Nawalnaja nennt Putin einen Lügner
Kritik gab es auch am Tag der Amtseinführung. Die im Exil lebende Oppositionelle Julia Nawalnaja warf Putin Lüge vor und erinnerte an gebrochene Versprechen seiner bisherigen Herrschaft. "Seine Versprechen sind nicht nur leer, sondern verlogen", sagte die Witwe des im Februar unter ungeklärten Umständen in einem russischen Straflager ums Leben gekommenen Oppositionspolitikers Alexej Nawalny. Auch diesmal werde er seine Versprechen brechen. Solange Putin an der Macht bleibe, werde Russland weder Frieden noch Entwicklung oder Freiheit erleben, sagte Nawalnaja in einem Video.
In dem Video wurden Ausschnitte aus Putins Rede zum Antritt seiner vierten Amtszeit 2018 gezeigt. Darin hatte er unter anderem gesagt, wichtigstes Ziel seiner Präsidentschaft sei eine friedliche und blühende Zukunft Russlands. Dagegen stellte Nawalnaja Bilder aus dem Angriffskrieg, den Putin im Februar 2022 gegen die Ukraine begonnen hatte.
Er habe sozialen Frieden und mehr Freiheiten für Unternehmer und Wissenschaftler versprochen. Stattdessen habe er die - in Russland extrem unpopuläre - Erhöhung des Rentenalters durchgesetzt, die Verfolgung Andersdenkender weiter verschärft und Russland international isoliert, sagte die im Exil lebende Russin. Selbst Sicherheitsgarantien für die Bürger seien gebrochen worden, sagte sie mit Blick auf den jüngsten Terroranschlag mit mehr als 140 Toten bei Moskau.
Segen vom Patriarchen
In Russland muss Putin hingegen trotz Schneeregens und eines scharfen Winds, der ihm bei der Abnahme einer Parade des Präsidentenregiments entgegen pfiff, keinen Widerstand befürchten. Die Opposition ist kalt gestellt, und aus seiner Umgebung gibt es schon lange keine Kritik mehr an seinem Vorgehen.
So hat das Oberhaupt der orthodoxen Gläubigen in Russland, Patriarch Kirill, nach einem Dankgebet zur Amtseinführung Putins ihm die bedingungslose Unterstützung der Kirche für seinen Kriegskurs zugesagt. "Schwierige Entscheidungen zum Wohle des Volkes wurden niemals von der Kirche oder dem Volk verurteilt", sagte Kirill in der Mariä-Verkündigungs-Kathedrale im Kreml. Darüber hinaus wünschte das Kirchenoberhaupt dem Staatschef, bis ans Lebensende zu regieren. Kirill, der schon lange als treuer Anhänger Putins und Unterstützer seines Kriegskurses gilt, schenkte Putin zudem eine Marien-Ikone. Der Gottesdienst war Teil der pompösen Zeremonie.
Traditionell trat die russische Regierung nach der Amtseinführung des Präsidenten zurück, um ihm freie Hand bei der Neubesetzung des Kabinetts zu lassen. Seine Rede deutete allerdings nicht auf anstehende große Veränderungen hin. Erwartet wurde, dass er Regierungschef Michail Mischustin im Amt lässt.