Archiv: Doch lieber ein Neubau

Von Michael Weiser
Ernüchtert: Mitglieder von Bau- und Kulturausschuss im ehemaligen Städtischen Bauhof. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Wohin soll das Stadtarchiv ziehen? Vielleicht doch besser in einen Neubau als in den alten Bauhof: Bau- und Kulturausschuss beschlossen am Donnerstag, genau diese Möglichkeit zu prüfen. Zuvor hatten die Mitglieder der beiden Ausschüsse den alten Bauhof besichtigt. Fazit der Mehrheit: Marode, teuer, für ein Archiv kaum geeignet. 

 
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Hausbesitzer erleben am eigenen Gemäuer oft die Überraschung der Das-ist-ja-viel-schlimmer-als-befürchtet-Art und eher selten den Bonus der Sorte Wer hätte das gedacht? Beides widerfuhr den Mitgliedern des Kultur- und des Bauaausschusses gestern bei ihrer Besichtigungstour im alten Bauhof. Der Gang durch den östlichen Kopfbau des Bauhof-Riegels war - ernüchternd: Risse in den Wänden, Feuchtigkeit im Keller, ein angeschlagenes Gebäude,  so sehr aus dem Lot geraten, dass auch  kürzlich eingezogene Stützgerüste schon wieder schief stehen.

Im langen Garagenbau zwischen den beiden Kopf-Häusern harrte dagegen eine gute Überraschung der Besucher. FDP-Mann Dieter Schweingel drehte einen Schlüssel im Schloss - und offenbarte eines der gut gehüteten Bayreuther Geheimnisse: den mit dunklem Holz ausgekleideten Saal der Schlaraffia inklusive eines ausgestopften Uhus im Dachgebälk, eines Verlieses, vieler Wappen an den Wänden und Reihen von Zeremonialdegen an der Wand. Gehört hatte man von der Gralsburg dieses Vereins, der sich der Freundschaft, der Kunst und dem Humor verpflichtet sieht. Aber sie schon mal betreten?

Quelle: Youtube

Schlaraffen dürfen hoffen

Die Hoffungen von Dieter Schweingel und seinen Mitschlaraffen, in ihrem Reich bleiben zu können, haben seit gestern kräftig Aufwind. Das Stadtarchiv muss weiterhin dringend und so schnell wie möglich aus seinen dunklen und engen Räumen nahe dem Mühltürlein ausziehen, schon aus Gründen des Brandschutzes. Daran hat sich nichts geändert. Dafür offenbar an der Meinung einiger Stadträte über den alten Bauhof: Dass der alte Riegel zu vernünftigen Kosten in ein Archiv auf dem Stand der Zeit verwandelt werden kann, glaubt nur eine Minderheit.

Schwere Schäden im Kopfbau

Noch schwerer als erwartet waren die Schäden im östlichen Kopfbau, zu groß scheinen die praktischen Hindernisse eines Umbaus in ein Archiv. Gut zwei Drittel von Kultur- und von Bauausschuss stimmten bei der gemeinsamen Sitzung am Donnerstag gegen den Vorschlag der Verwaltung. Der Plan von Baureferent Hans-Dieter Striedl sieht die Sanierung und dem Umbau des Bauhofs vor, gegebenenfalls mit Abriss und Neubau des östlichen Abschlusses.

Der Abstimmung ging eine engagierte Diskussion voraus. "Wir haben bereits so viel Zeit verloren", rief Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe fast schon beschwörend in die Sitzung - weil's eben pressiert, sowohl wegen der desolaten Situation des Archivs auch wegen des noch schlimmeren Zustands des alten Bauhofs. Die Grünen machten sich für eine Sanierung des Riegels stark. "Wir haben zu viel Altes zerstört", sagte Fraktionschefin Sabine Steininger. Für einen behutsamen Umgang mit alter Bausubstanz und einen Umzug des Archivs an die Badstraße sprach sich auch Stephan Müller, Fraktionschef der Bayreuther Gemeinschaft (BG) aus: "Sanieren müssen wir ihn ohnehin, und wir sollten ihn adäquat nutzen."

Bloß keine Wollmilchsau

Für einen Archivneubau hatten sich in einem überfraktionellen Antrag zuvor CSU, SPD, FDP und Junges Bayreuth stark gemacht. Das vorgeschlagene "Haus im Haus", ein Neubau in den Mauern  des langen Mittelstücks, der die schweren Rollregale aufnehmen sollte, sei die "teuerste Lösung", doch mitnichten praktisch, sagte Elisabeth Zagel von der SPD. "Ein Neubau ist die richtige Lösung, nicht der Versuch, eine eierlegende Wollmilchsau herzustellen", sagte Thomas Hacker von der FDP.

Rüffel für Parzen

Wer mit Stefan Specht von der CSU von einem "Konsens in weiten Teilen" ausging, durfte doch von der Hitze der Diskussion überrascht sein. Christoph Rabenstein (SPD) bezeichnete Vergleiche mit der Denkmalwürdigkeit der Stadthalle als "geradezu lächerlich", Helmut Parzen (CSU) handelte sich diverse Rüffel ein, als er von "irgendwelchen Vorschlägen" des Baureferates sprach. "Meine Mitarbeiter sind keine Lego-Bastler", sagte Striedl. Am Ende votierten zwei Drittel der Ausschussmitglieder dafür, das Projekt eines Neubaus zu prüfen - und Fachleute wie Margit Ksoll-Marcon, Generaldirektorin der staatlichen Archive Bayerns, hinzuzuziehen. 

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