Karin Schulz von der Psychosozialen Krebsberatungsstelle in Bayreuth spricht von ähnlichen Erfahrungen. Hier gehe es um Sparmaßnahmen. Sie kennt nach eigenen Angaben mindestens ein Dutzend entsprechender Fälle in einem Zeitraum von einem Jahr. Krebskranke Patienten würden von der Krankenkasse angerufen und aufgefordert, wieder zu arbeiten. „Auch wenn sie in Therapien sind“, sagt Schulz. Viele Klienten fühlten sich durch dieses Vorgehen verunsichert. Im vergangenen Jahr habe der Druck auf die schwer kranken Patienten zugenommen, weiß Schulz. Um welche Krankenkasse es sich konkret handelt, wollte sie nicht sagen. „Es gibt Krankenkassen, da höre ich nichts davon“, meinte sie.
Auch die Unabhängige Patientenberatung Deutschland hatte Anfang Juli 2014 in Berlin beklagt, dass schwer kranken Menschen ungerechtfertigt das Krankengeld verweigert wird (wir berichteten). Der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Karl-Josef Laumann, forderte die Krankenkassen auf, sich an die Gesetze zu halten.
Die AOK in Bayreuth räumt auf Anfrage ein, bei der Zwei-Wochen-Frist einen Fehler gemacht zu haben. „Die Versicherten werden nicht unter Druck gesetzt“, widerspricht Rudolf Hartmann den Vorwürfen. Er ist bei der AOK Direktion Bayreuth-Kulmbach für die Koordination der Krankengeldzahlungen zuständig. „Das tut mir leid“, sagt Hartmann zum Verlauf des Falles Kunert. Der Sachbearbeiter hätte im ersten Schreiben die Frist besser erklären müssen. Die beiden Fehler seien „sofort revidiert“ worden. Die Vorwürfe nennt Hartmann unverständlich: Schließlich habe die Direktion Bayreuth-Kulmbach vor kurzem bei einer bayernweiten Kundenbefragung bei der Zufriedenheit den vierten Platz belegt.
Das Bayerische Gesundheitsministerium will sich aus Datenschutzgründen zu dem konkreten Fall nicht äußern. Bei Krankengeldzahlungen komme es auch in Bayern „durchaus zu Konfliktfällen“, die nicht nur die AOK beträfen, sagt eine Sprecherin. Die Krankenkassen seien gesetzlich verpflichtet, die Versicherten über ihre Rechte und Pflichten aufzuklären und zu beraten.