AKW: Reaktivierung nicht ausgeschlossen

Sind Atomkraftgegnern auch nach der Abschaltung ein Dorn im Auge: Die Meiler des AKW Grafenrheinfeld. Foto: Nicolas Armer/dpa Foto: red

Der Meiler Grafenrheinfeld ist abgeschaltet. Für die Kritiker ist das Thema damit aber noch nicht beendet - zumal sich der Betreiber eine brisante Option offenhält.

 
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Streit will das Umweltministerium vermeiden. «Wir brauchen nicht im Kampfmodus zu sein», betont Hans Heierth von der Abteilung für Kernenergie. Schließlich gehe es doch um den Abbau des Kernkraftwerks Grafenrheinfeld, nicht etwa um einen Neubau. Heierth moderiert die Debatte zwischen der Betreiberfirma und jenen, die deren Pläne kritisieren - doch einfach ist das nicht. Der Bund Naturschutz erwägt eine Klage.

«Ganz ohne Kampfmodus wird es nicht gehen», sagt ein Anwalt, der mehrere Kommunen und Privatleute vertritt, über die Pläne von PreussenElektra. Der Betreiber des Meilers im unterfränkischen Grafenrheinfeld zwischen Würzburg und Bad Kissingen hat einen Antrag beim bayerischen Umweltministerium gestellt, um das abgeschaltete AKW stillzulegen und zurückzubauen. Das Ministerium muss die Genehmigung dafür erteilen - und dabei auch die 300 Einwände von Verbänden, Kommunen und einzelnen Bürgern berücksichtigen.

Bund Naturschutz sieht Sicherheitslücke

Einer der prominentesten Kritiker ist der Bund Naturschutz (BUND). Der Verband sieht, ganz abgesehen von der ungeklärten Frage der Endlagerung des radioaktiven Materials, eine Sicherheitslücke im Plan des Betreibers. Im atomaren Zwischenlager von Grafenrheinfeld müsse es auch in Zukunft die Möglichkeit geben, hoch radioaktiven Atommüll aus potenziell schadhaften Castoren sicher umzulagern. Derzeit gibt es dafür eine Einrichtung - sie soll aber abgebaut werden. «Sollte die Genehmigung so erteilt werden, müssen wir einfach klagen», droht BUND-Landesgeschäftsführer Peter Rottner.

Das Zwischenlager ist zunächst bis 2046 genehmigt, hätte nach einem Abriss des Reaktorgebäudes aber von 2027 an keine geeignete Reparaturstätte mehr, argumentiert auch der Landkreis Schweinfurt.

PreussenElektra - unter diesem Namen arbeitet der Energiekonzern Eon den Rückbau des Meilers ab - will das AKW direkt abbauen, also demontieren. Den Naturschützern wäre eine Stilllegung mit Abklingphase, ein sogenannter sicherer Einschluss, lieber. Den aber habe man gar nicht eingehend geprüft, räumt der Delegationsleiter des Unternehmens, Christian Müller-Dehn, ein.

Klage der Energiekonzerne vor dem Verfassungsgericht noch offen

Der Rückbau, sagt SPD-Mann Florian Töpper, sollte allein von Sicherheitsinteressen geleitet sein, nicht von unternehmerischen Motiven. Der Schweinfurter Landrat lobt Heierth für seinen Appell zum Verzicht auf den Kampfmodus. Er aber ist es auch, der bei der Erörterung immer wieder eingreift und die Vertreter von PreussenElektra und des Ministeriums zu klaren Aussagen aufruft.

Denn ohne Kampfmodus, das wird klar, geht es nur, wenn alle für den Ausstieg aus der Atomkraft arbeiten. Das aber bezweifeln die Kritiker. Denn der Antrag auf den AKW-Abbau soll nach dem Willen des Betreibers nur für den Fall gelten, dass die Energiekonzerne vor dem Bundesverfassungsgericht mit ihrer Klage gegen den Entzug ihrer Betriebsberechtigung verlieren. Töpper bohrt nach: Ist es für PreussenElektra eine realistische Perspektive, das Kraftwerk wieder anzufahren, falls die Energiekonzerne in dem Verfahren gewinnen?

Man werde die Entscheidung des Gerichts abwarten, antwortet Müller-Dehn - mehr als fünf Jahre nach dem Atomausstieg-Beschluss der Bundesregierung. Erst dann wolle man selbst entscheiden. «Pfui», schallt es da aus dem Saal, wo rund 80 Kritiker sitzen. Dabei ist klar, dass das Unternehmen so argumentieren muss, will es vor dem Bundesverfassungsgericht glaubwürdig auftreten.

Atommüll soll in Grafenrheinfeld bleiben

Seit dem 27. Juni 2015 ist Grafenrheinfeld vom Netz, 40 Jahre nach Baubeginn des Meilers. «Unsere Priorität gilt zu jeder Zeit der Sicherheit von Mensch und Natur», steht auf der Webseite von PreussenElektra. Im Fall von Grafenrheinfeld sehen die Kritiker da jedenfalls noch Mängel - genau wie bei der Parole von der «grünen Wiese» des Umweltministeriums, das die Pläne genehmigen muss.

Denn der Großteil des radioaktiven Inventars soll als hochradioaktive Abfälle im Zwischenlager in Grafenrheinfeld bleiben. Der Bund Naturschutz sieht dort aber keinen ausreichenden Schutz des Materials, zum Beispiel gegen Flugzeugabstürze oder Terror. «Grüne Wiese hieße in meinen Augen, dass der Landkreis radiologisch frei ist», sagt Edo Günther, Sprecher des BUND-Arbeitskreises Atomenergie und Strahlenschutz. «Und das werden wir alle hier nicht mehr erleben.»

dpa

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