Angeklagter taucht vor Prozess unter

Von Manfred Scherer
Foto: Britta Pedersen dpa-Archiv Foto: red

Per Haftbefehl sucht die Justiz einen 26-jährigen Mann, der im Verdacht steht, ein Seriendieb zu sein. Seine Straftatenserie in einem Bayreuther Einkaufsmarkt gipfelte in einer Tat, die die Staatsanwaltschaft als Raub einstuft. Doch kurz vor seinem Prozess tauchte der Mann unter. Dabei weiß man nicht einmal genau, woher er kam.

 
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Der Mann wurde in Israel geboren und hat zwei Namen. Angeklagt war er unter dem Namen, den er angab, als er als Asylbewerber nach Deutschland kam. Welche seiner Staatsangehörigkeiten korrekt ist – die russische oder die israelische – ist offen. Im Sommer 2017 lebte er in einer Ausländerunterkunft in der Himmelkronstraße in Bayreuth. In Sichtweite dieser Unterkunft liegt ein Verbrauchermarkt.

Der Markt wurde zum Tatort. Am 7. Juli 2017 soll der 26-Jährige Lebensmittel und Körperpflegeartikel im Wert von zehn Euro in seine Einkaufstasche gesteckt haben. Als er den Markt ohne zu bezahlen verlassen wollte, wollten Angestellte ihn aufhalten, wie sein Verteidiger Johannes Driendl sagt.

Angestellte mitgeschleift

Eine Angestellte des Marktes packte die Einkaufstasche und wickelte den Haltegriff um ihr Handgelenk. Der Mann schleifte sie mit, ließ die Tasche schließlich los und flüchtete.

Als Bayreuther Polizisten ihn noch am selben Tag stellten, gab er zu, schon seit mindestens zwei Monaten fast täglich in dem Markt gestohlen zu haben.

Zu seinen Gunsten nahm die Staatsanwaltschaft 30 derartige Fälle an und klagte den mutmaßlichen Dieb an. Der Fall kam zum Schöffengericht wegen der Tat vom 7. Juli: Der Diebstahl unter Einsatz körperlicher Gewalt wurde als räuberischer Diebstahl gewertet. Räuberischer Diebstahl kann wie ein Raub bestraft werden.

Es liegt eine Urkunde der Post vor

Doch das Schöffengericht unter Vorsitz von Torsten Meyer konnte dem mutmaßlichen Täter nicht den Prozess machen: Er erschien nicht als Angeklagter, obwohl ihm die Anklage und die Ladung zum Prozess vom Postboten persönlich überbracht worden war. Dem Gericht liegt eine Zustellungsurkunde vor. Verteidiger Johannes Driendl erklärte dem Gericht, er habe versucht, zu seinem Mandanten Kontakt aufzunehmen, der habe sich jedoch nicht gemeldet.

Aufschluss bracht ein Schreiben der Regierung von Oberfranken: Der 26-jährige Asylbewerber habe die Aufnahmeeinrichtung in Bamberg, wo er zuletzt untergebracht gewesen war, unbemerkt verlassen – mit unbekanntem Ziel. Es ist nicht bekannt, ob er nach Russland oder nach Israel zurück ist oder ob er nur untergetaucht ist.

Das Schöffengericht stellte das Verfahren vorläufig ein und stellte gleichzeitig einen Haftbefehl aus: Sollte der Mann wieder in Deutschland aufgegriffen werden, wird die Akte wieder geöffnet.

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