Anschläge auf Christen in Ägypten

Angehörige und Schaulustige stehen am 09.04.2017 in Tanta (Ägypten) vor der koptischen Kirche St. Georg.Foto: Nariman El-Mofty/AP/dpa Foto: red

Eine Woche vor Ostern haben zwei blutige Anschläge auf Kirchen mit mehr als 30 Toten Ägypten erschüttert.

 
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Der schwerste Anschlag ereignete sich beim Gottesdienst am Palmsonntag in der Stadt Tanta im Nildelta als nach Angaben des Staatsfernsehens ein Sprengsatz explodierte. Er sei zuvor in der koptischen Mar Girgis Kirche platziert worden. Mindestens 25 Menschen kamen ums Leben, wie der Sender unter Berufung auf das Gesundheitsministerium berichtete.

Weitere Attacke in Alexandria

Nur wenig später kam es zu einer weiteren Attacke: Nahe der Markuskathedrale in der Hafenstadt Alexandria sprengte den Angaben nach ein Selbstmordattentäter sich selbst in die Luft und riss elf Menschen mit in den Tod, wie die staatliche Zeitung «Al-Ahram» unter Berufung auf das Gesundheitsministerium berichtete. Die Zahl der Verletzten wird in Tanta auf 71 beziffert, in Alexandria auf 66. Die Terrormiliz IS hat inzwischen die Anschlage für sich reklamiert.

Damit hat es in vier Monaten bereits drei tödliche Bombenanschläge auf Kirchen in Ägypten gegeben. Im Dezember hatte eine Bombe in einer Kirche in Kairo fast 30 Menschen in den Tod gerissen. Dazu bekannte sich später die Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Im Februar lösten Morde an sieben Kopten eine Massenflucht christlicher Familien aus dem Nordsinai aus. Die IS-Miliz hatte zuvor in einer Videobotschaft allen ägyptischen Christen den Krieg erklärt und sie als ihre «Lieblingsopfer» verhöhnt.

"Verbrechen gegen alle Ägypter"

Der Groß-Imam der Al-Azhar-Moschee, Ahmed Mohammed al-Tayyeb, verurteilte den «feigen» Anschlag auf die «unschuldigen Seelen» beim Gottesdienst. Der Leiter der wichtigsten sunnitisch-islamischen Institution des Landes erklärte zugleich, dieser Terrorangriff sei ein Verbrechen gegen alle Ägypter. Präsident Abdel Fattah al-Sisi telefonierte laut Staatsfernsehen mit Koptenpapst Tawadros II. und drückte ihm sein Beileid aus.

Der Sprecher des ägyptischen Außenministeriums erklärte über den Kurznachrichtendienst Twitter: «Auch wenn wir um den tragischen und herzzerreißenden Verlust ägyptischen Lebens trauern, es bleibt ein gescheiterter Anschlag auf unsere Einheit.»

Bundesregierung entsetzt

Die Bundesregierung reagierte entsetzt. «Wir trauern mit den Menschen in Ägypten, mit den Angehörigen der Opfer, wir bangen mit den Verletzten», erklärte Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) in Berlin: «Die Hintergründe des Anschlags müssen jetzt aufgeklärt, die Täter zur Rechenschaft gezogen werden. Das Kalkül der Täter, einen Keil in das friedliche Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Glaubensrichtungen zu treiben, darf nicht aufgehen.» Im März hatte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bei ihrer Ägyptenreise mit dem Koptenpapst Tawadros II. getroffen.

Papst reist nach Kairo

Ende April wird Papst Franziskus in Kairo erwartet. Er bete für die Opfer und die Verletzten, sagte er am Sonntag beim Angelusgebet auf dem römischen Petersplatz. Der koptischen Kirche, ihrem Oberhaupt und der gesamten ägyptischen Bevölkerung drückte er seine Anteilnahme aus. «Möge der Herr das Herz der Menschen, die Terror, Gewalt und Tod säen, bekehren und auch das Herz derer, die Waffenhandel betreiben.»

Die meisten Ägypter sind sunnitische Muslime. Christen stellen in dem nordafrikanischen Land mit rund neun Millionen Gläubigen zehn Prozent der Bevölkerung - fast alle sind Kopten.

Zu den schwersten Angriffen auf die Minderheit gehören auch der Bombenanschlag auf eine Kirche in der Neujahrsnacht 2011 in Alexandria mit rund 20 Toten und zehn Monate später Ausschreitungen zwischen Kopten und Muslimen in Kairo mit 26 Toten. Nach dem Sturz des demokratisch gewählten islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi im Sommer 2013, ließen zahlreiche seiner Anhänger ihre Wut an christlichen Einrichtungen aus - viele Schulen, Krankenhäuser und Kirchen brannten.

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