Genossenschaftsmitglieder sind verärgert, sie wussten von nichts Ärger um den Kauf von Schuh-Mücke

Von Tobias Köpplinger
In die Bayreuther Casselmannstraße will Schuh-Mücke 2015 einziehen. Ärger droht jetzt von anderer Seite: Schuhändler ärgern sich, weil die Einkaufsgenossenschaft Schuh-Mücke gekauft hat und so in den Wettbewerb einsteigt. Foto: Wittek Foto: red

Die Bayreuther freuen sich auf einen neuen Schuhladen, aber jetzt droht Ärger:  Die Einkaufsgenossenschaft der Schuhhändler hatte das oberfränkische Unternehmen Schuh-Mücke gekauft. Damit wird die Genossenschaft zum Mitbewerber. Das ärgert die Schuhhändler, sie haben Angst, dass sie mit ihren Mitgliedsbeiträgen ihre eigene Konkurrenz finanzieren.

 
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Die Schuhhändler profitieren von der Genossenschaft. Sie kaufen über die Gruppe ihre Ware bei den Herstellern ein und bekommen günstigere Konditionen als ein Einzelhändler. Außerdem übernimmt die ANWR-Group das Risiko des Zahlungsausfalls. Fast alle Einzelhändler sind Genossen. Niemand kann auf die Vorteile verzichten. Auch die Bayreuther Schuhhändler nicht. Und trotzdem: Sie sind sauer. Einer sagt: „Das ist alles kein Problem, so lange die Genossenschaft bei ihren Leisten bleibt.“ Der Name des Bayreuther Schuhhändlers soll in dieser Geschichte nicht auftauchen. Der Respekt vor der Genossenschaft ist groß.

Das Geschäftsvolumen der Genossenschaft beträgt rund 7,8 Milliarden Euro. Etwa 6000 Händler aus der Schuh-, Sport- und Lederbranche sind an die ANWR-Group angeschlossen. Weil es sich lohnt. Die Mitglieder brauchen beim Einkauf keine Kreditausfallversicherung. Das übernimmt die Genossenschaft. Dafür kennt die Einkaufsgenossenschaft die wirtschaftlichen Basisdaten ihrer Mitglieder. Bilanz, Einkaufskonditionen, Warenwert, Händlernamen. Und hier beginnt das Problem. „Wir sind für die Einkaufsgenossenschaft gläsern“, sagt der Bayreuther Schuhhändler. Die Sorge: Mit dem Kauf von Schuh-Mücke durch die ANWR Group verschwimmt die Grenze. Die Genossenschaft wird vom Einkäufer zum Mitbewerber. Der Bayreuther Händler befürchtet Interessenkonflikte der Gruppe. Mitglieder der Genossenschaft haben sich jetzt zusammen geschlossen, um gegen den Kaufbeschluss Front zu machen.

Die Gruppe nennt sich Initiatorengruppe aoGV. Initiatorengruppe außerordentliche Generalversammlung. Die Gruppe hat Briefe an alle Mitglieder verschickt. In diesem Brief heißt, man wolle nicht hinnehmen, dass die ANWR-Gruppe Schuh Mücke kauft, ohne die Zustimmung der Genossenschaftsmitglieder einzuholen. Sie schreiben, durch die Übernahme würde der Geschäftszweck der Genossenschaft verändert. In der Satzung steht: „Zweck der Genossenschaft ist die wirtschaftliche Förderung und Betreuung der Mitglieder.“ Vom Kauf eines Mitbewerbers steht da nichts. Den hätte die Generalversammlung entscheiden müssen, schreibt die Initiatorengruppe: „Letztlich sollen wir durch unsere Genossenschaftsbeiträge unseren eigenen Wettbewerber finanzieren.“ Deshalb fordern sie die Einberufung einer außerordentlichen Generalversammlung. Und dazu müssen mindestens zehn Prozent der Mitglieder zustimmen. „Weil wir nicht hinnehmen wollen, dass das Unternehmen Schuh Mücke ohne Zustimmung der Mitgliederversammlung der ANWR durch unsere eigene Genossenschaft übernommen wird“, heißt es in dem Brief.

Bei der ANWR-Gruppe versteht man die Aufregung nicht. Eine Sprecherin der ANWR-Group sagt: „Wir geben von unsrer Seite keine Stellungnahme ab. Wir reden mit unseren Mitgliedern aber nicht mit der Presse.“ Den Kauf von Schuh-Mücke hat die ANWR-Gruppe ausführlich erklärt. Auf vier Seiten, im Juni war das. Man wolle das Unternehmen erhalten und verhindern, dass Finanzinvestoren einsteigen. Und :“In unserem genossenschaftlichen Beteiligungsmodell werden wir den Mitgliedern vielmehr die Möglichkeit geben, sich an den Standorten wirtschaftlich und unternehmerisch zu beteiligen.“ In einem weiteren Schreiben heißt es: der Kauf sei mit dem Ziel erfolgt, das Unternehmen an die Mitglieder zurückzugeben, die Mitglieder mehrheitlich zu beteiligen. Der Kauf sei Satzungskonform, zwei Experten hätten das bestätigt.

Dem entgegnet die Initiatorengruppe, drei von ihr beauftragte Anwaltskanzleien seien unabhängig von einander zu einem anderen Ergebnis gekommen. In einem zweiten Schreiben heißt es, sollte der Kauf von Mücke tatsächlich nicht revidierbar sein, dann sollte auf der außerordentlichen Generalversammlung zumindest das Vorgehen in künftigen Fällen festgelegt werden. Der Bayreuther Schuhhändler sagt: „Keiner kann sich erklären, wie die Genossenschaft auf diesen Trichter gekommen ist.“ Er sagt auch, ein anderes Schuhhaus habe Interesse an Mücke gehabt. „Dem hat es die Genossenschaft weggeschnappt.“

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