Kein Flucht nach Deutschland
Schäfer bezog sich insbesondere auf «den Zustand des Rechtsstaats in der Türkei, aber auch die Vorwürfe, die in diesem Fall gemacht werden, die nach politischer Verfolgung geradezu riechen». Dies habe die deutsche Botschaft bereits am Samstag kurz nach der Festnahme gegenüber der spanischen Regierung klar gemacht.
Akhanli sagte jetzt in Madrid, er habe nun das Gefühl, Deutschland sei der einzige Raum, in dem er in Sicherheit sei. Der spanische Anwalt des Autors, Gonzalo Boyé, sagte der Deutschen Presse-Agentur, eine Flucht über die offenen EU-Grenzen nach Deutschland werde trotz aller Risiken nicht in Erwägung gezogen. «Nein, er ist ein Mann des Rechts und wird hier bleiben. Er hat Gründe, hier zu bleiben und seine Causa zu verteidigen.»
Interpol spricht nicht von politischer Verfolgung
Die türkischen Behörden haben nun nach Angaben der Anwälte des Kölners bis zu 40 Tage Zeit, die Auslieferung förmlich zu beantragen. Schäfer sagte, die Bundesregierung habe volles Vertrauen in die spanische Justiz und werde «nicht nachlassen», die Argumente gegen eine Auslieferung einzubringen. Auch ein Sprecher der EU-Kommission sagte, man habe «volles Vertrauen, dass die spanischen Behörden diesen Fall nach EU-Recht behandeln».
Interpol habe im Fall Akhanli nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, mit einer gesonderten Notiz deutlich zu machen, dass er wahrscheinlich aus politischen Gründen verfolgt werde, so Schäfer. Dies sei wohl auch der Grund für Spanien gewesen, den Fall zu verfolgen und den Schriftsteller festzunehmen.
Linke: Türkei aus Interpol-Konvention ausschließen
Akhanli sucht nun für die Zeit seines Verfahrens noch eine Wohnung in Spanien. Er müsse für die Kosten im Prinzip selber aufkommen, es gebe aber in Spanien bereits Solidaritätsbekundungen, sagte Anwalt Boyé. «Es wird nicht leicht sein. Wir wissen nicht, wie lange sich alles hinziehen wird. Von irgendetwas muss er leben.»
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) schließt eine nochmalige Verschärfung der deutschen Linie gegenüber der Türkei unterdessen nicht aus. «Wir müssen uns immer wieder die Schritte vorbehalten», sagte sie am Sonntagabend im Sender RTL auf eine Frage nach härteren Sanktionen. Der Enthüllungsjournalist Günter Wallraff sagte dem MDR, Innenminister Thomas de Maizière (CDU) müsse herausfinden, wer noch aus Deutschland auf den Interpol-Fahndungslisten stehe. Die Linken-Abgeordnete Sevim Dagdelen forderte: «Die Bundesregierung muss die Initiative ergreifen, die Türkei aus der Interpol-Konvention ausschließen zu lassen.»
dpa