One-Way-Doors und Two-Way-Doors
Noch zwei solcher Wortbilder: One-Way-Doors und Two-Way-Doors. Bei One-Way-Doors handle es sich um Entscheidungen, die sitzen müssen, aus denen man nicht durch eine andere Tür wieder heraus könne. „Die Entscheidung, versandkostenfrei zu liefern, war eine solche. Wenn sie das wieder zurücknehmen, das mag der Kunde nicht“, sagte Kleber. Bei den allermeisten Entscheidungen aber sei das nicht der Fall, dürfe geirrt werden, könne man durch die Tür zurück – oder noch besser: durch eine andere zu einem besseren Resultat kommen. „Ein Experiment, dessen Ausgang Sie kennen, ist kein Experiment“, sagte Kleber, und: „Nur mit diesem Prinzip ist unser Innovationstempo überhaupt möglich.“
Digitalisierung erst am Anfang
Der sprachgesteuerte Assistent Alexa, die Lieferung innerhalb einer Stunde und der Laden ohne Kasse seien nur einige Beispiele für Neuentwicklungen, die aus so einer Idee entstanden seien. Und sie seien Beispiele dafür, „dass wir erst am Anfang der Digitalisierung stehen. Die Möglichkeiten werden sich rasant vervielfältigen.“
Leicht genervt
Die anschließenden Fragen aus dem Publikum beantwortete Kleber zwar routiniert, aber durchaus auch leicht genervt. Als ein Student wissen wollte, was er denn zu den Arbeitskämpfen bei Amazon Deutschland sage und es dafür Beifall gab, sagte Kleber: „Ich weiß nicht, warum Sie da applaudieren. In unseren Versandlagern herrschen gute Arbeitsbedingungen, es wird ordentlich bezahlt und es gibt Betriebsräte.“ Der Fragesteller könne jederzeit einen Standort seiner Wahl besuchen. Der nahm die Einladung dankend an.
Steuermöglichkeiten werden genutzt
Die nächste Frage zielte auf das Thema Steuervermeidung, was Kleber schon mit einem „Warum sind Sie so depressiv?“ konterte, ehe er sagte, man müsse differenzieren. Amazon führe ab, was anfällt. Es sei aber klar, dass große Konzerne auf dem Gebiet Möglichkeiten hätten, die sie auch nutzen. Allerdings habe sein Unternehmen in den zurückliegenden Jahren auch zehn Milliarden Euro in den Standort Deutschland investiert und 16.000 Jobs geschaffen. „Man kann das also nicht nur an den Steuern messen.“
Dass Schuhunternehmer Heinrich Otto Deichmann am ersten Tag sinngemäß gesagt hatte, er habe sich gegen einen Vertrieb über Amazon entschieden, weil es sich um eine Datenkrake handle, kommentierte Kleber trocken so: „Das ist die freie unternehmerische Entscheidung von Herrn Deichmann.“
Nach dem Kongress ist vor dem Kongress
Jetzt muss ich mich erst mal setzen.“ Viele Stunden war Carmen Schreyer seit Beginn des Ökonomiekongresses auf den Beinen. Jetzt, nach dem Schlussvortrag von Amazon-Deutschlandchef Ralf Kleber, fällt der Druck von der Organisationschefin ab.„Und ein dicker Stein vom Herzen“, sagt sie.
Weil nichts wirklich schief gegangen ist. Dass Streetscooter-Chef Achim Kampker aus gesundheitlichen Gründen kurzfristig absagen musste, wurde aufgefangen.
Ansonsten ist Schreyer „sehr stolz“ auf ihr Team aus gut 100 Studierenden, die wochen- und monatelang am Gelingen des Kongresses gearbeitet haben. Der übrigens einen sechsstelligen Betrag kostet, der neben den Eintrittsgeldern vor allem von Sponsoren aufgebracht wird.
Und jetzt? „Nach dem Kongress ist vor dem Kongress“, sagt Schreyer. Eine echte Pause gebe es eigentlich nicht. Das Organisationsteam ändere sich zum Großteil. Und spätestens Anfang Oktober beginne die heiße Phase für den nächsten Ökonomiekongress – dann in der elfte Auflage.