2400 Unterschriften für Epilepsiezentrum

Von Moritz Kircher
Barbara Rybka (links), Sprecherin der Bayreuther Selbsthilfegruppe für Kinder von Eltern mit Epilepsie, übergibt rund 2400 Unterschriften an die Bayreuther Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe. Foto: Moritz Kircher Foto: red

Sie haben sich in einer Selbsthilfegruppe zusammengetan. Und seit kurzer Zeit setzen sich Eltern von Kindern mit Epilepsie öffentlich dafür ein, dass am Klinikum Bayreuth ein Epilepsiezentrum eingerichtet wird. Es sei alles da, was man dafür braucht, sagen die Eltern. Doch das Klinikum hat andere Pläne.

 
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Sandra Tiefenhoff verfolgt aus der Ferne, was sich gerade in Bayreuth tut und hat mitbekommen, wofür die Eltern hier kämpfen. Sie lebt in Holzwickede bei Dortmund. Ihr schwerbehinderter Sohn Nik (13) leidet seit seiner Geburt unter anderem an Epilepsie. Seit zehn Jahren wird er behandelt von Silvia Vieker, die zuerst in Nordrhein-Westfalen als Epileptologin arbeitete und nun an der Kinderklinik in Bayreuth beschäftigt ist. "Ohne sie würde Nik nicht mehr leben", ist Tiefenhoff überzeugt. Der Ärztin sei es außerdem zu verdanken, dass ihr Sohn heute ein weitgehend anfallsfreies Leben führen könne.

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Nach dem Weggang Viekers nach Bayreuth hat Sandra Tiefenhoff nach eigener Aussage eineinhalb Jahre in ihrer Umgebung nach einem adäquaten Ersatz gesucht. Ohne Erfolg. "Nik fing wieder an zu krampfen und ist schlechter geworden", erzählt sie. Dann ist die Mutter nach Bayreuth gekommen. Sechs Wochen sei ihr Sohn hier an der Kinderklinik in Behandlung gewesen. "Dann ging es ihm wieder gut", sagt Tiefenhoff. Sie schwärmt geradezu von der Bayreuther Kinderklinik. "Ich habe viel mitgemacht. Aber was hier geboten wird, ist wirklich einmalig. Das habe ich noch nicht erlebt."

Was wird, wenn die Patienten volljährig werden?

Das war auch der Tenor dessen, was die Eltern aus der Bayreuther Selbsthilfegruppe berichten, die Silvia Vieker am Gründungsabend vor zwei Wochen zu einem Vortrag eingeladen hatten. Doch die Eltern treibt eine Furcht um: Was, wenn das alles einmal nicht mehr ist? Spätestens wenn ihre epilepsiekranken Söhne und Töchter volljährig werden, dürfen diese an der Kinderklinik nicht mehr weiter behandelt werden.

Deshalb haben sie gleich mit der Gründung ihrer Selbsthilfegruppe eine Initiative gestartet. Innerhalb weniger Wochen kamen mehr als 2400 Unterschriften für die Forderung zusammen, am Klinikum Bayreuth ein Epilepsiezentrum einzurichten, das nicht nur Minderjährige behandeln kann.

Klinikum: Patientenzahlen reichen nicht aus für ein Zentrum

Die Unterschriften hat eine Delegation der Gruppe vergangene Woche bei Brigitte Merk-Erbe abgegeben. Die Bayreuther Oberbürgermeisterin hatte dafür kurzfristig einen Termin ermöglicht. Die Vorsitzende des Aufsichtsrates am Klinikum versprach: "Ich gebe das an die zuständigen Stellen weiter." Die Selbsthilfegruppe hat inzwischen eine Onlinepetition gestartet, mit der sie weitere Unterschriften sammelt.

Das Krankenhaus ist über das Engagement der Eltern im Bilde. Man werde die Selbsthilfegruppe "nach Kräften unterstützen", sagt Klinikumssprecher Frank Schmälzle. Aber bis zu einem Epilepsiezentrum wird die Unterstützung wohl nicht reichen. "Bereits in der Vergangenheit haben wir über die Einrichtung eines Epilepsiezentrums intensiv nachgedacht", sagt Schmälzle. Doch Analysen hätten ergeben, dass das Patientenaufkommen für ein Epilepsiezentrum zu niedrig sei.

Engere Zusammenarbeit mit Erlangen

"Für komplexere Fälle und Behandlungen steht in Erlangen ein hochspezialisiertes Epilepsiezentrum zur Verfügung", sagt Schmälzle. Mit Erlangen wolle man in Zukunft enger zusammenarbeiten und in Bayreuth die vorhandenen Basisstrukturen für die Behandlung epilepsiekranker Menschen aufrecht erhalten. Die Unterschriftensammlung der Selbsthilfegruppe nehme das Klinikum "zum Anlass, erneut zu prüfen, ob sich die Strukturen in unserem Haus in Zusammenarbeit mit dem Epilepsiezentrum Erlangen weiter verbessern lassen".

Wenn es schwierig wird nach Erlangen fahren? Genau das ist es, was die Eltern der Bayreuther Selbsthilfegruppe nicht wollen. Der logistische Aufwand, ein minderjähriges Kind möglicherweise wochenlang in einem rund 100 Kilometer entfernten Krankenhaus komplex versorgen und medikamentös einstellen zu lassen, das sei für betroffene Familien eine kaum erträgliche Belastung.

Eltern wünschen sich eine wohnortnahe Versorgung

"Wir wünschen uns eine wohnortnahe Lösung", sagte Barbara Rybka von der Selbsthilfegruppe am vergangenen Mittwoch zu Oberbürgermeisterin Merk-Erbe. "Es ist für uns wahnsinnig schwierig, diese weiten Fahrten auf uns zu nehmen."

Erlangen oder Bayreuth? Für Sandra Tiefenhoff wäre das von Holzwickede aus kein Unterschied. Sie kommt mit Nik 450 Kilometer nach Bayreuth an die Kinderklinik gefahren, gerade weil sie weiß, dass ihr Sohn ein schwieriger Fall ist. Nik wird bald 14 Jahre alt, und die Mutter hat jetzt schon Angst, was werden wird, wenn Nik volljährig ist. Sie sagt: "In ganz Nordrhein-Westfalen gibt es niemanden, der ihn vernünftig behandeln kann." Ohne Zentrum wird ihr der Weg nach Bayreuth dann wohl auch verwehrt bleiben.

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