Alle Waffenbesitzer durchleuchten?

Von Martin Ferber
"Reichsbürger" müssen entwaffnet werden, fordert die SPD. Foto: Jens Büttner/dpa Foto: red

Sollten alle rund eine Million Waffenbesitzer in Deutschland durchleuchtet werden, ob eventuell sogenannte "Reichsbürger" darunter sind? Eine entsprechende Forderung der SPD lehnt die Union ab - warum?

 
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Zwar seien sich alle Innenminister einig, „dass Extremisten keine Waffen haben sollten“, gleichwohl wolle man keine „Kriminalisierung und Diffamierung“ aller Sportschützen und Jäger, sagte der Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern, Lorenz Caffier (CDU), zum Abschluss der Konferenz.

Bei der Konferenz der Innenminister des Bundes und der Länder in dieser Woche in Saarbrücken gab es wegen des Vetos der Union keinen Beschluss. Innenminister Thomas de Maizière (CDU) wurde lediglich aufgefordert, in einem Gespräch mit der Unionsfraktion im Bundestag das weitere Vorgehen auszuloten.

Kramme: Ehrliche Waffennutzer haben  keine Benachteiligung zu befürchten

Die Bayreuther SPD-Bundestagsabgeordnete und Sozial-Staatssekretärin Anette Kramme sagt dem Kurier: „Die allermeisten Jäger und Sportschützen gehen höchst verantwortungsvoll mit ihren Waffen um. Ich kann aber auch die Forderung nach einer Vorabüberprüfung von Waffenschein-Antragsstellern durch den Verfassungsschutz nachvollziehen. Es muss sichergestellt sein, dass Extremisten, egal aus welchem „Lager“, nicht legal an Waffen gelangen können."

Kramme fährt fort: "Und Erkenntnisse über extremistische Einstellungen hat eben nur der Verfassungsschutz. Der Antragsteller bekäme von solch einer Vorabprüfung nichts mit und diese ist für ihn auch nicht mit Kosten und Mühen verbunden. Ehrliche und verantwortungsvolle Waffennutzer haben somit auch keine Benachteiligung zu befürchten, so dass die Sorgen der Unionsfraktionen somit meiner Meinung nach ins Leere gehen.“

SPD-Innenexpertin Gabriele Fograscher (Donau-Ries) sagte gegenüber unserer Zeitung, die Regelanfrage bei Bundeskriminalamt (BKA) und Verfassungsschutz sei „notwendig, weil Extremisten nicht in den Besitz von Waffen kommen dürfen“. Von einer Kriminalisierung könne keine Rede sein. „Es muss doch im Interesse der gesetzestreuen Sportschützen und Jäger sein, dass die schwarzen Schafe enttarnt werden.“

Rheinland-Pfalz stellt bereits Regelanfrage

Das Thema ist nicht neu. Das Land Rheinland-Pfalz stellt bereits seit längerem bei jedem Antrag auf Ausstellung eines Waffenscheines eine Regelanfrage beim Landeskriminalamt und beim Landesamt für Verfassungsschutz und fordert eine bundeseinheitliche Regelung.

Der Bundesrat sprach sich auf Initiative des schwarz-grün regierten Hessen bereits im Sommer dafür aus, doch der Bundestag befasste sich mit dem Thema bislang nicht.

Der „Reichsbürger“ in Georgensgmünd hatte 30 Waffen

Als vor rund sechs Wochen ein sogenannter „Reichsbürger“ im mittelfränkischen Georgensgmünd einen Polizisten erschoss, flammte die Debatte erneut auf. Denn der Mann war im Besitz von 30 Waffen.

Allein in Bayern gibt es nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden rund 1700 Anhänger der „Reichsbürger“-Szene, etwa 340 von ihnen besitzen entweder scharfe Waffen oder Schreckschusswaffen.

In Baden-Württemberg gibt es rund 650 „Reichsbürger“, eine „niedrige zweistellige Zahl“ sei bewaffnet. Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) nannte diese Zahlen ein „Alarmsignal“, Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) forderte als Konsequenz eine konsequente Entwaffnung der Szene – durch eine Regelanfrage bei BKA und Verfassungsschutzämter sollten die Extremisten ausgesiebt werden.

Das allerdings geht der Union zu weit. Eine Regelanfrage für alle Waffenhalter sei „überzogen“, es reiche, wenn die Sicherheitsbehörden gezielt nach „Reichsbürgern“ suchen, sagt der Innenexperte der Unionsfraktion, Stephan Mayer (CSU).

Erste Länder praktizieren dies bereits. So erließ der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD) Mitte November einen Erlass, wonach als „Reichsbürger“ identifizierte Besitzer einer Waffe pauschal als „waffenrechtlich unzuverlässig“ angesehen werden sollen.

Damit kann ihnen nach dem geltenden Waffenrecht der Besitz der Waffe entzogen werden. „Wenn Reichsbürger unumwunden erklären, dass die deutschen Gesetze für sie nicht gelten, können wir ihnen auch nicht erlauben, mit Waffen umzugehen.“

Ein anderes Problem ist allerdings, dass die Behörden nicht wissen, wie viele Waffen die einzelnen Personen besitzen. Zwar gibt es seit 2013 ein nationales Waffenregister, aber es erfasst nur die legal erworbenen Waffen. Ob sich auch unrechtmäßige Waffen im Besitz der „Reichsbürger“ befinden, ist den Behörden nicht bekannt.