Arztpraxis seit vier Tagen ohne Telefon und Internet - Seit gestern Provisorium Arztpraxis seit Tagen ohne Telefon

Von Katharina Wojczenko
Mit diesem Telefon geht nichts: Hausarzt Sebastian Schmidt telefoniert seit Donnerstag in der Praxis mit einem Prepaid-Handy. Statt die Telefonanlage aufzurüsten, hat sein Anbieter am Montag die Leitung für Telefon, Internet und Fax gekappt. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Hausarzt Sebastian Schmidt ist stinksauer. Seit Montag sind Telefon, Internet und Fax in der Gemeinschaftspraxis in der Bahnhofstraße tot. Die Firma Vodafone schafft es nicht, das Problem zu lösen. Jetzt hat Schmidt improvisiert. "Sonst hätten wir die Praxis schließen müssen."

 
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Eigentlich wollte Sebastian Schmidt schnelleres Internet und einen günstigeren Vertrag für die Praxis, endlich von der ISDN-Leitung auf VDSL aufrüsten, im Wartezimmer einen Hotspot für die Patienten anbieten.

Das Ganze bei seinem langjährigen Anbieter Vodafone. Die Umstellung sollte am Montag sein. Montagfrüh rief ihn seine Sprechstundenhilfe an: Das Telefon sei tot. 

Die Patienten waren sauer

"Vormittags hörten die Patienten es nur tuten, wenn sie anriefen", sagt Schmidt. "Sie waren sauer und dachten, wir gehen nicht ran". Nachmittags sagte eine Stimme dann: Dieser Anschluss ist nicht vergeben.

Wo sonst in die Akutsprechstunde etwa 20 Patienten kommen, erschienen gerade mal zwei. "Die anderen dachten sicher, wir hätten geschlossen."

"Es geht schlimmstenfalls um Leben"

Ohne Telefon, Internet und Fax ist er aufgeschmissen: Die Abrechnung läuft übers Internet. Selbst um Rezepte auszustellen braucht Schmidt das Netz: Denn jede Kasse hat unterschiedliche Rabattverträge. Der Computer checkt automatisch, welches Präparat die Kasse des Patienten bezahlt, bevor Schmidt es aufschreibt.

Doch es geht nicht nur um Geld, sondern "schlimmstenfalls um Leben", sagt Schmidt. Ist ein Laborbefund auffällig, wird er vorab gefaxt, damit der Arzt schnell reagieren kann. Das sonst so veraltete Fax sei in Arztpraxen immer noch sehr wichtig: "Patientendaten darf ich aus Datenschutzgründen nicht per Email schicken."

Immer nur die Hotline

"Sicher zwölf Stunden" hat Schmidt die vergangen Tage im Clinch mit Vodafone und der Suche nach einer Lösung verbracht. "Erst hieß es: Unser Techniker beseitigt die Störung bis Dienstagabend", sagt Schmidt. "Dann hieß es: Wir wissen nicht, wann."

Dabei zahle die Praxis extra mehr für einen Business-Vertrag, damit im Störfall binnen 24 Stunden ein Techniker hilft. Immer nur die Hotline habe er erreicht, "zum Teil waren die Mitarbeiter recht unverschämt". 

Vodafone weist Schuld von sich

Vodafone-Sprecher Volker Petendorf bestätigt die technischen Probleme. Er sagt aber: "Das ist nicht unsere Schuld, sondern die der Telekom." Deren Leitungen nutze Vodafone, weil das Unternehmen keine eigenen besitze. "Wir haben die Leitung zum 24. Oktober bestellt, die Telekom hat uns mitgeteilt: Es läuft."

Auf Schmidts Widerspruch am Montagabend habe Vodafone die Sache geprüft. "Auf unserer Seite ist alles in Ordnung", sagt Petendorf. "Entweder hat die Telekom keine Leitung geliefert oder sie ist defekt."

Nur die Telekom darf ran

Dienstagmorgen habe Vodafone deshalb einen Expresstechniker von der Telekom bestellt. "Wir dürfen nicht selbst Hand anlegen." Freitagfrüh werde wieder ein Techniker am Verteilerkasten arbeiten, habe die Telekom versprochen. Petendorf: "Wir sind mit dem Service der Telekom nicht zufrieden. Dieser ist nicht vorhanden. Es tut uns leid."

Konfrontiert mit diesen Vorwürfen sagt Telekom-Sprecher Markus Jodl: "Zu Kunden von Wettbewerbern können wir uns nicht äußern." Und: "Wir haben ein Vertragsverhältnis mit Vodafone. Wenn Vodafone mit unserer Arbeit unzufrieden ist, dann müssen sie Belege vorlegen."

Arzt hat sich ein Provisorium gebastelt

Schmidt hat jetzt selbst eine Lösung gebastelt. Am Dienstag stellte Vodafone immerhin eine Rufumleitung auf das private Handy einer Arzthelferin her. Am Donnerstag ging Schmidt in den Telekom-Laden, kaufte ein Handy mit Prepaid-Karte und eine LTE-Box, die er per USB-Stick mit der Fritz-Box verband.

Über den mobilen Handy-Hotspot hat die Praxis jetzt wieder Internet. Etwa 300 Euro hat der Arzt investiert. "Wenn ich mich technisch nicht auskennen würde, würde gar nichts laufen."

Seit Donnerstagmittag wieder auf allen Kanälen erreichbar

Seit Donnerstagmittag ist die Praxis auf allen Kanälen wieder auf Umwegen erreichbar. Mit dem Prepaid-Praxishandy können die Mitarbeiter nach draußen telefonieren.

Faxe empfängt Schmidt über sein privates Web.de-Postfach, dessen Server übers geschützte Internet läuft. Rausfaxen geht nicht. "Zum Glück dürfen wir bei den Nachbarn faxen."

Irgendwann soll es eine Entschädigung geben

Den Vertrag mit Vodafone hat Schmidt fristlos gekündigt. Vodafone muss ihm eine Entschädigung zahlen. Sprecher Petendorf kündigt an: "Das Geld holen wir uns von der Telekom zurück."

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