Oberin Mechthild Thürmer erzählt  von ihrer Berufung und vom Klosterleben Äbtissin kehrt an ihre alte Schule in Pegnitz zurück

Von Luisa Degenhardt
Früher war es hier nicht so bunt: Vor 40 Jahren beendete Mechthild Thürmer an der Pegnitzer Realschule ihre Schullaufbahn. Foto: Münch Foto: red

Große Augen und viele Fragen: Eine Äbtissin ist nicht jeden Tag zu Gast in der Realschule. Oberin Mechthild Thürmer ist gekommen, um den Kindern von ihrem Alltag im Kloster zu erzählen. Und von ihrer Berufung.

 
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Äbtissin Mechthild Thürmer steht in der Aula der Realschule. Sie sieht sich um, legt den Kopf in den Nacken. Früher sei es hier nicht so bunt gewesen, sagt sie. Für die Oberin ist der Besuch ein „Heimspiel“, wie sie sagt. Denn sie selbst ging auch in diese Realschule. Vor genau 40 Jahren beendete die gebürtige Pottensteinerin hier ihre Schullaufbahn.

Ein Leben im Kloster kam damals noch nicht für sie infrage. Sie machte eine Ausbildung zur Krankenschwester, wollte in Bolivien arbeiten. Ein Besuch im Kloster Kirchschletten veränderte jedoch alles. Wann das war, daran erinnert sie sich noch genau: Am 5. März 1975. Ein Jahr später half sie beim Bau der Klosterkirche mit.

"Unheimlich schön"

„Der erste Besuch war fremd, aber unheimlich schön“, erklärt die 56-Jährige den Schülern. Sie war fasziniert von dem Leben der Nonnen. Ihr Entschluss, ins Kloster einzutreten, stand fest. Bei Wein und Keksen erzählte sie ihren Eltern von ihrem Vorhaben. Die waren davon anfangs nicht begeistert.

Als sich Mechthild Thürmer drei Jahre nach ihrem ersten Besuch dem Benediktinerorden anschloss, war sie 20. Nach dem Grundsatz „Ora et labora“ („Bete und arbeite“) führt sie seitdem ein genügsames Leben. Auf die Frage eines Schülers, ob sie denn nicht irgendetwas vermisse, antwortet sie ohne überlegen zu müssen mit „Nein“.

Nur ein Mal war sie in ihren 40 Jahren als Nonne im Urlaub: Nachdem sie eine Schwester bis zu deren Tod gepflegt hatte, wurde sie zur Erholung in ein anderes Kloster nach Italien geschickt. Die Schüler haben als Hausaufgabe Fragen an die Ordensfrau vorbereitet. Besonders fasziniert sind die Fünftklässler von dem Gewand der Äbtissin. Sie wollen wissen, was die Falten in ihrem Kragen zu bedeuten haben. Geduldig erklärt sie, dass jeder Orden sein eigenes Gewand hat.

Die Falten kennzeichneten die Benediktinerinnen. Schleier und Ring stünden für das Versprechen, Jesus treu zu sein. Warum der Habit schwarz ist, ist auch schnell erklärt: Schwarz ist laut der Äbtissin die Farbe, die am leichtesten zu haben ist.

Nachwuchsprobleme

Dass die katholische Kirche mit Nachwuchsproblemen zu kämpfen hat, ist kein Geheimnis. Auch die Oberin bestätigt das. „Die Religiosität schwindet“, sagt sie im Gespräch mit dem Kurier. Zudem seien früher die Familien größer gewesen.

Außerdem sei das Leben im Kloster mit Negativklischees behaftet. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Im Bistum Bamberg gibt es 37 klösterliche Niederlassungen. Davon zwölf Männer- und 25 Frauenklöster. Im Jahr 2014 traten im Bistum Bamberg drei Frauen ins Kloster ein.

„Wer will denn heutzutage noch für Gott da sein“, sagt Hildegard Wieber, Vorstandmitglied des Dekanatsrates Auerbach nach dem Vortrag der Geistlichen. Der Dekanatsrat hat Mechthild Thürmer im Rahmen von „Glaubenszeugen“ eingeladen. Inhalt des Projektes ist, dass Geistliche in Schulen gehen, um den Schülern von ihrer Einstellung zum Glauben zu berichten.

Und so spielt möglicherweise auch der Gedanke, den Nachwuchs für ein Leben im Kloster zu begeistern, eine Rolle beim Besuch der Äbtissin. Das bestätigt nach dem Vortrag auch Lehrerin Renate Herlitz.

„Der wichtigste Grund ist, den Kindern bewusst zu machen, dass es sich lohnt, ein religiöses Leben zu führen“, sagt sie.

Der Alltag im Kloster Kirchschletten orientiert sich an den Gebeten. Um 5.55 Uhr geht es los mit dem Laudes, dem kirchlichen Morgengebet. Um 6.30 Uhr findet eine Eucharistiefeier statt. Zudem beten die Nonnen um 12 Uhr, 18 Uhr und 19 Uhr. „Wenn ich als Christ gut werden will, muss ich immer wieder beten“, begründet Äbtissin Mechthild Thürmer die fünf Gebete pro Tag.

Insgesamt 16 Nonnen leben in der Abtei Maria Frieden in Oberfranken. Zwölf Schwestern stammen von den Philippinen, eine Nonne kommt aus Japan. Deshalb wird dort hauptsächlich englisch gesprochen. Doch wie kommen philippinische Nonnen in das Kloster Kirchschletten im Bistum Bamberg? Alles fing damit an, dass die Lehrerin Edeltraud Danner in den 1920er Jahren auf die Philippinen versetzt wurde. 1931 beschloss sie dann, dort einen Orden zu gründen. Damals sind viele Frauen eingetreten.

Edeltraud Danner entschied sich daraufhin im Jahr 1953 dafür, in Deutschland die Abtei Maria Frieden zu gründen. Doch die Nonnen blieben aus, nur zwei Frauen traten ein. Kurzerhand wurden Schwestern von den Philippinen nach Kirchschletten geholt.

Die Benediktinerinnen haben sich auf ökologische Landwirtschaft spezialisiert. „Benedikt hat gesagt, der Mönch soll von seiner Hände Arbeit leben“, sagt die Äbtissin. Nach dem Grundsatz „ora et labora“ („bete und arbeite“) versorgen sich die Ordensfrauen weitgehend selbst. Dafür halten und züchten sie Rinder, Hühner und Coburger Fuchsschafe. Letztere sind vom Aussterben bedroht. Die Ordensfrauen wollen laut Äbtissin Mechthild Thürmer durch die Zucht der Tiere etwas zum Erhalt der Art beitragen. Die Wolle der Schafe wird in einer Werkstatt für Behinderte bei Kassel gewaschen, gefilzt und gewebt. Die Kissen werden dann wiederum im klostereigenen Laden verkauft.

Auch Bio-Apfelsaft findet sich dort. Die letzte Ernte ergab 8000 Liter. Während sie arbeiten, legen die Nonnen das schwarze Gewand, den Habit, ab und schlüpfen in graue Gewänder oder Overalls. Ansonsten wird der Habit nur zum Schlafen abgelegt.