine tolle Leistung“, sagt Strömsdörfer.

Dolores Longaris-Bäumler hofft, dass die Gemeinden möglichst bald auch die knapp 50 Menschen aufnehmen, die am Sonntagnachmittag in Bayreuth angekommen sind. Denn ob es den Flüchtlingen hier tatsächlich viel besser geht als in einer Erstaufnahmeeinrichtung, daran zweifelt die Flüchtlingsberaterin der Caritas. „Eng ist es hier wie dort. Die Privatsphäre fehlt hier wie dort.“ Sie werden in den nächsten Tagen zu ihr und zu ihren Kolleginnen von der Flüchtlingsberatung kommen.

Die Menschen, die hier gerade angekommen sind. Sie werden wissen wollen, wohin sie gebracht werden. Was mit ihnen geschieht. Und Dolores Longaris-Bäumler wird ihnen nur zuhören können, wird keine Antworten haben. „Die Unsicherheit können wir ihnen nicht nehmen.“ Auch wenn die Regierung von Oberfranken die Zusammenarbeit mit der Caritas und der Initiative Bunt statt braun lobt. Und wenn sie sagt: „Ohne deren Hilfe wären wir aufgeschmissen.“ Gerade deshalb wünscht sich Longaris-Bäumler bessere Kommunikation. Dass am Sonntag Flüchtlinge ankommen, hat ihr offiziell niemand gesagt.

Die gute Nachricht kommt dann am Abend: Wenn nicht noch Unvorgesehenes passiert, muss die karge Notunterkunft in den Fabrikhallen nicht belegt werden. Diesmal zumindest nicht.

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