So unecht wie möglich Spezialauftrag in der Comic-Welt

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Magdalena von Stuckrad und Klaus Gohl freuen sich über einen Großauftrag beim Bau des Parc Spirou in Frankreich. Foto: Florian Miedl Quelle: Unbekannt

WUNSIEDEL. Der Spirou-Park im Süden Frankreichs ist für die Kunstfelsenbauer von Kago & Hammerschmidt aus Wunsiedel-Schönbrunn eine echte Herausforderung. Hier soll nämlich nichts natürlich aussehen.

 
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Egal ob sie im Chester-Park in England, im Wildpark in der Lüneburger Heide oder auf der Luisenburg bei Wunsiedel arbeiteten – für die Kunstfelsenbauer der Firma Kago & Hammerschmidt war in den vergangenen Jahren immer eines selbstverständlich: Ihr Produkt muss echt und natürlich aussehen.

Niemand soll schließlich erkennen, dass er einen Kunstfelsen mit einem Styropor-Kern, Eisengitter und Spritzbeton, aber keinen echten Steinbrocken vor sich liegen hat.

Doch bei diesem Großauftrag, den das Unternehmen aus Schönbrunn bei Wunsiedel nun in Südfrankreich zu erfüllen hatte, war alles anders: Was es nahe Monteux baute, sollte auf gar keinen Fall natürlich aussehen. Alles sollte so unecht wie nur möglich wirken.

Ziemliche Umstellung

Das war Geschäftsbedingung. Denn der Auftraggeber ist im Comic-Business tätig: Kago & Hammerschmidt – der Firmenname steht für die beiden Gründer und Geschäftsführer Klaus Gohl und Kai Hammerschmidt – baute am Parc Spirou mit. Der neue Freizeitpark ist dem in Frankreich außerordentlich populären Comic-Helden Spirou gewidmet. 

 „Nicht natürlich zu bauen, war für uns schon eine ganz schöne Umstellung“, sagt Magdalena von Stuckrad, die sich bei dem Kunstfelsenbauer um Projektplanung und Vertrieb kümmert und damit auch für den Großauftrag in Frankreich zuständig war.

Nicht natürlich zu bauen, heißt nämlich nicht, dass die Arbeitskräfte der Firma Kago & Hammerschmidt nach Lust und Laune ihrer Fantasie freien Lauf lassen konnten. Sie mussten sehr, sehr exakt arbeiten.

Vorlagen kennen Millionen Menschen

Denn egal ob es sich um die kunterbunten Fassaden einer ganzen Ladenzeile, um einen geheimnisvollen Bücherladen oder um ein trutziges Gefängnis handelte – für all die Gebäude gab es Vorlagen, die Millionen von Menschen kennen.

Und zwar aus den Comics mit Spirou als Helden. Diese Figur – immer in einer roten Livree gewandet, drei prächtige goldene Knöpfe an der Jacke, rote Kappe auf dem Kopf – ist ein Hotelpage, der allerhand Abenteuer erlebt.

Für jedes Gebäude habe es vier, fünf Vorlagen aus den Comics gegeben, erzählt von Stuckrad. Aber nie ein 3-D-Modell. Die gezeichneten Vorlagen habe das Team von Kago & Hammerschmidt dann so detailgetreu wie möglich verwirklicht.

Wie aufwendig das sein kann, verdeutlicht Magdalena von Stuckrad am Beispiel des Buchgeschäfts. Im Comic ist der Laden von unten bis oben mit Büchern vollgestapelt. Die Schaufenster sind umrahmt von bunten Bücherbögen.

Knallbunt

Jedes Detail war vorgegeben, die Farbe und Größe der einzelnen Bücher, die die Gestalter aus Schönbrunn aus Styropor schnitzten und zu Büchertürmen- und -bögen aufschlichteten. Die Bücher mussten knallbunt sein – und wie aus dem Comic und nicht wie aus einer realen Bibliothek aussehen.

Mit zehn Arbeitskräften – zum Teil aus der Stammmannschaft aus Schönbrunn, zum Teil freiberufliche Kräfte – war Kago & Hammerschmidt in den vergangenen sechseinhalb Monaten vor Ort. Sie haben Fassaden mit einer Fläche von rund 1200 Quadratmetern gestaltet und 900 Quadratmeter Kunstfelsen gebaut, viele Deko-Elemente und Schriftzüge gestaltet und die Mauern am Eingang des neuen Freizeitparks mit Szenen aus den Comics bemalt.

Darauf gibt es jetzt nicht nur die Figuren aus den Spirou-Abenteuern zu sehen, sondern auch die ebenso populären Protagonisten aus den Comics rund um den Western-Helden Lucky-Luke wie den Gefängnis-Wachhund Rantanplan und die als Verbrecher eher erfolglos agierenden Dalton-Brüder.

Mögliche Folgeaufträge

Bei einer Sache war dann in dem französischen Freizeitpark doch die übliche Kunstfertigkeit der Felsenbauer aus dem Fichtelgebirge gefragt: Für eine Kinderachterbahn mussten sie den Mont Ventoux, einen 1912 Meter hohen Berg der Provence, nachbilden.

 Wenn Magdalena von Stuckrad und Kai Hammerschmidt über den abgeschlossenen Auftrag in Frankreich sprechen, merkt man ihnen schon eine Portion Stolz an.

Und auch Vorfreude auf mögliche Folgeaufträge. Denn der momentan 4,5 Hektar große Freizeitpark soll bis zum Jahr 2022 auf acht Hektar erweitert werden. „Jedes Jahr soll eine neue Attraktion entstehen“, sagt von Stuckrad. „Und wir sind jetzt schon mit im Boot.“

Außerdem plane die „Parc Spirou SAS“, die hinter dem Projekt steht, schon ganz konkret drei weitere Freizeitparks – zwei in Frankreich, einen in Asien.

 Aber das ist noch Zukunftsmusik. Zurzeit sind die Felsenbauer beim Bau des Center Parcs Allgäu mit dabei. In dem tropischen Badeparadies mit riesigem Indoor-Wasserpark sind sie für die Felsgestaltung im Eingangsbereich ebenso zuständig wie für den Bau von Wellenbecken, einer Kletterwand, eines Wasserfalls und eines Außenbeckens.

Großprojekt in Polen

Und im Jahr 2019 steht – wenn alles klappt – ein Großprojekt in Polen an. Dort gibt es Pläne für einen großen Wasserpark. Und für den kommen Kunstfelsen, Sitzfelsen und Outdoor-Palmen aus dem Fichtelgebirge. Die müssen dann aber richtig echt und natürlich aussehen – und nicht wie dem Comic entsprungen.

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