Aktionäre rügen "System Greiffenberger"

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Stefan Greiffenberger wechselt in den Aufsichtsrat. Foto: Roland Töpfer Foto: red

In der Hauptversammlung der Greiffenberger AG in Marktredwitz haben Anteilseigner ihrem Unmut teils freien Lauf gelassen. Die Führungsspitze musste sich „komplettes Versagen“ vorwerfen lassen.

 
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Manches Aufsichtsratsmitglied guckt betreten zu Boden, auch Allein-Vorstand Marco Freiherr von Maltzan sieht alles andere als glücklich aus. Die Worte von Professor Burkhard Götz sind spitz wie Pfeile, sie treffen die Greiffenberger-Führung bis ins Mark. „Der Vorstand hat komplett versagt und füllt sich auch noch die Taschen“, poltert Götz, der die Greiffenberger AG einst als solides Aktien-Investment einstufte. Nun ist er tief enttäuscht angesichts der rasanten Talfahrt des Unternehmens, das aus den Teilkonzernen ABM Antriebstechnik (Marktredwitz), Eberle (Metallbandsägeblätter und Präzisionsbandstahl, Augsburg) und BKP (Kanalsanierungs-Technologie, Velten bei Berlin) besteht.

Viel Applaus für den Kritiker

Das geht offenbar vielen Aktionären so, denn für seine Brandrede in der Hauptversammlung der Greiffenberger AG in Marktredwitz erntet der Wirtschafts-Professor aus Fürth viel Applaus. Einer bedankt sich ausdrücklich für diesen Mut zur Kritik. Sein Ziel – die Nichtentlastung von Vorstand und Aufsichtsrat – erreicht Götz aber nicht. Das geben schon die Stimmrechtsverhältnisse nicht her, denn die Holding der Greiffenberger-Familie hält mehr als die Hälfte der Anteile an dem Unternehmen.

Aktie für wenig mehr als einen Euro

Der Greiffenberger-Konzern ist in eine schwere Krise geraten. Im vergangenen Jahr wurde bei ABM in Marktredwitz eine Wertberichtigung in Höhe von 14,5 Millionen Euro vorgenommen. Der Gesamtkonzern meldete für 2015 einen Verlust von 25,7 Millionen Euro. Nur noch etwas mehr als einen Euro ist ein Anteilsschein des Unternehmens wert – die Aktie sei Richtung „Pennystock-Bereich“ abgedriftet, ätzt Götz. Pennystock also. So nennt man äußerst niedrig bewertete Aktien, die häufig bloße Spekulationsobjekte sind.

3750 Euro für einen Tag Arbeit

Der Professor beklagt eine fatale Symbiose von Marco von Maltzan und Stefan Greiffenberger. Götz spricht vom „System Greiffenberger“. Und erklärt, wie es funktioniere: „Da gibt es einen Junior, der schlechte Arbeit leistet und variable Vergütungen bekommt. Und die werden von Herrn Maltzan im Aufsichtsrat abgesegnet.“ Und dann wechsle jener Maltzan in den Vorstand und kassiere selber kräftig ab. Maltzan, der im Oktober 2015 aufgrund einer längeren Erkrankung von Stefan Greiffenberger vom Aufsichtsrat in den Vorstand der Greiffenberger AG delegiert worden war, erhält für seine Arbeit einen Tagessatz von 3750 Euro. Das erfahren die Aktionäre an diesem Tag von Aufsichtsratsmitglied und Versammlungsleiter Dieter Schenk – aber erst, nachdem Götz zwei Mal nachgefragt hat. Als der Kleinaktionär Maltzan fragt, ob er das für angemessen halte, bejaht dieser. Manche im Saal raunen.

Umverteilung von unten nach oben

Götz wirft Maltzan vor, völlig abgehoben zu sein. Stefan Greiffenberger erhielt 2014, als der Konzern unter dem Strich einen Verlust einfuhr, eine Vergütung in Höhe von 426 000 Euro, der variable Anteil betrug 115 000 Euro. Für Götz ist klar: „Hier findet eine Umverteilung von unten nach oben statt.“ Leidtragende seien die Aktionäre, die seit Jahren keine Dividende erhielten und die Mitarbeiter, die um ihre Jobs bangen und auf Teile ihres Gehalts verzichten müssten.

Lob und Tadel für den Unternehmensgründer

Stephan Berninger von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) bezeichnet schon vor der Wahl das Vorhaben, dass Stefan Greiffenberger in den Aufsichtsrat einziehen soll, als „Treppenwitz“. Schließlich habe dieser die Misere des Unternehmen verursacht. Aufgrund der Mehrheitsverhältnisse ist aber auch diese Personalie nur eine Formsache. Stefan Greiffenberger wird Kontrolleur und löst seinen Vater Heinz ab. Dieser hatte bereits vor einigen Monaten angekündigt, nicht mehr für einen Sitz im Aufsichtsrat kandidieren zu wollen. Heinz Greiffenberger, der das Unternehmen gründete und bis zu diesem Tag Aufsichtsratschef ist, erhält Lob und Tadel. Vorstand Maltzan betont dessen unternehmerischen Mut. „Ohne Sie gäbe es das Unternehmen nicht. Sie haben ihm viele Jahre gedient.“ Die Familie Greiffenberger habe sich nie bereichert, sondern mehrfach auf ihre Dividende verzichtet. „ Die Mitarbeiter würden für Sie durchs Feuer gehen“, zeigt sich Maltzan überzeugt.

"Wir sind auf Ignoranz gestoßen"

Aktionärsschützer Berninger würdigt zwar ebenfalls das jahrelange Engagement von Greiffenberger Senior. Allerdings sei der Aufsichtsrat für die Strategie eines Unternehmens verantwortlich. Er, Berninger, habe mehrmals gewarnt, die Greiffenberger AG müsse ihre hohe Verschuldung dringend abbauen. Vergeblich. „Wir sind auf absolute Ignoranz gestoßen“, klagt Berninger. Der geplante Verkauf von ABM in Marktredwitz an die Senata-Gruppe ist ebenfalls ein Thema. Götz befürchtet, der Teilbereich könnte „für lau“ veräußert werden. Statt eines einstelligen Millionenbetrags – der als Verkaufspreis kolportiert wird – hält der Professor eine Summe von 45 Millionen Euro für angemessen.

Maltzan, erwidert, dieser Betrag sei zu hoch angesetzt. Senata übernehme schließlich auch die Kosten für die Entschuldung und die Restrukturierung der kriselnden Sparte, in der – so wurde angekündigt – zirka 120 Stellen gestrichen werden sollen. Der Betriebsrat zeigt sich aber zuversichtlich, dass der Jobabbau geringer ausfällt.

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