Arsen im Reis: Dem Gift auf der Spur

von Norbert Heimbeck
Die Bayreuther Doktorandinnen Carolin Kerl M.Sc. und Colleen Rafferty (v.l.) untersuchen die Aufnahme von Thioarsenatenin der Acker-Schmalwand (Arabidopsis thaliana). Foto: Christian Wißler/Uni-Pressestelle. Foto: red

Ausgerechnet Reis. Seit Jahren warnen Wissenschaftler davor, dass eines der wichtigsten Grundnahrungsmittel der Welt mit Arsen belastet ist. Bayreuther Wissenschaftler haben jetzt herausgefunden, dass bestimmte Arsenverbindungen bei chemischen Analysen bisher nicht berücksichtigt wurden. Welche Folgen diese Verbindungen für den Menschen haben können, ist noch nicht klar. Beim Kochen lässt sich der Arsengehalt im Reis aber reduzieren.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Britta Planer Friedrich ist Professorin für Umweltgeochemie. Bei Forschungsarbeiten im Yellowstone-Nationalpark in den USA hat sie bislang unbekannte Arsenverbindungen entdeckt, die zunächst als exotisch galten. Doch nicht nur unter den extremen Bedingungen der heißen Quellen im Nationalpark, sondern auch auf gewöhnlichen Reisfeldern können die sogenannten Thioarsenate entstehen.

Ein Grenzwert gilt seit 2016

Thioarsenate sind chemische Verbindungen von Arsen und Schwefel. Bei den bislang üblichen Lebensmittelanalysen ist zwar der Arsengehalt im Reis untersucht worden, und seit 2016 gibt es einen Grenzwert, ab dem belasteter Reis nicht mehr verkauft werden darf. Doch ob und wie sich Thioarsenate auf die Gesundheit des Menschen auswirken, ist noch unklar. Denn Arsen kommt natürlicherweise in vielen Böden vor. Die verschiedenen Erscheinungsformen seien unterschiedlich giftig.

Professor Stephan Clemens ist Pflanzenphysiologe. Er hat einen Weg gefunden, die Auswirkungen der Thioarsenate auf Pflanzen zu analysieren: In dem Bayreuther Labor arbeiten Clemens und einige Doktoranden mit einer Pflanze, die als Acker-Schmalwand bekannt ist. Nicht-Wissenschaftler würden sie als Unkraut bezeichnen, das auf Wiesen in Europa und Asien weit verbreitet ist.

Clemens: "In der biologischen Forschung hat sich diese Pflanze als Modellorganismus bewährt. Über diese Pflanze wissen wir mehr als über alle anderen." Die Ergebnisse seien eindeutig: "Die Pflanze nimmt die Arsen-Schwefel-Verbindungen auf und wird in ihrem Wachstum gebremst. Je mehr Arsen in ihren Organismus gelangt, desto stärker verkümmern die Wurzeln".

„Aufgrund dieser beunruhigenden Erkenntnisse wollen wir in den nächsten Monaten gezielt die Wirkungen von Thioarsenaten auf verschiedene Reissorten untersuchen. Bisher wissen wir noch zu wenig darüber, ob und in welchem Umfang Reispflanzen das schwefelgebundene Arsen aufnehmen und wie gravierend ihr Stoffwechsel dadurch gestört wird.

Kommt das Arsen überhaupt ins Reiskorn?

Vor allem ist unklar, ob Thioarsenate auch bis in die Reiskörner gelangen“, sagt Prof. Clemens. Die Frage sei, welche Auswirkungen die Aufnahme dieser Verbindungen mit der Nahrung über einen langen Zeitraum auf den Menschen habe. Außerdem werde daran gearbeitet, Reissorten zu entwickeln, die weniger Arsen aufnehmen und in ihre Körner transportieren.

„Nicht allein die EU, in der seit 2016 erstmals ein Grenzwert für Arsen in Reis gilt, sondern vor allem auch Länder in Asien und Afrika, die oft einen jährlichen Reiskonsum von weit über 100 Kilogramm pro Kopf haben, sollten die Forschung aufmerksam verfolgen und ihren Verbraucherschutz entsprechend weiterentwickeln. Spuren von Arsen sind auch im Trinkwasser und in weiteren Lebensmitteln enthalten“, sagt Prof. Planer-Friedrich.

Reis vor dem Kochen waschen

Trotz der Entdeckung der Bayreuther Forschergruppe muss niemand auf Speisen mit Reis verzichten. Britta Planer-Friedrich: "Vor dem Kochen sollte man Reis mit viel Wasser waschen." Dabei würden zwar auch Nährstoffe aus den Körnern herausgespült, das sei aber tolerierbar, solange die Folgen der Thioarsenat-Belastung nicht geklärt seien.

Bilder