Zweimal schrieb Gendrisch an die Stadt in Thüringen und bekam aber keine Antwort. Dann wandte sich der Bürgermeister an den damaligen Staats- und Parteichef Erich Honecker. Eine Antwort darauf kam von der Ständigen Vertretung in Bonn. Grundsätzlich sei man kommunalen Kontakten gegenüber aufgeschlossen, aber „es sei festzustellen, dass in den Beziehungen noch die erforderlichen Voraussetzungen für Städtepartnerschaften im breiten Rahmen fehlen“.
Private Kontakte entstanden
Doch Gendrisch gab nicht auf. Auch Bundeskanzler Helmut Kohl konnte dem Bürgermeister nicht weiterhelfen. Im Oktober 1987 besuchte er schließlich mit seiner Ehefrau Evelyn die namensähnliche Stadt. Er versuchte den dortigen Amtskollegen zu treffen, was aber auch nicht klappte. Erst im August im nächsten Jahr konnte er mit ihm sprechen und seinen Wunsch nach einer Städtepartnerschaft vortragen. Im Laufe der Jahre entstanden nach und nach private Kontakte zwischen Privatpersonen und Vereinen auf beiden Seiten. Es dauerte aber noch bis nach dem Mauerfall, dass 1990 offizielle gegenseitige Besuche stattfanden. Immer wieder fuhren Creußener nach Thüringen, Mitarbeiter aus dem dortigen Rathaus machten Praktika in Creußen und auch zwischen Handwerksbetrieben fand auf beiden Seiten ein reger Austausch statt.
Unterzeichnung der Urkunden
Am 6. April 1991 unterzeichneten Gendrisch und sein Amtskollege Wolfgang Lißner die Urkunden zur Städtepartnerschaft. Am 5. September 1992 war die Gegenunterzeichnung in Greußen. Da hieß der Bürgermeister dann Hans Günter Achtert. Lißner war inzwischen nachgewiesen worden, dass er Stasiinformant war. Er war nicht mehr im Amt.
Sehr intensiv leben in den nächsten Jahren die beiden Fischereivereine die Partnerschaft. Man besucht sich gegenseitig zum Abfischen. Die beiden Vereine hatten ihr 25-jähriges beziehungsweise 40-jähriges Bestehen im gleichen Jahr. Im Juli 2012 war eine Abordnung aus Creußen mit dem damaligen Bürgermeister Harald Mild in Greußen. Hier wurde sein neuer Amtskollege René Hartnauer auf seinem Posten eingeführt.
Geschichtsträchtiger Satz
Bei dem Festakt jetzt erinnerten Dannhäußer und Hartnauer in ihren Rückblicken an die Veränderungen in den Handlungsfeldern, an Emotionen, an den flächendeckenden Widerstand durch die Montagsdemos einst und den geschichtsträchtigen Satz des Politbüromitglieds Günter Schabowski zur Reisefreiheit am 9. November 1989. „Solche Sätze klingen noch heute in den Ohren“, so Hartnauer, „von heute auf morgen stand die Welt offen.“ Für viele DDR-Bürger sei der Wechsel von der Plan- in die Marktwirtschaft nicht einfach, sei die Erwartungshaltung zu hoch gewesen. Und so sollte die Gefahr des Auseinanderdriftens mit einer offiziellen Städtepartnerschaft gebannt werden.
164 Kilometer Luftlinie trennen die beiden Orte. Aber die Bürgermeister wollen ein starkes Fundament für die Partnerschaft legen, im Sinne der Urväter Gendrisch und Lißner, so Dannhäußer und Hartnauer. „Wir haben uns die Fortsetzung des Vermächtnisses unserer Vorgänger auf die Fahnen geschrieben“, sind sie sich einig.