Der Weg zum Traumziel Olympia: Ein guter Start, ein Missgeschick und ein Kraftakt Anne Haug: „Ich bin um mein Leben gelaufen“

Die letzten Meter auf dem Weg zu Olympia: Im Endspurt hatte Anne Haug (rechts) die Italienerin Annamaria Mazzetti überholt und damit den siebten Platz erobert. Foto: dpa Foto: red

Eine ungewohnt gute Ausgangsposition nach dem Schwimmen, ein Missgeschick in der Wechselzone und eine Frage des Willens beim Laufen: Wenige Stunden nach der dramatischen Olympia-Qualifikation schilderte Anne Haug das Rennen aus ihrer Sicht.

 
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Was war der entscheidende Faktor für Ihren Erfolg? Das Schwimmen ist ja wohl ganz gut gelaufen?

Anne Haug: Keine Ahnung, was heute im Wasser passiert ist. Ich bin einfach nur geschwommen und hab mich extrem kraftvoll gefühlt. Da ein leichter Wellengang herrschte, habe ich die erste Boje gar nicht gesehen und bin einfach mal den anderen hinterher geschwommen. 250 Meter vor dem Ziel ist dann Andrea Hewitt an mir vorbei geschwommen, und da habe ich mir schon gedacht, dass ich nicht so schlecht liegen würde. In der Wechselzone konnte ich gleich in die erste Gruppe springen. – das ist mir noch nie passiert! Somit kann man einige Körner sparen, da man nicht gezwungen ist, Tempo auf dem Rad zu machen. Das ist die perfekte Ausgangsposition.

Haben Sie auch mal überlegt, Ihre Stärke in dieser Teildisziplin sogar in einen Ausreißversuch zu investieren?

Haug: Nein. Ich habe mich zwar von Runde zu Runde besser gefühlt, aber ich wollte nichts riskieren. Nach meiner langen Verletzung habe ich noch nicht die selbe Fitness für einen Zehnkilometerlauf wie früher. Da fehlen einfach noch viele Kilometer, die ich jetzt bis nächstes Jahr in Ruhe sammeln kann. Obwohl ich im Training auf kurzen Strecken schon wieder Bestzeiten gelaufen bin, fehlt noch etwas Selbstvertrauen für die zehn Kilometer, und die Radstrecke hatte es ja wirklich in sich.

Sie kamen als Letzte der Spitzengruppe aus dem zweiten Wechsel. Gab es da ein kleines Missgeschick?

Haug: Ja, leider. Ich bin an meinem Wechselplatz vorbei gelaufen und musste noch mal zurück. Dann bin ich irgendwie nicht in meine Schuhe gekommen, und alle waren weg. Das ist natürlich richtig schlecht. Daher habe ich nicht versucht, auf biegen und brechen gleich den Anschluss zu schaffen, sondern bin relativ verhalten und konstant gelaufen. Zudem war es extrem heiß und wenn man einmal überdreht, kann sich das ganz schnell rächen.

Vor der letzten Laufrunde lagen Sie mit Jodie Stimpson gleichauf an achter Stelle. Mit welchem Plan sind Sie dann auf den letzten Abschnitt gegangen?

Haug: Um ehrlich zu sein, habe ich in der dritten Runde mal gedacht, dass ich es nicht mehr schaffe. Ich war wirklich am Limit, da ich zuvor alles alleine Laufen musste. Zusammen mit Jodie konnte ich mich wieder etwas fangen, aber der Abstand zu Platz sieben wollte einfach nicht kleiner werden. Etwa einen Kilometer vor dem Ziel habe ich dann einfach alles in die Waagschale geworfen. Ich bin um mein Leben gelaufen und habe einfach keinen destruktiven Gedanken oder Zweifel zugelassen. Der Wille muss stärker sein, als die körperlichen Qualen. Keine Ahnung, wie ich die Ziellinie erreicht habe. Gesehen habe ich außer schwarzer Flecken nichts mehr.

Die Fragen stellte Eberhard Spaeth

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