Angst vor der Abschiebung

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Der Asylantrag des 19-jährigen Flüchtlings Alireza wurde abgelehnt. Nun wartet er auf die Entscheidung des Gerichts. In seinen Bildern drückt er seine Verzweiflung aus. Foto: Ralf Münch Foto: red

Alireza ist verzweifelt, er hat keine Lösung parat. Früher hat er jeden Tag gezeichnet: Porträts, Tierbilder – mit Kohle und Kreide. In seinem Zimmer in der Creußener Unterkunft hängen einige. Andere hat er in einer Mappe, die restlichen sind im Bayreuther Kunstmuseum. Doch jetzt hat er den Kopf nicht mehr frei, kann sich nicht konzentrieren. Sein Asylantrag wurde abgelehnt, jeden Tag wartet er nun auf die Entscheidung des Gerichtes.

 
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Seit 2015 ist der 19-Jährige in Deutschland. Er kam zu Fuß, mit dem Bus und Zug über die Türkei, Griechenland und Ungarn. Seine Eltern sind Afghanen, die vor 28 Jahren in den Iran geflohen sind. Politische und religiöse Gründe. Im Iran sind Alireza, seien beiden Brüder und seine Schwester geboren. „Ich weiß gar nicht, wo meine Heimat ist“, sagt Alireza. Im Februar hatte er vor dem Bayreuther Verwaltungsgericht einen Termin.

Er kann nachts nicht schlafen

Zwei, drei Wochen habe man ihm gesagt, würde es dauern, dann gebe es die Entscheidung, ob er bleiben darf oder abgeschoben wird. „Ich kann nachts nicht mehr schlafen, schaue mehrmals am Tag in den Briefkasten“, erzählt er. Er weiß nicht, was er machen soll, sagt er, wenn auch vom Gericht eine Ablehnung kommen sollte. In den Iran kann er nicht zurück, denn er hat dort keinen Ausweis. Den habe ihm die Polizei dort abgenommen, sagt er. „Die Afghanen haben es im Iran sehr schwer“, sagt er ausweichend. Wenn er ausgewiesen würde, dann nach Afghanistan. „Aber da kenne ich niemanden, habe keine Familie dort“, sagt der 19-Jährige kopfschüttelnd.

Praktikum bei einem Maler

Alireza hat an der Berufsschule Pegnitz seinen Mittelschulabschluss gemacht. Zurzeit besucht er einen Integrationskurs im Beruflichen Fortbildungszentrum. Aber das bringe ihm nicht viel, sagt er. Jede Woche wechselt der Lehrer und es seien andere Flüchtlinge dort, die kaum Deutsch sprechen. Er beherrscht die Sprache inzwischen sehr gut. Momentan macht er bei einem Maler ein Praktikum. Er würde gerne eine Ausbildung zum Maler machen, aber das dürfe er nicht, da sein Asylantrag abgelehnt wurde.

Neue Techniken lernen

Der Jugendliche hat schon im Iran gezeichnet, hat sich das meiste selber beigebracht oder über das Internet gelernt, erzählt er. Am liebsten zeichnete er Comics, Mangas oder Fantasy. Meistens mit Bleistift. Das war günstiger. Er würde gerne mal mit Ölfarben malen, aber das ist zu teuer. Mit 18 kam er in die Creußener Einrichtung, vorher war er in Pegnitz. Seine Betreuerin hat ihm Unterricht im Bayreuther Kunstmuseum vermittelt. Dort erlernt er einmal die Woche mit anderen Flüchtlingen neue Techniken, das richtige Zeichnen. Er hat dort schon ausgestellt und auch im Landratsamt seine Bilder im vergangenen Jahr gezeigt.

Skizzen aus der Heimat

Erst hat er positive Bilder gemalt. Immer wieder tauchen Tiger, Adler und Pferde in seinen Werken auf, als er sie zeigt. „Der Tiger ist immer allein und trotzdem stark“, erklärt Alireza, „der Adler kann hoch fliegen und das Pferd schnell rennen.“ Doch jetzt haben sich seine Motive drastisch geändert, symbolisieren seine Verzweiflung. „Ich habe Skizzen aus der Heimat gemacht“, hatte er am Telefon vor einigen Tagen gesagt. Aber was er dann zeigt, ist etwas anderes. „Es sind Bilder aus Europa und Afghanistan“, sagt er.

Dabei war er selber noch nie dort, kennt es nur von Bildern, aus dem Internet. Zu sehen ist ein Globus mit detailliert eingezeichneten Ländern. Aus der Fläche von Afghanistan tropft Blut. Oder es liegt jemand auf der Guillotine auf der afghanischen Flagge und ein schwarz-rot-goldenes Beil droht hinab zu fallen. Oder da ist eine zweiköpfige Schlange – der eine Kopf frisst die Taliban, der andere den IS.

Er verdrängt Gedanken

Alireza hat seine Eltern seit fast drei Jahren nicht mehr gesehen. Er vermisst sie sehr. Für ihre Flucht fehlte das Geld, sagt er. Kontakt hat er nur zu einem Bruder über Facebook. In Deutschland hat er inzwischen viele Freunde, sagt der Jugendliche, über die Schule, in Creußen selber, über das Klettern und Schwimmen, das er in Bayreuth macht. Aber keiner könne ihm sagen, wie es weitergehen wird, wenn auch vom Gericht ein Negativbescheid kommt. Alireza weiß es auch nicht. Er verdrängt den Gedanken und hofft.


Info:Weder das Landratsamt noch das Jugendamt wollten sich am Mittwoch aus Datenschutzgründen zu dem Fall äußern.

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