Adler verlässt das "Fritz"

Von Stefan Linß
Adler verlässt das Einkaufszentrum Fritz in Kulmbach. Foto: Stefan Linß Foto: red

Ein Ankermieter streicht die Segel. Im Kulmbacher Einkaufszentrum "Fritz" wird der Modemarkt Adler zum 31. August dieses Jahres schließen. Das teilt Adler-Unternehmenssprecherin Katrin Schreyer auf Nachfrage des Kuriers mit. Ihre Begründung für den Schritt: "Die Kundenfrequenz war nicht hoch genug." Die große Zahl der Leerstände im Center sei ein Problem.

 
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"Die Fachmarktzentren vor den Toren der Stadt ziehen weitere Kunden ab", sagt Katrin Schreyer. Der Adler-Modemarkt gehört neben Kaufland, H&M, Deichmann und AWG zu den größten und wichtigsten Mietern im "Fritz". Mehrere kleinere Geschäfte sind dem Center erst kürzlich verloren gegangen. Weitere Mieter stehen auf dem Absprung. Doch es gibt auch noch genügend positive Stimmen, die das Einkaufszentrum loben.

Online bestellen? Ein schwacher Trost

Bei der Firma Elsbeth Müller im mittelfränkischen Lonnerstadt melden sich täglich mehrere Kulmbacher. Sie sind Kunden des Kräuter-, Tee- und Gewürzladens im "Fritz". Die Nachricht von der Filialschließung wollen sie nicht wahrhaben. Auch der Händler bedauert die Entscheidung. Man habe es sich nicht leicht gemacht, heißt es aus dem Unternehmen. Es sei eine Frage der Wirtschaftlichkeit gewesen. Der Standort "Fritz" war aus Kostengründen nicht mehr zu halten.

Elsbeth Müller zieht deshalb die Notbremse. Am 31. März kommt in Kulmbach die letzte Warenlieferung an, am 14. April hat der Kräuterladen seinen letzten Verkaufstag. Die nächstgelegene Filiale ist in Hallstadt bei Bamberg. "Man kann bei uns auch online und telefonisch bestellen", sagt eine Mitarbeiterin. Doch den vielen Kulmbachern, die das Geschäft lieb gewonnen haben, ist das ein schwacher Trost.

Müller und Adler sind bleiben dann wohl weg

Bislang hat die Firma Elsbeth Müller in Kulmbach keine Geschäftsflächen gefunden, um den Laden an anderer Stelle neu zu eröffnen. Auch der Modemarkt Adler wird dem Raum Kulmbach wohl fern bleiben. "Es gibt keine passenden Flächen in der Nähe", sagt Unternehmenssprecherin Katrin Schreyer. Adler biete ein Vollsortiment und dafür seien große Läden zwischen 1400 und 1500 Quadratmeter nötig.

Die Center-Leitung des "Fritz" wollte sich im Gespräch mit dem Kurier nicht über die Mieterwechsel und Leerstände äußern.

Buchhandlung und Schmuckladen erst vor wenigen Wochen raus

Dass von dem angekündigten Bau des neuen Uni-Campus und des Grünen Zentrums in unmittelbarer Nachbarschaft ein Impuls für die Stadtentwicklung ausgehen wird, lässt sich aktuell im Kulmbacher Einkaufszentrum noch nicht beobachten. Es ist erst wenige Wochen her, dass die Buchhandlung Hübscher und der Schmuckladen Zeitgeist aufgegeben haben. Andere Flächen sind nur zeitweise vermietet. Mehr und mehr leere Schaufenster und verlassene Geschäfte sind in dem ehemaligen Industriekomplex zu sehen.

Attraktive Einzelhandelsflächen sind im "Fritz" provisionsfrei zu vermieten, heißt es auf einer Immobilienplattform im Internet. Sechs Läden werden angeboten. Sie sind zwischen 61 und 228 Quadratmetern groß. Auch für eine Gastronomiefläche wird schon ein Nachmieter gesucht - derzeit bietet der Imbiss Asia Dang dort asiatisches Essen an.

Amazingkids wird nicht schließen

Neben den bestätigten Schließungen kursieren in Kulmbach Gerüchte, dass auch andere Geschäfte dicht machen sollen. Angeblich sei der Laden Amazingkids betroffen, der im "Fritz" Kinderbekleidung verkauft. Es handelt sich um eine Falschmeldung. Amazingkids wird nicht schließen. Möglicherweise haben die Kunden die Schlussverkauf-Schilder anders interpretiert, sagt Verkäuferin Tanja Schuster. Vor drei Jahren ist das Bekleidungsgeschäft ins "Fritz" eingezogen. Es war die erste und ist bis heute die einzige Filiale des niederländischen Unternehmens in Deutschland.

Amazingkids-Verkäuferin Tanja Schuster wird von Kunden regelmäßig auf die Leerstände und die Probleme des Handels in der Innenstadt angesprochen. So ganz kann sie das Schlechtreden nicht verstehen. "Die Kulmbacher wissen gar nicht, was für eine schöne Stadt sie haben", sagt sie. Auch das "Fritz" sei klasse. Es gibt eine Kinderbetreuung und viele Aktionen.

Treue Kunden in schwierigen Zeiten

Man könne das Gefühl gewinnen, die Kulmbacher warten nur darauf, dass wieder ein Geschäft zumachen muss, sagt Tanja Schuster. Sie nutzen nicht das Angebot vor der Haustüre, sondern kaufen lieber außerhalb. Die Einstellung der Einheimischen stehe dabei in krassem Gegensatz zu dem Eindruck, den Besucher gewinnen. "Wir waren mit unserem Besuch aus New York in Kulmbach", erinnert sich die Verkäuferin. Die Amerikaner seien total begeistert gewesen von der wunderschönen Stadt.

Es gibt durchaus treue Kunden, die auch in schwierigeren Zeiten dem "Fritz" gewogen bleiben. Auf seiner Facebook-Seite erhält das Einkaufszentrum bei 154 Bewertungen immerhin 3,7 von fünf möglichen Sternen. Besonders die Aktionen finden Anklang. Tanzauftritte, Shows und Autogrammstunden sollen die Besucher anlocken. In letzter Zeit häufen sich aber die kritischen Stimmen. Eine Nutzerin bemängelt, dass ein Geschäft nach dem anderen schließt.

Negative Bewertungen im Internet

Exakt dieselbe Note wie bei Facebook erhält das "Fritz" von Nutzern der Internet-Anwendung Google-Maps. Man fühle sich dort einsam, es sei traurig, schreibt ein Kunde. Besonders in jüngster Zeit nehmen die negativen Rezensionen zu. Wenig schmeichelhafte Kommentare befinden sich darunter.

Eine Bayreutherin gibt immerhin vier von fünf Sternen und stellt fest: "So ein nettes Einkaufszentrum." Das "Fritz" ist ihrer Meinung nach nicht so groß und nicht so überlaufen. Sie kommt ins Kulmbacher Center, wenn sie mal einen Nachmittag eine Auszeit braucht. Das Bistro sei toll, doch leider gibt es zu viele Leerstände. Dass jetzt auch noch die Buchhandlung Hübscher zugemacht hat, sei schade.

Lange Liste der Ehemaligen

Wer es gut meint mit dem "Fritz", der nennt es "klein aber fein", spricht von einer sinnvollen Nutzung des alten Industriegebäudes und lobt das freundliche Personal. Doch die schlechten Google-Bewertungen sind nicht wegzudiskutieren. Ein Kritikpunkt der Kunden ist, dass sich dort viele Menschen aufhalten, die nur darauf aus sind, das freie WLAN zu nutzen. Von dem Publikum, das sich regelmäßig rund um die alte Spinnerei einfindet, ist nicht jeder angetan.

Die Liste der ehemaligen Läden im "Fritz" ist lang. Promarkt, Rossmann, Nanu-Nana, Foto Bleyl, Hübscher, diverse Modeläden und das Schmuckgeschäft Zeitgeist gehören dazu - und bald auch Adler und Elsbeth Müller.

Im Ranking auf Platz 254 von 260

Da passt das Ergebnis des "Shopping Center Performance Reports 2017" ins Bild. Die Studie hatte im Herbst des vergangenen Jahres auf der Suche nach den besten Einkaufszentren Deutschlands die wirtschaftliche Zufriedenheit der Mieter in den Centern abgefragt. In die Auswertung kamen 260 Einkaufszentren. Das Kulmbacher "Fritz" erreicht in dem Ranking mit der Note von 4,2 den 254. Platz und befindet sich demnach unter den zehn deutschen Flop-Centern.

Das "Fritz"

Die 1863 gegründete mechanische Baumwollspinnerei wurde von Fritz Hornschuch zu einem führenden Textilunternehmen ausgebaut. Ein Stück Industriegeschichte ging 1994 in Kulmbach zu Ende, als das Hauptwerk der Spinnerei zum letzten Mal lief. 1997 wurden Gebäudeteile abgerissen und der denkmalgeschützte Bereich saniert. 1999 eröffnete dort das Einkaufszentrum "Fritz".

Das Einkaufszentrum ist heute in Besitz der Vermögensverwaltungsgesellschaft Futura mit Sitz in Leipzig. Nach Angaben von Futura bietet das "Fritz" auf rund 16 000 Quadratmetern, verteilt auf drei Etagen, über 30 Fachgeschäfte zum Bummeln, Shoppen und Genießen. In dem vom ADAC empfohlenen Parkhaus stehen 950 kostengünstige und sichere Parkplätze zur Verfügung.

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